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Morgen trauert Oxford

Morgen trauert Oxford

Titel: Morgen trauert Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Gelegenheit als nützlich erweisen konnten.
    »Gebt mir zwanzig Minuten«, sagte Ant. »Ich suche uns eine Bleibe. Null Problemo.«
    Coffins Flötenmelodie wurde deutlich heiterer. Sie konnten sich bedenkenlos auf Ant verlassen, dachte Angel. Schon seit undenklichen Zeiten verließen sie sich auf ihn – vielleicht schon länger als ein Jahr. Das hatte ihr Coffin erzählt, doch er hatte den Überblick über die genaue Anzahl der Monate verloren. Ant war ihr Anführer, hatte Coffin gesagt. Sie glaubten an ihn. Sie befolgten seine Regeln und er sorgte für sie. Das Leben war einfach, wenn man zu Ants Familie gehörte.
    »Wartet hier«, sagte Ant und stand auf. »In spätestens einer Stunde bin ich zurück.« Er kontrollierte den Inhalt seines kleinen, blauen Rucksacks und warf ihn über die Schulter.
    »Bald wird es dunkel«, gab Dime mit besorgtem Gesicht zu bedenken. »Bist du sicher, dass du noch etwas findest?«
    »Habe ich euch je enttäuscht?«, fragte Ant. »Ich bin vor Einbruch der Dunkelheit wieder da. Verlasst euch auf mich.«

    Kate Ivory erreichte ihr kleines Haus im Vorort Fridesley. Ehe sie sich jedoch eine Tasse Tee und ein Stück Käse dazu gönnte, ging sie hinunter in ihr Arbeitszimmer und blätterte durch die Notizen, die sie sich am Morgen für ihr nächstes Buch gemacht hatte. Irgendetwas fehlt noch, dachte sie. Zwar ist genügend Material da – nur leider viel zu abgedroschen. Nichts, was den Leser überraschen könnte. Nichts wirklich Neues. Der Entwurf braucht dringend mehr Biss. Etwas, was man nicht in jedem der Bücher findet, die ich über das Thema gelesen habe. Etwas Spannendes. Einen guten Aufhänger.
    Aber wo findet man so etwas? Sie hatte den Katalog der Bodleian Bibliothek durchstöbert und alles gelesen, was sie über Maria Susanna Taylor und ihre Schwester Ellen Ternan finden konnte. Viel war es nicht gewesen. Außerdem hatte sie jede auffindbare Biografie von Ellens Liebhaber Charles Dickens durchforstet. Alle hatten sich über seine Liebesbeziehungen weitestgehend ausgeschwiegen und als Grund dafür angeführt, dass Dickens seine sämtlichen Tagebücher und die gesamte Korrespondenz im Jahr 1860 verbrannt und später alle weiteren Briefe unmittelbar nach ihrer Zustellung vernichtet hatte. Allerdings waren in den Literaturbeilagen der Sonntagszeitungen in letzter Zeit gewisse Gerüchte über pikante Einzelheiten aufgetaucht, die das Thema wieder aktuell erscheinen ließen. Was Kate brauchte, war ein Gespräch mit jemandem, der sich auf diesem Gebiet gut auskannte. Leider hatte sie wenig Zugang zur Literaturwissenschaft. Sie benötigte eine Kontaktperson.
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
    »Kate? Hier ist Andrew.«
    Andrew Grove, ihr bei der Bodleian Bibliothek arbeitender Freund. Er war ihr noch den ein oder anderen Gefallen schuldig. Fünf Monate zuvor hatte sie ihm zuliebe in der Bibliothek einen kleinen Job angenommen, der hauptsächlich aus langweiliger Katalogarbeit bestand, sie aber um Haaresbreite einem lebensgefährlichen Psychopathen ans Messer geliefert hätte.
    »Hättest du vielleicht Lust, nächste Woche mit mir in ein Konzert zu gehen? Wirklich hübsche Musik. In der Kapelle des Bartlemas College.«
    »Geht Isabel nicht mit?« Andrew kannte Kates Ansicht über seine Freundin Isabel Ryan nur allzu gut: Sie hielt sie für etwas hohlköpfig und zwanzig Jahre zu jung für ihn.
    »Ich muss zugeben, dass ich die Karten in der Absicht gekauft habe, Isabel mit einfacher klassischer Musik vertraut zu machen.«
    »Wie einfach?«
    »Ach, das Übliche. Der Kanon von Pachelbel. Das Gloria von Vivaldi. Und etwas von Händel mit jeder Menge fröhlicher Trompeten.«
    »Und sie wollte trotzdem nicht?«
    »Sie sagte, sie käme mit, wenn ich dafür mit ihr in das Konzert einer Gruppe namens Swervedrivers gehe. Sie sollen ganz groß in den so genannten Indie-Charts sein – was auch immer das bedeuten mag.«
    Kate musste lachen. »Du hättest dich darauf einlassen sollen. Vielleicht hätte es dir sogar gefallen.«
    Sie konnte fast durch die Telefonleitung spüren, wie Andrew sich schüttelte, und bekam Mitleid mit ihm. Andrew ließ sich so leicht an der Nase herumführen, dass es nicht wirklich Spaß machte.
    »Ich komme gern mit in das Konzert. Sag mir nur, wann und wo.«
    Nachdem er sie informiert hatte und gerade auflegen wollte, fragte sie plötzlich: »Andrew, du weißt nicht zufällig irgendetwas über Charles Dickens und Ellen Ternan?«
    »Seine Freundin? Die

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