Morgen trauert Oxford
wirklich guten Willens war, vergaß er die Sprache immer wieder. Gren war es egal, und Coffin zuckte nur die Schultern, hob eine seiner Flöten an die Lippen und begann zu spielen.
Manchmal verspürte Ant die verlockende Versuchung, sich von ihnen loszusagen und allein weiterzugehen – so wie gerade jetzt. Aber natürlich gab er der Verlockung nicht nach. Er kannte sich gut genug, um zu wissen, dass er seine Macht über die anderen durchaus genoss.
An einer Kreuzung wandte sich Ant nach rechts in ein Sträßchen, das den Hügel wieder hinaufkroch. Kurz darauf bog er erneut rechts ab. Er folgte allein seinem Instinkt. Nachdem er eine Straße überquert hatte, wandte er sich wieder nach links. Die Häuser wurden höher und rückten enger zusammen. Hier lebten die ständig wechselnden Bewohner einer Stadt mit zwei Universitäten. Irgendwo in dieser Gegend würde er ein Haus nach seinem Geschmack finden, mit Nachbarn, die sich nicht um fremde Gesichter kümmerten. Er hielt Ausschau nach Schildern, die den Verkauf eines Hauses anzeigten, nach vorhanglosen Fenstern und nach ungemähten Rasenflächen. Ein Stückchen weiter glaubte er, das Richtige gefunden zu haben: ein wild wuchernder Vorgarten, in dem wilder Wein den Eingangsbereich und die seit langem nicht mehr geputzten Fenster im Erdgeschoss verdunkelte. Im Briefkasten steckten ein paar große Umschläge, und unter einer schmuddeligen Milchflasche klemmte ein Zettel mit der Aufschrift: Bitte vorläufig keine Milch . Zwar gab es kein Verkaufsschild, aber das Haus wirkte, als ob sein Besitzer schon seit einiger Zeit abwesend wäre. Ant blickte die Straße hinauf und hinunter. Nichts. Niemand interessierte sich für ihn. Er fuhr mit der Überprüfung fort.
Die Eingangstür war mit zwei guten Schlössern gesichert – eines davon ein Sicherheitsschloss. Alle Fenster waren geschlossen und sahen aus, als seien sie zusätzlich verriegelt. Es würde schwieriger werden, als er vermutet hatte. Doch zunächst musste er die Gartenseite in Augenschein nehmen. Immer noch nahm niemand Notiz von ihm. Er rüttelte am Riegel des Gartentors, das ihm Zugang zur Hintertür verschafft hätte. Abgeschlossen. Der Eigentümer war umsichtiger, als Ant erwartet hatte. Erneut sah er sich um. Die dichten Zweige eines Baumes schützten ihn vor neugierigen Blicken aus dem Nachbargarten. Ant begann zu schwitzen. Er spürte ein Jucken im Nacken. Die Gegend machte nicht den Eindruck, als würden sich hier alte Damen den Tag damit vertreiben, sich hinter Gardinen zu verstecken und die Nachbarschaft auszuspionieren. Es war eher unwahrscheinlich, dass man ihn entdeckte. Trotzdem wurde Ant allmählich nervös. Er würde sich erst wirklich sicher fühlen, wenn er endlich im Haus und damit außer Sichtweite war. Er musste es wagen.
Das Tor war hoch. Ant griff nach der obersten Strebe und war innerhalb weniger Sekunden im Garten. Mit lautem Scheppern landete er auf zwei Mülltonnen. Erschrocken hielt er die Luft an, während er sich leise fluchend das Schienbein rieb. Doch immer noch interessierte sich niemand dafür, was er tat.
Angel saß ein Stück von den anderen entfernt und blätterte in einem Notizbuch. Bei einer bestimmten Seite hielt sie inne und las den Text ein zweites Mal. Die Handschrift war schwer zu entziffern und einige Worte kaum zu erkennen, doch sie verstand zumindest den Sinn der Passage. Was sie nicht lesen konnte, reimte sie sich in ihrer Fantasie zusammen.
Das Zimmer ist mit Lilienduft angefüllt . Es ist ein süßer , schwerer Geruch , der den ganzen Raum durchdringt und wie eine ansteckende Krankheit oder ein verräterischer , giftiger , heimtückischer Dunst in jeden Winkel kriecht . Die Lilien sehen aus wie große , hungrige Wesen mit klaffenden Mündern . Die purpurfarbenen Münder schreiender Säuglinge . Zahnlos und röhrend wie primitive Musikinstrumente .
Wenn ein Uneingeweihter dies hier lesen könnte , würde er mich für geistesgestört halten . Es würde seine Ansicht bestätigen , dass eine Frau verrückt wird , wenn sie kein Kind hat . Und vielleicht hat er sogar Recht . Vielleicht ist meine Urteilsfähigkeit verloren gegangen , hier in diesem ruhigen , schweigenden Raum mit den grauen Wänden und der Aussicht auf einen grünen Hügel .
Die Lilien sind weiß , wie das Häubchen , das sie trug . Ein Häubchen mit einer Borte aus weißen Spitzen und langen Bändern . Eigentlich ist der Januar nicht die richtige Jahreszeit für ein solches Häubchen , aber jetzt
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