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Morgenlied - Roman

Morgenlied - Roman

Titel: Morgenlied - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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bereitet schon mal alles vor.« Sie verschwand im Haus.
    »Nun.« Cybil stieß die Luft aus. »Dann passiert es also wohl hier und jetzt.«
    Sie ging durch Cals Garten und schnitt Blumen und Kräuter. Gage kam auf sie zu.
    »Willst du einen Strauß binden?«

    »Kerzen, Kräuter, Blumen, Worte, Bewegungen. Ich glaube an Symbole. Sie sind ein Zeichen von Respekt. Immer wenn du Blut vergießt, wenn du eine höhere Macht um einen Gefallen bittest, sollte es respektvoll geschehen.«
    »Du bist eine kluge Frau, Cybil.«
    »Ja.«
    Er ergriff sie am Arm und drehte sie zu sich herum. »Wenn das funktioniert, dann nur, weil du so klug bist.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann liegt es sicher nicht an mangelnder Klugheit.«
    »Willst du mich verführen, indem du mir schmeichelst?«
    »Nein.« Lächelnd fuhr er ihr mit dem Finger über die Wange. »Ich will dich verführen, indem ich deinen Verstand benebele. Ich will dir nur sagen, dass es funktionieren wird.«
    »Optimismus? Von dir?«
    »Du bist nicht die Einzige, die sich mit Riten und Ritualen beschäftigt hat. Wenn ich unterwegs bin, verbringe ich viel Zeit mit Forschungen. Manches ist Show, aber andere Rituale beruhen auf Glaube, Respekt und Wahrheit. Es wird funktionieren, weil wir sechs über diese Grundlagen verfügen. Es ist nicht nur mein Blut, nicht nur Antikörper und Wissenschaft, auch deine Tränen sind darin enthalten. Ich habe sie gespürt. Also ist ein Teil von dem, was ich mitgebracht habe, auch von dir. Sammle deine Symbole, und dann lass uns das Ritual durchführen.«
    Als er ging, blieb sie im Mondlicht stehen, die Blumen
in der Hand, und schloss die Augen. Ihr Herz verschließen? Ihn hinter sich lassen? Nein, nein, nicht wenn sie ein Dutzend Leben hätte.
    Ann Hawkins hatte ihr gesagt, so sei das Leben. Freude und Schmerz. Es war an der Zeit, dass sie endlich beides akzeptierte.
    Sie zündeten die Kerzen an und streuten Blumen und Kräuter auf die Stelle, an der Gage zu Boden gesunken war. Darauf, in die Mitte des Kreises, den sie gebildet hatten, legte Quinn das Foto, das sie von ihnen allen gemacht hatte. Sie nahmen sich an den Händen, und der große Hund lehnte andächtig an Cals Bein.
    »Ich habe die Worte ganz einfach gehalten«, sagte Quinn. »Reich das Blatt herum.«
    Cybil ergriff die erste Seite und las. »Gute Arbeit«, sagte sie anerkennend. Sie reichte Gage die anderen Blätter, und die Worte gingen von Hand zu Hand. »Sind alle bereit?«
    Gage ergriff Cals Pfadfindermesser und zog sich die Klinge über die Handfläche. Cal machte es ihm nach, und während der Text verteilt wurde, wurde das Messer weitergereicht.
    Nacheinander gaben sie alle Gage die Hand und das Blut mischte sich.
    »Bruder zu Bruder, Bruder zu Schwester, Liebender zu Liebender. Leben zu Leben für damals, für jetzt, für die Zukunft. Durch Glaube, durch Hoffnung, in Wahrheit. Mit Blut und Tränen, um das Licht vor der Finsternis zu bewahren. Bruder zu Bruder, Bruder zu Schwester, Liebender zu Liebender.«

    Es wehte zwar kein Wind, aber die Kerzenflammen flackerten und stiegen höher. Cal hockte sich hin. »Freund zu Freund«, sagte er, ergriff Lumps Pfote und fügte ihm einen flachen Schnitt zu. Lump rührte sich nicht und blickte ihn nur vertrauensvoll an, als Cal seine Hand um die Pfote schloss. »Entschuldigung, Kumpel.« Achselzuckend fügte er hinzu: »Ich konnte ihn ja nicht auslassen.«
    »Er gehört auch zum Team.« Quinn bückte sich und hob die Fotografie auf. »Ich fühle mich zwar nicht anders als vorher, aber ich glaube, es hat funktioniert.«
    »Das glaube ich auch.« Layla begann, die Blumen und Kräuter aufzusammeln. »Ich stelle sie rasch ins Wasser.«
    »Es war ein guter Tag.« Fox ergriff Laylas Hand und drückte seine Lippen auf die Handfläche. »Ich habe nur noch eins zu sagen: Wer will Torte?«

15
    Weil es einer der wenigen Orte war, wo sie sich ungestört treffen konnten, gingen Gage und Fox zu Cal in dessen Büro im Bowling-Center. Die Zeit wurde langsam knapp. Seit dem Tag, an dem Gage auf ihn geschossen hatte, hatte keiner von ihnen mehr Twisse gesehen. Aber es hatte Zeichen gegeben.
    Mehr Angriffe von Tieren oder verwesende Tierkadaver am Straßenrand. Unerklärliche Stromausfälle und
Brände. Mit jedem Tag wurden die Leute reizbarer. Unfälle nahmen zu.
    Die Alpträume kamen jede Nacht.
    »Meine Großmutter und meine Kusine ziehen heute zu meinen Eltern«, sagte Cal. »Gestern hat jemand im Nachbarhaus einen Stein durchs Fenster geworfen. Ich

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