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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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sich seufzend auf einen Hocker vor einem der Schminktische fallen.
    Lea war sich bewusst, wie blass sie in diesem Farbenrausch aussehen musste. Die üppig aufgerüschten Damen mit ihren nackten Füßen in Strass-Sandalen und lackierten Lippen schienen das ähnlich zu sehen, denn sie schenkten Lea keinen zweiten Blick. Sony, aber die Evolution hat mich noch nicht kälteunempfindlich werden lassen, dachte Lea mürrisch und betrachtete ihre vom Schmelzwasser fleckigen Stiefelspitzen.
    Was sollte sie bloß tun? Da saß sie nun im Studentenoutfit in einem First-Class-Restaurant vor lauter originellen Gerichten, die ungenießbar waren, und gab vor, dem nicht enden wollenden Gedankenfluss ihres Professors zu lauschen, während sie vor Sehnsucht am liebsten laut aufgeschrien hätte. Diese ganze Situation war bizarr und hätte sie wahrscheinlich auch überfordert, ohne dass die Abwesenheit eines ihr eigentlich fremden Mannes sie in den Wahnsinn trieb.
    Lea seufzte. Ob sie Adam jemals wieder treffen würde? Vielleicht bot sich ja eine Gelegenheit, wenn Professor Carriere ihr später noch eine besonders schöne Ausgabe von Abenteuer einer Silvesternacht zeigen wollte. Wahrscheinlich liegt sie in seinem Schlafzimmer, dachte Lea gehässig. Einen Augenblick später zuckte sie schuldbewusst zusammen, denn der Professor hatte den gesamten Abend über nicht die geringstenAnstalten gemacht, mit ihr zu flirten. Deshalb würde sie jetzt auch höflich anden Tisch zurückkehren und ihm zuhören. Und zwar richtig, wie es sich für eine gute Studentin gehörte.
    Als Lea in den Saal zurückkehrte, hielt sie den Blick starr auf den Boden gerichtet. Ihr Bedarf an abfälligen Blicken von Geschlechtsgenossinnen war für den heutigen Abend eindeutig gedeckt. Sie kam sich so grau und überflüssig vor wie noch nie zuvor.
    »Ich weiß nicht, wie du dieses Zeug hinunterbekommst.« Adam saß mit dem Rücken zum Fenster am Tisch und betrachtete fasziniert die Reste auf Carrieres Teller.
    »Alles eine Frage der Übung«, erklärte Carriere mit fachmännischem Ton, bevor er Lea bemerkte.
    Mit einem Lächeln winkte er sie heran, überließ es jedoch Adam, der jungen Frau mit dem Stuhl behilflich zu sein. Adam nickte lediglich zur Begrüßung, während seine Hände auf der Stuhllehne ruhten. Ohne sich dessen bewusst zu sein, atmete Lea tief ein, während sie sich hinsetzte. Der wunderbare Geruch nach Schnee, der von Adams Kleidung aufstieg, raubte ihr die Sinne.
    Wenig später war der Tisch bis auf den Kerzenlüster und drei volle Weingläser abgedeckt, und Lea war sich sicher, einen kleinen Schwips zu haben. Adams berauschender Anblick machte das Ganze nicht besser, auch wenn er ihren Blick mied. Das sollte Lea recht sein, solange sie nur dasitzen und ihn ansehen konnte. Sie versuchte gar nicht erst, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seine pure Anwesenheit reichte ihr in diesem Moment vollkommen aus. Genießerisch schwelgte sie in seinem Anblick, studierte die Anspannung in seinem aufrechten Oberkörper. Sie prägte sich die Form seiner Hände ein, die beide locker auf dem Tisch lagen. Beobachtete, wie das Licht immer wieder honigfarbene Strähnen in seinem dunklen Haar aufleuchten ließ, so dass es einen warmen Glanz bekam.
    Schließlich riss etwas in Professor Carrieres Stimme sie aus der Verträumtheit. Lea blinzelte. Das war eine direkt gestellte Frage gewesen, und sie hatte keine Ahnung, worum es sich dabei handelte. Professor Carriere hatte den Faden wieder aufgenommen und schien zumindest in Adam einen interessierten Zuhörer gefunden zu haben.
    Carriere lächelte freundlich. »Meine Liebe, seien Sie nicht schüchtern und erzählen Sie uns, wie Sie in den Sog der Romantik geraten sind.«
    Es dauerte einen Moment, bis Lea begriff, dass er nicht von ihren Gefühlen zu Adam gesprochen hatte, sondern weiterhin bei seinem Steckenpferd, der Romantik, verweilte. Ihre Gehirnzellen schalteten auf Hochtouren, ein Kaltstart, wie sie erschrocken registrierte.
    »In einen Sog geraten ...«, wiederholte sie nachdenklich. »Das kam, wie mit den meisten Übeln, am Ende der Kindheit auf der Schwelle zum Erwachsenwerden. Ich entdeckte eine Schwäche fürs Unheimliche ...« Lea hielt inne. Was sie da erzählte, klang furchtbar langweilig. Dabei war diese Erfahrung damals in ihrer ganzen Schlichtheit beinahe eine Erleuchtung gewesen, die ihr ganzes späteres Leben beeinflusst hatte. »Das klang jetzt ausweichend«, setzte Lea erneut an. »In Wirklichkeit habe

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