Morgen trauert Oxford
vorgegangen; schließlich wollte er nicht, dass der Eigentümer ihr Fehlen sofort bemerkte. Je länger der Hausbesitzer brauchte, bis er feststellte, dass er beklaut worden war, desto weiter wären sie von Oxford entfernt und hätten längst irgendwo neu angefangen. Ant hatte mit viel Akribie den Müll gesichtet, der überall im Haus herumlag, und dann vorsichtig ausgedünnt. Angel war ihm mit Staubwedel und einer Sprühflasche Möbelpolitur gefolgt, hatte die leeren Stellen poliert und das Übriggebliebene neu arrangiert. Im Endeffekt sah die Wohnung nur sauberer aus, aber durchaus nicht leer geräumt.
Ant trat vor den Laden und kontrollierte die Schaufensterauslage. Auf der einen Seite der Tür hatte er ein paar alte Radios, eine Kaffeemaschine, zwei zueinander passende Wasserhähne aus Messing und eine Holzlampe mit Seidenschirm ausgestellt. Als Hintergrund diente ein Gemälde, das eine Landschaft mit einigen Kühen und einem kleinen, braunen Hund zeigte. Zumindest den Rahmen fand Ant durchaus brauchbar. Im Schaufenster auf der anderen Seite standen einige Haushaltsgegenstände, die Gren geliefert hatte, einer der vier Fernseher aus ihrem derzeitigen Domizil und eine Sammlung Plüschtiere. Sie stammten aus einem Schlafzimmer im Obergeschoss. Ebenfalls aus dem Haus kamen die wenigen Stücke Damenbekleidung, die jetzt an einer Kleiderstange hinten im Geschäft auf Käufer warteten, ebenso wie drei Herrenhemden, zwei Pullover und ein gebrauchter Sakko. Auf den freien Stellen im Verkaufsraum türmten sich Plastikeimer in fröhlichen Farben, die Grens Kumpel besorgt hatte. Zwei kleine Tische bogen sich unter Büchern – ehemals Eigentum des Hausbesitzers; ein paar Kartons voller kleiner, nutzloser Dinge luden zum Stöbern ein. Vor der Kasse lagen ganze Packen Designer-Jeans zu sieben Pfund das Stück sowie einige Dutzend dunkelblauer Baseball-Kappen zu zwei fünfzig, nach deren Herkunft Ant sich nicht allzu genau erkundigt hatte. Und nun stand er an der Tür und wartete auf seinen ersten Kunden.
KAPITEL 6
Es wird verfügt, dass ungeachtet der Tages- oder Nachtzeit weder Studenten noch andere Personen Waffen tragen dürfen. Hierzu zählen Schwerter, Dolche gleich welcher Art, Pfeil und Bogen, Gewehre und andere Kriegswaffen oder -geräte. Die Verordnung gilt für das gesamte Gelände der Universität. Ausnahmen sind nur möglich, wenn die betreffende Person eine Reise zu einem entfernten Ort antritt oder von einer solchen zurückkehrt …
Laud’s Code, 1636
K
urz nach dem Mittagessen traf Kate vor der Pförtnerloge des Leicester College ein. Der Eingangsbereich wimmelte von Studenten. Die meisten trugen T-Shirts und Jeans, einige waren mit Akademikerhüten und langen Roben bekleidet. Drei Pförtner standen mit verschränkten Armen und unbeweglichen Gesichtern vor dem Durchgang zu dem kleinen Innenhof mit dem makellos gepflegten, englischen Rasen, in den die Menge zu drängen versuchte.
»Lassen Sie mich bitte hinein«, rief Kate und bahnte sich mit den Ellbogen einen Weg nach vorn. »Ich habe einen Termin.«
Ein paar hoch gewachsene, durchtrainierte Studenten in schwarzen Talaren versperrten ihr den Weg. Ihre Rücken waren zu breit, als dass sie um sie herum- oder zwischen ihnen hindurchsehen konnte. »Was ist denn da los?«, fragte sie einen der jungen Männer.
»Morningale«, gab er knapp zurück.
»Wie bitte?« Wahrscheinlich hatte sie ihn nicht richtig verstanden. Rings umher war es unglaublich laut – man höhnte, schubste, schrie.
Plötzlich wurden einige Studenten eingelassen. Blitzschnell überlegte Kate, wie sie sich unauffällig unter sie mischen könnte. Sie blickte zum Pförtnerhäuschen hinüber. Die Tür war verschlossen, das Fenster mit einem Laden versperrt.
»Gibt es noch einen anderen Weg in das College?«, rief sie einer jungen Frau zu, die von der Menge gegen sie gequetscht wurde.
»An der Broad Street gibt es eine weitere Tür, allerdings braucht man einen Schlüssel dafür.«
»Und woher bekomme ich diesen Schlüssel?« Die Unterhaltung war ungefähr so mühsam, als befänden sich Kate und ihre Gesprächspartnerin weit voneinander entfernt unter Wasser.
»Den haben nur die Professoren.«
Liam würde ihr seinen wohl kaum zur Verfügung stellen, dachte Kate. Er hatte ihr nicht einmal geholfen, als sie einen durchaus legitimen Grund für einen Besuch in seinem College vorweisen konnte. Und bei dem, was sie jetzt plante – wer weiß, wie er reagiert hätte!
Es war hoffnungslos,
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