Morgenlied - Roman
gut sein«, sagte er.
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Sie behielt mit dem Hühnchen recht; etwas Besseres hatte er noch nie gegessen. Und es war auch richtig, dass sie während des Essens nicht von ihrem Erlebnis mit dem Dämon sprach.
Es war faszinierend, über wie viele andere Themen sie sich zu unterhalten wussten, obwohl sie doch jetzt schon seit Monaten aufeinanderhockten. Hochzeitspläne, neue Geschäftspläne, Bücher, Filme und Kleinstadtklatsch. Zu jeder anderen Zeit, an jedem anderen Ort wären sie einfach nur eine Gruppe von Freunden gewesen,
die sich zum Essen traf. Und wie passte er in das Ganze hinein? Seine Beziehung zu Cal und Fox hatte sich über die Jahre verändert und entwickelt, aber im Grunde genommen blieb sie gleich - sie waren einfach lebenslange Freunde.
Er mochte die Frauen, mit denen sie zusammen waren. Sie waren einzigartig, weil sie sich zusammen mit ihnen dem Bösen entgegenstellten. Wenn sie überlebten, würden sie mit Sicherheit auch alle anderen Schwierigkeiten gemeinsam meistern.
Wenn sie überlebten, würde er wieder weiterziehen. Er war derjenige, der ging - und der zurückkam. So funktionierte es bei ihm eben. Es gab immer ein nächstes Spiel und immer eine neue Chance.
Blieb noch Cybil mit ihrem enzyklopädischen Wissen, ihren genialen Kochkünsten und ihren Nerven aus Stahl. Erst ein einziges Mal hatte er erlebt, dass sie zusammengebrochen war. Twisse löste die tiefsten Ängste bei ihnen allen aus, für Cybil war es die Blindheit. Als dieser Vorfall vorüber war, hatte sie in seinen Armen geweint. Aber sie war nicht weggelaufen.
Nein, sie war nicht weggelaufen. Wie sie alle hielt auch sie stand. Doch danach würde auch sie weiterziehen. Hier in der Kleinstadt hielt sie nichts, sie gehörte hier auch nicht hin. Hawkins Hollow war nur ein zeitweiliger Aufenthaltsort für sie. Aber wohin würde sie gehen? Irritiert stellte er fest, dass er sich mehr Gedanken über sie machte, als ihm guttat.
Sie fing seinen Blick auf und zog die Augenbrauen hoch. »Willst du dein Geld wiederhaben?«
»Nein.«
»Also, ich gehe jetzt spazieren.«
»Oh, aber Cyb...«, begann Quinn.
»Gage kann mit mir kommen, während ihr vier euch um den Abwasch kümmert.«
»Wieso hat er denn keinen Küchendienst?«, wollte Fox wissen.
»Er hat mit mir eingekauft und bezahlt. Ich möchte ein bisschen frische Luft schnappen, bevor wir über den großen, bösen Bastard reden. Na, wie wäre es, Gage? Lust, mich zu begleiten?«
»Nimm dein Handy mit.« Quinn griff nach Cybils Hand. »Für alle Fälle.«
»Ich nehme das Handy mit, und ich ziehe eine Jacke an. Ich lasse mich auch nicht von Fremden ansprechen. Entspann dich, Mommy.«
Sie eilte hinaus, und Quinn wandte sich an Gage. »Geht nicht zu weit, ja? Und bleib in ihrer Nähe.«
»Wir sind hier in Hawkins Hollow, hier ist alles in der Nähe.«
Cybil zog sich einen Pullover über und feste Schuhe an. Als sie nach draußen kamen, atmete sie tief durch. »Ich mag Frühlingsabende. Sommerabende sind sogar noch besser. Ich habe die Hitze gern, allerdings ziehe ich unter diesen Umständen den Frühling doch vor.«
»Wo möchtest du hingehen?«
»Zur Main Street natürlich. Wohin sonst? Ich kenne mich gern aus. Deshalb laufe ich durch die Stadt, fahre durch die Gegend.«
»Mittlerweile könntest du wahrscheinlich von der Umgebung hier eine detaillierte Karte zeichnen.«
»Das könnte ich nicht nur, das habe ich bereits. Ich habe einen Blick für Details.« Sie atmete noch einmal tief ein. Es duftete nach Pfingstrosen. »Quinn wird hier glücklich sein. Für sie ist es absolut der richtige Ort.«
»Warum?«
Er sah ihr an, dass die Frage - oder vielmehr der Umstand, dass er überhaupt fragte - sie überraschte.
»Diese kleinstädtische Umgebung, wo sie alle Leute kennt, jeden mit Namen anredet, das ist das Richtige für Q. Sie ist ein soziales Wesen, das aber auch Zeit für sich alleine braucht. Die Stadt gibt ihr die sozialen Kontakte, und in das Haus außerhalb der Stadt kann sie sich zurückziehen. Sie bekommt alles, was sie braucht. Und dazu auch noch den richtigen Mann.«
»Ja, wie praktisch, dass Cal hier lebt.«
»Ja. Ich muss zugeben, als sie Cal das erste Mal erwähnt hat, da habe ich gedacht, ein Typ mit einem Bowling-Center? Q ist aber tief gefallen.« Lachend warf sie die Haare zurück. »Ich sollte mich schämen, dass ich in solchen Klischees denke. Natürlich habe ich meine Meinung sofort revidiert, als ich ihn kennen gelernt habe. Oh, der Typ mit dem
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