Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgen trauert Oxford

Morgen trauert Oxford

Titel: Morgen trauert Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
Vom Netzwerk:
haben könnte. Ant hatte dabei besonders hervorgehoben, dass Angel sicher keine Intellektuelle war. Wahrscheinlich war es nur ein Zufall, hatte er erklärt, genau wie die U-Bahn-Station Leicester Square, wo sie Angel gefunden hatten.
    Ant hatte die Runde gemacht, die ersten Einnahmen an sich genommen und allen ein paar ermutigende Worte zugeraunt. Ihr bisheriger Verdienst reichte bereits für das Abendessen, was wirklich ein ausgezeichneter Start war. Alles, was darüber hinaus zusammenkam, würde er ihrem Vermögen hinzufügen und in die anderen Geschäfte investieren. Gren hatte sich schon sehr früh mit seinen Freunden getroffen und Ants Bestellliste weitergegeben.
    »Heute Abend ist alles da«, hatte er gesagt, ehe er seine nächste Aufgabe übernahm.
    Ants Aufgabe war es jetzt, Vorbereitungen für sein eigenes Unternehmen zu treffen. Er suchte nach einem Platz in der Nähe des Zentrums, jedoch nicht in einer der vier Hauptgeschäftsstraßen. Citynah. Das wäre ein guter Name, dachte er.

    Kate fuhr mit dem Auto zu Olivias Wohnung. So etwas tat sie nicht oft, denn in aller Regel war man in der Innenstadt von Oxford zu Fuß fast genauso schnell und sparte überdies eine Menge Parkgebühren. Heute jedoch ging es ihr weniger darum, Zeit zu sparen, als vielmehr Dr. Blacket zu beeindrucken.
    Vor dem Bahnhof traf sie auf den ersten Stau. Der Verkehr war angehalten worden, um Feuerwehrautos aus der Feuerwache ausfahren zu lassen, und war dann nicht wieder richtig in Fluss gekommen. Gut, dass sie keinen Termin hatte, dachte Kate; sie wäre mit Sicherheit zu spät gekommen. Auf der Straße ging gar nichts mehr. Sie schaltete in den Leerlauf, zog die Handbremse an, lehnte sich zurück und sah interessiert dem Chaos zu.
    Links an der Straßenecke befand sich ein ehemaliges Ladenlokal mit knallig grün gestrichener Front. Die Fenster hatte man verbarrikadiert, und an der mit einem Gitter gesicherten Tür warnten Schilder vor Alarmanlagen. Kate erinnerte sich, dass der Laden früher einen sehr netten, etwas altmodischen Juwelier beherbergt hatte. Nachdem die Stadt die Miete auf das Dreifache erhöht hatte, musste der Laden schließen. Seit einigen Wochen stand das Geschäft inzwischen leer, was Kate als ziemliche Verschwendung empfand. War eine lebendige Innenstadt mit kleinen, individuellen Geschäften nicht besser als leer stehende Ladenlokale, selbst wenn die kleinen Geschäfte weniger Miete bezahlten? Wahrscheinlich würde demnächst ein Immobilienmakler oder Bauunternehmer hier einziehen. Oder wieder einmal ein Souvenirladen.
    Doch möglicherweise irrte sie sich auch. Kate beobachtete einen jungen Mann, vielleicht Anfang zwanzig, ganz in Schwarz gekleidet und mit straff aus dem Gesicht gekämmtem, zu einem Pferdeschwanz gebundenem Haar. Er näherte sich der Tür. Einen Augenblick lang betrachtete er sie, nahm etwas aus seinem blauen Rucksack, und im Handumdrehen war die Tür offen.
    Kate blinzelte. Was hatte sie da gerade gesehen? War der junge Mann dazu befugt, oder war er gerade in den Laden eingebrochen? Und weshalb war er in einen Juwelierladen eingebrochen, dessen Ware längst verkauft und weggeschafft worden war? Außerdem kam ihr der junge Mann irgendwie bekannt vor, obgleich sie nicht recht wusste, wohin sie ihn stecken sollte.
    Weit voraus, am Ende der Straße, setzten sich die ersten Autos in Bewegung. Kate legte den ersten Gang ein und griff nach der Handbremse. Sie warf noch einen Blick auf den Laden – nichts zu sehen! –, ehe sie sich in den nun wieder fließenden Verkehr einreihte. Ob irgendjemand anders den Vorgang ebenfalls beobachtet hatte? Oder waren alle damit beschäftigt gewesen, ihren Barry-Manilow-Kassetten zu lauschen?

    Ant stellte fest, dass der Ladeninhaber das Geschäft sauber und ordentlich hinterlassen hatte. Er freute sich. Allmählich war er es leid, ständig hinter Leuten herputzen zu müssen. Er betätigte den Lichtschalter, und zu seiner größten Überraschung flammte tatsächlich eine Birne auf. Nur sechzig Watt, aber immerhin konnte er sich umsehen. Natürlich hätten Gren und er dem Elektrizitätswerk und der Telefongesellschaft einen gefälschten Mietvertrag vorlegen und sich die Leitungen freischalten lassen können, aber so war es erheblich einfacher. Und im Augenblick kamen sie ganz gut ohne Telefon aus.
    Ant maß die Größe des Ladens mit Schritten aus. Ungefähr sechs Meter in die eine und fünfeinhalb Meter in die andere Richtung. Durch die offene Tür hinter dem

Weitere Kostenlose Bücher