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Morgen trauert Oxford

Morgen trauert Oxford

Titel: Morgen trauert Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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viele hatten die Tür nicht richtig hinter sich geschlossen, weil sie tief in Gedanken versunken waren. Nicht einer von ihnen hatte sie je bemerkt, und keiner hatte ihr auch nur einen Penny gegeben. Sie hatte es auf die ehrliche Weise probiert. Wenn sie jetzt eine List anwendete, hatten sie es sich selbst zuzuschreiben.
    Grüner Hügel . Braune und weiße Flecken . Grüne Decke . Weißes Häubchen . Rote Spritzer .
    Angel wartete. Irgendwann wurde sie für ihre Geduld belohnt. Ein großer, nicht sehr alter Mann mit dunklem Haar schloss die Tür gedankenverloren auf und ging hinein, ohne sich darum zu kümmern, ob sie hinter ihm ins Schloss fiel.
    Im letzten Augenblick griff Angel nach dem Knauf. Sie wartete ein paar Sekunden, falls der Professor doch noch nachsehen würde, dann schlüpfte sie durch den Spalt und drückte die Tür leise hinter sich zu. Ihre Sandalen machten kein Geräusch auf dem gepflasterten Weg.
    Doch es gab noch einen zweiten Eindringling. In einen schwarzen Talar gehüllt, folgte er unerkannt der hell gekleideten Gestalt auf das Gelände des College.
    Angel folgte einer schmalen Passage, deren linke Seite vollständig von langen, offenen Fahrradunterständen gesäumt wurde. So hatte sie sich die Oxforder Colleges wirklich nicht vorgestellt. Hinter einer Mauer zu ihrer Rechten erkannte sie Küchengeräusche. Mülltonnen und leere Bierfässer säumten ihren Weg. Jemand trat laut pfeifend aus der Küchentür und ließ ein leeres Metallfass die Stufen hinunterpoltern, um es neben den anderen zu deponieren. Angel presste sich an die Mauer und wünschte, sie hätte ein dunkleres Kleid an.
    Schließlich kehrte der Mann ins Haus zurück. Er knallte die Tür hinter sich zu. Von drinnen erklangen laute Stimmen und Gelächter. Angel wartete einen Moment, bis sie sicher war, dass er nicht zurückkam, dann ließ sie die Tür eilig hinter sich. Ohne anzuhalten, lief sie zum Ende der Passage. Erst in einem kleinen Hof, der jenseits eines aus Ziegeln gemauerten Torbogens lag, blieb sie stehen.
    Sie war drin.
    Angel betrachtete den grasbewachsenen Innenhof. Ihr Herz pochte wild. Schweißperlen rannen ihren Rücken hinunter. Sie versuchte, sich Mut zu machen. Was konnte man ihr schon tun, falls sie entdeckt wurde? Sie hinauswerfen – sonst nichts. Als Nächstes musste sie die Höfe durchstreifen, unter Torbögen und uralten Kletterpflanzen hindurch, und am Fuß jedes Treppenaufgangs die mit goldenen Buchstaben beschrifteten Namensschilder lesen. Sie musste das tun, weswegen sie gekommen war.
    Sie musste Olivia Blacket finden.
    Immer noch hatte sie nicht bemerkt, dass ihr jemand wie ein Schatten folgte.

    Kate, die wusste, wohin sie sich wenden musste, hatte inzwischen Olivias Tür gefunden.
    Sie war hell gestrichen, sehr solide, mit einem Schild mit der Aufschrift »Dr. O. R. Blacket« geschmückt – und abgeschlossen.
    Eigentlich hätte Kate damit rechnen müssen. Im Grunde hatte sie das auch, doch sie war davon ausgegangen, dass ihr schon irgendeine Möglichkeit einfallen würde, die Tür zu öffnen. Nachdem sie in den letzten Tagen alle Hürden hatte nehmen können, war sie überzeugt gewesen, auch dieses Problem schnell zu meistern. Aber die Tür war und blieb abgeschlossen.
    Kate betrachtete das Hindernis. Nein, sie würde sich nicht unterkriegen lassen – schon gar nicht von einer simplen Tür. Im vergangenen Jahr hatte sie den Mord an einer Zahnärztin aufgeklärt und war einem psychopathischen Bibliothekar entkommen. Sie hatte gelernt, zu lügen und zu betrügen, und hatte so ihren gesetzestreuen Freunden geholfen, ihre hehren Ziele zu erreichen. Doch jetzt war sie wild entschlossen, sämtliche Spitzfindigkeiten anzuwenden, um an eine Information zu gelangen, die ihr vielleicht einen Bestseller bescheren konnte.
    Zurück zu der abgeschlossenen Tür. Für die Putzfrau mit dem Generalschlüssel war es viel zu spät. Die Pförtner hatten alle Hände voll zu tun, selbst wenn ihr ein plausibler Grund eingefallen wäre, warum sie in Dr. Blackets Abwesenheit unbedingt deren Büro aufsuchen musste. Vielleicht hätte sie bei der Auswahl des Briefes vom Studienleiter etwas umsichtiger vorgehen sollen. Was auch immer Literae Humaniores sein mochte, es war bestimmt nicht das Gleiche wie Englische Literatur.
    Immer noch stand Kate vor der Tür und überlegte, was zu tun sei, da hörte sie Schritte im Stockwerk über sich. Ein junger Mann, unter dessen blauem Lycra-Outfit sich äußerst ansehnliche Muskeln

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