Morgen letzter Tag!
Polen. (Oh Osterweiterung, was hast du uns gebracht!) Also ist auch bei uns die apokalyptische Matrix wirksam. Aber eine starke gesellschaftliche und politische Lobby hat sie derzeit nicht. Also? Alles gut?
Der Optimist und der Pessimist
Vor einer typischen hippen internationalen Bar, aus der der typisch hippe internationale Sound aus winzigen Bose-Lautsprechern gedämpft auf die Straße dringt, die sich in irgendeinem hippen Viertel irgendeiner Großstadt der Welt befindet, stehen der Optimist und der Pessimist und rauchen. Beide sehen auf 15 Meter Entfernung wie 20 aus und werden indirekt proportional zur Abstandsverringerung immer älter. Wenn man neben ihnen steht, merkt man, dass sie zwischen 35 und 45 Jahre alt sind. Genau lässt es sich nicht sagen– sie sind, so könnte man sagen, gepflegt bis zur Zeitlosigkeit.
Der Pessimist: Was? Du rauchst noch?
Der Optimist: Na, du rauchst doch auch.
Der Pessimist: Ich? Ja, sicher. Aber du? Als Optimist?
Der Optimist: Ich rauch auch. Warum nicht?
Der Pessimist: Man stirbt dran.
Der Optimist: Glaub ich nicht.
Der Pessimist: Doch sicher. Steht doch auf der Packung.
Der Optimist: Glaubst du immer, was auf der Packung steht? Wenn da steht » Bio« oder » Natürliche Zusätze« oder »30 Prozent mehr Inhalt«, glaubst du das dann?
Der Pessimist: Ich? Sowieso nicht. Aus Prinzip schon nicht.
Der Optimist: Aber dass man am Rauchen stirbt, das glaubst du?
Der Pessimist: Sicher. Aber ich denk mir, dann sterb ich halt.
Der Optimist: Ich sterb nicht.
Der Pessimist: Doch. Jeder. Immer.
Der Optimist: Ja, das glaubst du nur, weil das alle glauben. Aber ich bin da totaler Nonkonformist.
Der Pessimist: Wie meinst du das jetzt?
Der Optimist: Schau, man stirbt ja immer an irgendwas. Also es gibt einen medizinischen Grund, warum man stirbt. Aber die Medizin wird immer besser. Und wenn erst alle Gründe zu sterben beseitigt sind, dann muss auch keiner mehr sterben. Das hat auch Stanley Kubrick gesagt.
Der Pessimist: Der Filmemacher?
Der Optimist: Genau der.
Der Pessimist: Der ist aber auch tot.
Der Optimist: Tja, die Ungnade der frühen Geburt. Wir haben da schon mehr Glück. Bald kann man aus Stammzellen jedes gewünschte Organ machen, und der Körper stößt es nicht ab, weil es ja eigene Zellen sind, aus denen das Organ besteht, und das lässt du dir dann einbauen.
Der Pessimist: Das geht doch nur, wenn du Stammzellen von dir hast. Aber deine sind ja schon verbaut.
Der Optimist: Für was?
Der Pessimist: Für dich. Wie du da stehst. Wenn du Stammzellen umwandeln willst in Organe, die du dir einpflanzen lassen willst, dann musst du auch welche haben. Ich kenn mich aus, ich les den Spiegel.
Der Optimist: Aber nicht genau genug. Inzwischen kann man nämlich aus jeder Körperzelle Stammzellen machen. Die machen aus normalen Hautzellen Stammzellen und wandeln die dann in meine neue Lunge um, wenn ich meine jetzt fertig geraucht hab, oder du die deine, und dann bekommst du die neue, und weiter geht’s.
Der Pessimist: Aha. Na gut. Wenn das so ist. ( Löscht seine Zigarette aus.) Dann brauch ich ja nicht mehr zu rauchen.
Der Optimist: Wieso? Jetzt kannst du doch qualmen, so viel du willst.
Der Pessimist: Aber ich rauche als politisches Statement gegen diesen Gesundheitswahn. Ich rauche, um irgendwann zu sterben. Ich will nicht 100 werden. Ich hab keinen Bock auf Yoga. Und ich will nicht gesund sein.
Der Optimist: Du bist so undankbar und larmoyant. Das ist so was von last century. Wir leben ein so gutes Leben. Das hier ist die beste aller möglichen Welten. Noch nie in der Geschichte ging es so vielen Menschen so gut. Noch nie war das Leben so gesund und sicher und gerecht.
Der Pessimist: Wen meinst du? Die zwei Milliarden Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben und sich nie richtig satt gegessen haben?
Der Optimist: Komm mir nicht so. Sicher gibt es noch Ungerechtigkeit und schlimme Zustände. Aber das wird in Zukunft alles besser. Wenn die Menschen hier länger leben und dabei gesund und fit sind, dann denken sie auch an die Zukunft. Dann müssen auch die Politiker an die Zukunft denken. Die müssen dann Jahrzehnte und Jahrhunderte in die Zukunft sinnvoll planen, weil die Leute so lange leben, weil sie dann selber noch erleben, was sie vor Ewigkeiten entschieden haben.
Der Pessimist: Das gilt aber nur für die, die es sich leisten können. Also das mit der Gesundheit und so weiter. Und während wir hier immer älter werden, wird der Rest der
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