Morgen komm ich später rein
integrieren.
Ein erheblicher Aufwand. Was hat das Unternehmen davon?
Nooteboom: Das Unternehmen kommt mit viel weniger Quadratmetern aus. Man hat ja nicht mehr einen Arbeitsplatz pro Mitarbeiter, sondern |183| wir gehen von einem Verhältnis von zwei Mitarbeitern auf einen Arbeitsplatz aus, also 50 Prozent. Auch die Reinigungs- und
sonstigen Unterhaltungskosten werden dementsprechend reduziert. Außerdem hat Interpolis 20 Prozent Produktivitätssteigerung
durch die Flexibilisierung und die Krankmeldungen von 9 Prozent vor zehn Jahren auf jetzt 2,5 Prozent reduziert. Drittens
ist es gut für Image und Kultur des Unternehmens – Interpolis empfängt jährlich 90 000 Besucher. Das Büro ist Marketinginstrument
Nummer eins.
Wie wichtig ist moderne Technik?
Nooteboom: Die muss natürlich state-of-the-art sein. Künftig wird man noch einfacher und intuitiver virtuell zusammenarbeiten können
als jetzt. Man wird beim Telefonieren das Bild des anderen sehen, Daten austauschen, Präsentationen zeigen und gemeinsam an
Dokumenten arbeiten. Dadurch werden wir in Zukunft noch weniger beruflich unterwegs sein müssen als heute.
Brauchen wir in Zukunft denn überhaupt noch Büros?
Nooteboom: Das Konzept des Büros ist prinzipiell altmodisch, aber wir brauchen es dennoch. Es wird in Zukunft fast nur noch für Begegnungen
da sein. Mehr und mehr werden Unternehmen ihre Mitarbeiter auch von zu Hause und unterwegs arbeiten lassen.
Sprechen wir hier von einer Mode oder einem echten Trend?
Nooteboom: Wir arbeiten an diesen Konzepten für große Firmen und Verwaltungen seit mehr als 15 Jahren und das Wachstum ist enorm. Aktuell
auch wegen der Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Niederländische Unternehmen sehen zunehmend ein, dass man nicht größer
baut als nötig und dass das, was man baut, superfunktionell sein muss.
Denselben Trend beobachtet auch Debra Moritz von der amerikanischen Firma Jones Lang LaSalle, die Unternehmen dabei hilft,
ihre Bürogebäude zu verwalten und sie bei Immobilieninvestitionen berät. Die gesamte Fläche an klassischen Büroräumen beginnt
abzunehmen, wenn auch erst langsam. »Ineffizienzen fallen offensichtlicher auf, wenn die Mitarbeiter zunehmend mobil werden«.
Nach Studien des Unternehmens halten sich Angestellte im Schnitt weniger als 40 Prozent der Arbeitszeit überhaupt an ihren
Schreibtischen |184| auf – eine Zahl, die nochmal deutlich über der bei IBM gemessenen liegt, sich aber mit den Ergebnissen von Dr. Bauer vom deutschen
Fraunhofer Institut deckt.
Das bedeute nicht, dass sich der Bürobedarf um 40 Prozent verringern werde, aber dass Designer darüber nachdenken, wie man
die Fläche besser nutzt. Der ausschließlich dem isolierten Arbeiten gewidmete Bereich – deutsche Einzelbüros oder amerikanische
Cubicles – werde abnehmen zugunsten von vielfältig nutzbaren, flexiblen Einheiten, die je nach Bedarf umgewidmet werden können.
Wände und Mobiliar werden beweglich. Treffpunkte, auch informeller Art, werden mehr Platz einnehmen. Das ist keine graue Theorie:
Debra Moritz selbst besitzt schon lange keinen eigenen Schreibtisch mehr.
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Die neuen deutschen Büropioniere
Arbeitsumgebungen, die die Mitarbeiter radikal von zeitlichen und räumlichen Zwängen befreien, können im Ausland also ganz
wunderbar funktionieren (Best Buy, Interpolis) oder auch komplett an die Wand fahren (Chiat/Day). Der Unterschied liegt in
der konsequenten Digitalisierung aller Arbeitsabläufe und ein wenig gesundem Menschenverstand bei der Raumplanung. Aber wie
weit ist die Suche nach dem Büro der Zukunft bei deutschen Unternehmen gediehen? Gibt es erste bauliche Anzeichen der Easy
Economy im Land der Gummibäume, Eckbüros und Bürotassen? Es gibt sie und die Firmen, die auf sie setzen, wiederholen nicht
die Fehler von Chiat/Day, sondern testen mit einer Mischung aus nüchterner ökonomischer Pragmatik und visionärem Zukunftshunger
bereits heute, wie die meisten von uns schon bald arbeiten werden.
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Wissensmanagement und Globalisierung
Unter dem Namen »DB New Work Space« mobilisiert die Deutsche Bank gerade ihre Büros. In der ersten Stufe hat das Unternehmen
für 75 große Bürostandorte ein flexibles Raumkonzept umgesetzt: 80 Prozent der Arbeitsplätze sind als »Open Space«, also Großraum, |185| angelegt und ein Teil der Mitarbeiter testet Desksharing. Sie können sich mit dem Laptop an
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