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Morgen trauert Oxford

Morgen trauert Oxford

Titel: Morgen trauert Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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wies natürlich alles auf ihn als Mörder hin: der abtrünnige Geliebte, der sich aus einer langjährigen Affäre mit einer eifersüchtigen und besitzergreifenden älteren Frau befreien wollte, die überdies seine Karriere bedrohte. Aber bei näherem Hinsehen hielt keiner der Vorwürfe stand. Zwar hatten viele mitangehört, dass die beiden am Nachmittag vor Olivias Tod einen heftigen Streit hatten, aber man hatte Liam auch ihr Büro verlassen sehen, gefolgt von einer vor Wut schäumenden Olivia. Falls es in dieser Beziehung überhaupt je zu Handgreiflichkeiten gekommen ist, dürfte eher Ross das Opfer gewesen sein.«
    »Heißt das mit anderen Worten, dass ich ihm Fragen stellen darf? Dass ich mich nicht in Gefahr begebe? Immerhin trete ich keinem Mörder entgegen.«
    »Wenn es unbedingt sein muss.« Sie konnte sehen, dass er von diesem Gedanken alles andere als angetan war. Doch er würde sie bestimmt nicht aufhalten.
    »Damit bleibt die Frage, wer Olivia umgebracht hat«, stellte Kate fest. Und nicht nur das, dachte sie. Ich habe auch keine Informationen für mein nächstes Buch bekommen.
    »Glauben Sie noch immer, dass es jemand von Ihrer ominösen Familie war?«, fragte Paul.
    »Haben Sie vielleicht einen besseren Vorschlag?«, konterte sie.
    »Ja, zum Beispiel Sie«, antwortet er. »Aber das sollte ich Ihnen eigentlich nicht sagen.«
    »Und warum sitzen dann nicht Ihre vorgesetzten Kollegen hier in meiner Küche, tun sich an meiner Aprikosenmarmelade gütlich und stellen mir unbequeme Fragen?«
    »Weil sie bisher noch nicht wissen, wer Sie sind. Sie wissen, dass eine Frau sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Leicester College eingeschlichen und sich vermutlich Zugang zu Olivias Büro verschafft hat. Ich hielte es für eine ausgezeichnete Idee, so bald wie möglich auf dem Revier vorstellig zu werden und eine Aussage zu machen. Versuchen Sie doch ausnahmsweise einmal zu kooperieren.«
    »Diese Frau hätte genauso gut Angel sein können«, erwiderte Kate, indem sie den unerfreulichen Teil seiner Antwort schlichtweg ignorierte.
    »Von Angel weiß die Polizei nichts. Noch nicht einmal, dass sie überhaupt existiert.«
    »Sie glauben auch nicht an die Familie – habe ich Recht?« Allmählich riss ihr der Geduldsfaden. Hitze kroch ihr ins Gesicht. Ein sehr schlechtes Zeichen. Ihre Hände waren kalt und prickelten; lang würde es nicht mehr dauern, bis sie explodierte.
    »Doch, ich glaube Ihnen.« Paul sprach sehr sanft, als wüsste er, wie nahe Kate einem ernstlichen Wutanfall war. »Wenn ich nicht an die Existenz der Familie glaubte, würde ich wohl kaum die Hälfte meiner freien Zeit damit verbringen, den Stadtplan von Oxford zu studieren und jede Straße östlich der Magdalen Bridge abzulaufen, in deren Namen sich ein D befindet.«
    »Oh, herzlichen Dank. Ich nehme nicht an, dass Sie viel Freizeit hatten, seit ich Sie angerufen habe.«
    »Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass ich auch jede Straße mit dem Wort ›Road‹ im Namen überprüfen musste, denn auch dort gibt es ein D. Nach der Beschreibung, die Sie mir von Dime gegeben haben, könnte es durchaus sein, dass er das Wort nicht erkannt hat.«
    »Möchten Sie noch einen Toast?«
    »Nein danke. Ich nehme an, Sie wissen nicht zufällig, was für eine Art Auto die Familie fährt, oder?«
    »Nein. Sie waren immer zu Fuß. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sie einen von diesen abgewrackten Lieferwagen haben.«
    »Schon möglich. Aber Sie geben sicher zu, dass es nicht gerade viel ist, womit wir arbeiten können.«
    Kate musste ihm wohl oder übel zustimmen. Ihr wurde klar, dass sie es selbst in die Hand nehmen musste, die Familie zu finden. Und dass die Zeit allmählich knapp wurde. Möglicherweise verließen sie Oxford just in diesem Augenblick.
    »Und noch etwas.«
    »Ja?«
    »Sie müssen unbedingt zum Revier, eine Aussage machen. Ich verspreche Ihnen, nicht in der Nähe zu sein; so können Sie Ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Aber teilen Sie der Polizei wenigstens die wichtigsten Beobachtungen mit. Ganz abgesehen davon, dass es der gerechten Sache dient und Ihre Bürgerpflicht ist, ersparen Sie sich wahrscheinlich einigen Ärger, wenn Sie es tun.«
    »Aber natürlich.« Es schien das erste Mal zu sein, dass sie ihm ohne Wenn und Aber und ohne Streiterei zustimmte.
    Sie würde es sogar sofort tun. Aber wenn sie diesen Gang hinter sich hatte, musste sie unbedingt mit Liam sprechen, ganz egal, was Paul davon hielt.

    Kate war froh,

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