Morgen trauert Oxford
Ludo dort noch herumtrieb, allzeit bereit, die Riemchen ihres anderen Schuhs zu zerkauen und die Manuskripte aufzufressen.
Ant hielt sich in dem Zimmer mit den Terrassenfenstern auf. In der Ecke flimmerte der Fernseher und murmelte vor sich hin, doch Ant schenkte ihm keine Aufmerksamkeit. Er saß auf einem der gelben Stühle und genoss einen ausgesprochen schmackhaften Single Malt Whisky. Aus den Gärten in der Nachbarschaft wehte der Duft von Holzrauch durch die herbstliche Luft. Wirklich schade, dass sie nicht für immer hier bleiben konnten. Ant begann, sich richtig zu Hause zu fühlen.
»Wie ist es gelaufen?«, fragte Gren, der im Hereinkommen Ants Zufriedenheit sofort gespürt hatte. Er schenkte sich ebenfalls ein Glas Whisky ein. »Hm, wirklich guter Stoff.«
»Ich habe ihn drüben im Schrank gefunden.«
»Und sonst?«, erkundigte sich Gren. »Ich meine geschäftlich. Die Einkünfte.«
»Ausgesprochen zufrieden stellend für den Anfang. Dime würde sagen: super gelaufen«, erwiderte Ant.
»Wie viel haben wir verdient?«
»Alle zusammen über einen Hunni. Hundertfünfzehn, um genau zu sein.«
»Klasse«, freute sich Gren und kippte seinen Whisky in einem Zug hinunter. »Und was wirft der neue Laden so ab?«
Greg hatte ein Recht, alles zu erfahren, denn die Ausstattung des Ladens war hauptsächlich seinen Kontakten zu verdanken.
»Über dreihundert. Vierhundertsiebzig, wenn du es genau wissen willst«, sagte Ant. »Für den ersten Tag ist das nicht schlecht.«
»Stimmt. Was lief am besten?«
»Die Jeans gingen gut. Der Preis ist einfach unschlagbar.«
»Billiger kann man sie nicht verkaufen«, stimmte Gren zu. »Sie kamen erst gestern Nachmittag aus London. Gute Klamotten. Und echt.«
Ant fragte gar nicht erst nach, warum die Jeans so billig und wie sie nach Oxford gekommen waren. »Die Baseball-Kappen kamen auch gut an.«
»Nur die Gewinnspanne ist nicht so toll«, sagte Gren. »Aber die Leute kaufen sie, also müssen wir liefern. Sonst noch etwas?«
»Die Radios gingen ganz gut weg. Auch die Hälfte der gebrauchten Kleidung haben wir verkauft. Ach ja, und ein paar Plüschtiere.«
»Von den Kaffeemaschinen sind wir nur eine losgeworden«, fügte er hinzu. »Aber beide Wasserhähne und zwei oder drei Puppen.« Er dachte an die Frau, die eine dieser Puppen gekauft hatte. Es war ein drolliges kleines Püppchen mit weißem Baby-Häubchen, einem blassen Gesichtchen und beweglichem Körper und hatte ihn ein wenig an Angel erinnert. Jedenfalls hatte die Puppenkäuferin eine echte Macke gehabt. Sie redete mit dem Püppchen wie mit einem richtigen Baby und hatte von Ant verlangt, dass er es als Geschenk einpackte; allerdings sollte das Gesicht frei bleiben, damit es atmen könne. Doch davon erzählte er Gren nichts. Und auch Angel würde es nicht erfahren.
Im Laufe des Tages hatten sie alle ihn besucht. Sie waren in den Laden geschlüpft und hatten getan, als wären sie Passanten. Natürlich hatten sie ihre Standorte verlassen und damit der Konkurrenz die Möglichkeit gegeben, die besten Stellen zu besetzen, aber Ant konnte ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Außerdem konnte er sich bei jedem Besuch eine kurze Pause gönnen. Es war nämlich ganz schön anstrengend, den ganzen Tag im Geschäft zu stehen und mit Kunden zu verhandeln.
»Ist viel geklaut worden?«, fragte Gren.
»Es geht. Ich habe die Kunden im Auge behalten. Das Einzige, was mir aufgefallen ist, war ein Werkzeug, das schon am Vormittag verschwand.«
»Eins von den Werkzeugen aus dem Keller hier?«
»Genau. Ich wusste auch zunächst nicht sicher, welches fehlte. Es waren vier zusammengehörige Stücke, aber plötzlich lagen nur noch drei da.«
»Vielleicht hat es einer von der Familie verkauft.«
»Nein. Ich habe alle gefragt. Aber im Grunde spielt es sowieso keine Rolle – das Ding war nicht besonders wertvoll.«
»Und was war es?« Als Gren die Frage stellte, bekam er eine merkwürdige Gänsehaut im Rücken.
»Ein Hammer. Ein großes, altmodisches und ziemlich schweres Teil.«
Aus irgendeinem Grund sah Gren plötzlich Angel in ihrem weißen Kleid vor sich; er erinnerte sich, wie ihr an der Straßenecke schwindelig wurde und wie sie bei dem Versuch, die Puppe zu verstecken, die grüne Jacke um sich zurrte.
Nachdem Kate sich eine gewisse Zeit mit den Manuskripten beschäftigt hatte, stellte sie fest, dass es zumindest für den Anfang erheblich leichter war, mit den Originalen zu arbeiten. Erst nachdem sie ein Auge für die
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