Morgen letzter Tag!
ist und in die man sie einlässt.
Ich nehme an, Ihre erste Reaktion ist auch meine. Ich halte das– trotz allem, was ich in diesem Buch geschrieben habe– für mehr als übertrieben. So schlimm wird es schon nicht werden.
Der Satz, der einem da zuallererst durch den Kopf echot, lautet: » Die finden schon was.«
Wobei » die« vermutlich auch » die« sind, die uns das eingebrockt haben. Aber das ist gar nicht das Problem. Viel schlimmer ist Folgendes: » Die« müssen überhaupt nichts finden. Es ist alles schon da. Schon lange. Den Elektromotor gibt es gar länger als den Otto-Motor. Die Fähigkeit, mittels der Kraft der Sonne Wasser zu erhitzen, um eine Turbine anzutreiben, hat die Ingenieurswissenschaft auch schon länger. Und natürlich könnten wir mittels solarthermischer Kraftwerke den Energiebedarf der Welt nicht nur jetzt, sondern auch in der näheren Zukunft mehr als decken. In puncto Energieversorgung muss man also nichts finden, um von der Verbrennung von fossilen Rohstoffen loszukommen. Nahrungsmittel gibt es weltweit ebenfalls mehr als genug, um sieben Milliarden satt zu machen. Wir werfen sie nur weg, anstatt die Hungernden zu speisen. Desgleichen gibt es längst Erfolg versprechende Konzepte für die Schonung der Trinkwasser-Ressourcen. Zuverlässige Verhütungsmittel gibt es auch schon lange– im Prinzip wäre also auch hier die Technik, um die Überbevölkerung zu bekämpfen, vorhanden. Ja, sogar Seuchen wie AIDS oder Malaria sind längst durch wirkungsvolle Medikamente für die Patienten sehr erträglich gemacht worden. Nur, der größere Teil der Infizierten bekommt sie nicht! Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
» Die« müssen also nichts finden, sie haben längst etwas gefunden. Wir besitzen die technische Grundausstattung, um unsere Zivilisation zu retten und auf der Erde annähernd für Chancengleichheit und Gerechtigkeit zu sorgen. Das Know-how ist da. Die Technik ist da. Aber ist der Wille da?
Ja, vielleicht sogar der, aber das genügt offenbar nicht.
Denn all diese Segnungen und vernünftigen Lösungen kommen ja nicht zum Einsatz. Unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das System zur Verteilung von Macht und Mitteln, das wir erzeugt haben, fördert vernünftige und gerechte Lösungen einfach nicht! Sondern ihr Gegenteil!
Das Jahr 2010 war das Jahr mit den größten CO 2 -Emissionen aller Zeiten. Viel größer, als selbst die pessimistischsten Experten das vorhergesagt hatten. Und natürlich wissen die Inder und die Chinesen, die jetzt auf die vorderen Verschmutzerplätze drängen, was das bedeutet. Es schert sie nur nicht. Sie wollen ihren Teil vom Kuchen, und sie bekommen ihn, koste es, was es wolle.
Es wird Zeit, dass wir es einsehen: Wir sind » die«. Entweder finden wir eine Lösung oder keiner. Ich als Teil dieses » Wir« allerdings sehe bislang keine tragfähige Lösung.
Sicher, gern wird auch gesagt, die weltweite und existenzielle Bedrohung könnte doch zu einem wirklichen » Eine-Welt-Wir-Gefühl« führen. Mag sein. Bislang aber merkt man im Großen und Ganzen eher das Gegenteil. Wenn die Lage ernst wird, hören schon die Europäer auf, » Europäer« zu sein. Sie sind dann wieder Deutsche, Franzosen und Engländer– aber ganz dezidiert Nicht-Griechen. Dass also eine weltumspannende Bedrohung ein » Eine-Welt-Gefühl« evozieren könnte, halte ich eher für unwahrscheinlich.
Wäre das aber alles wahr, müssten wir dann nicht sofort bei dem, was wir gerade machen, innehalten, Sie also aufhören zu lesen, ich zu schreiben, um dann, ja, was dann…?
Uns bewaffnen?
Nahrungsmittel horten?
Uns auf den Marktplatz stellen, um in flammender Rede die Mitmenschen zur Umkehr aufrufen?
Sicher, die Einschätzungen könnten falsch sein. Das Zusammentreffen der Krisen und ihre Vereinigung zur Metakrise könnten auch erst 2020 stattfinden. Und der vorhergesagte Megatod könnte doch auch erst 2030 oder später eintreten. Der Imperativ aber bliebe gleich: Du musst handeln! Jetzt!
Wir handeln aber nicht. Ich handle nicht. Und nicht nur deswegen nicht, weil ich nicht weiß wie. Ein wichtiger Punkt sicherlich, aber nicht der wesentliche. Der wesentliche Punkt ist– wir glauben es nicht. Und dieses » wir« schließt eindeutig auch mich ein. Ich glaube es nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Leben sich bald radikal ändert. Oder besser– ich kann es mir schon vorstellen, aber nur so wie in einem Roman oder einem Film. Die Vorstellung bleibt äußerlich,
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