Morgenrot
Moment, ihre Ferse zu umfassen. Lea stürzte und spürte, wie sich Steinkanten in Hände und Knie bohrten und ihr die Haut aufschlitzten. Sie lag flach auf dem Bauch und über die Schulter hinweg durchbohrte sie Megan mit einem feindseligen Blick. Dann konzentrierte sie sich auf die Hand, die sie zu Fall gebracht hatte und nun ausgestreckt auf dem Boden lag. Kurz davor, erneut zuzugreifen ...
Lea hob das Bein an und ließ ihre Schuhspitze auf die Finger niedersausen.Während sie sich hochstemmte, gellte Megans überraschter Aufschrei in ihren Ohren. Der wilde Teil in Lea, der für Stolz und Rache zuständig war, wollte sich auf die am Boden liegende Frau draufsetzen und ihr die Tracht Prügel ihres Lebens verabreichen. Allerdings verspürte sie wenig Interesse, ihr Glück herauszufordern.
Wie ein Krebs, dem es nicht gelang, seine Beine zu sortieren, krabbelte sie auf die Felsbrocken zu und zog sich am erstbesten hinauf. Sie glaubte, das Tapsen nackter Füße auf Stein hinter sich zu hören. Doch sie verschwendete keine wertvolle Sekunde damit, zurückzublicken. Hektisch versuchte sie, Halt am Fels zu finden, aber ihre Hände glitten immer wieder ab: Der Stein war mit einer dünnen Schicht Wasser überzogen und dadurch so glatt wie gefrorenes Eis. Mit wachsender Panik tastete Lea im Halbdunkel nach einer Spalte und schrie vor Schmerz auf, als ein Fingernagel tief einriss. Denn auch wenn der Fels glitschig war, so war seine Oberfläche immer noch hart und porös. Schließlich fand sie einen Spalt, in den sie ihre Fingerspitzen zwängte und an dem sie sich, ihren überforderten Gelenken zum Trotz, hinaufzog. Ihr Fuß fand einen Widerstand, und ehe sie sich's versah, hatte sie einen Vorsprung erklommen. Keine Sekunde zu früh, wie Megans gegen das Gestein krachender Körper bewies.
Trotz ihrer Angst war Lea klar, dass sie nicht weiter unbeschadet über das sich auftürmende Geröllfeld entkommen konnte. Hinter ihr schickte Megan sich an, ihr nachzuklettern. Kurzerhand setzte sich Lea auf den Hintern und versuchte, mit dem Schuh Megans tastende Hände zu erwischen. Sie war aber zu langsam: Mit einem harten Griff packte Megan ihr Fußgelenk und zerrte daran. Als Lea beinahe über den abschüssigen Vorsprung gerutscht und direkt in Megans Armen gelandet wäre, schrie sie panisch auf. Wie von Sinnen strampelte sie sich frei, was Megan erneut ordinär fluchen ließ.
Blindlings ergriff Lea eine Handvoll Geröll und warf es nach Megan, ehe diese einen weiteren Aufstiegsversuch unternehmen konnte. Kurz spielte Lea mit dem Gedanken, nach Adam zu rufen. Nein, die Puste sparte sie sich lieber. Es durfte dieser Frau nicht gelingen, sie zu einer unmündigen Geisel zu deklassieren. Punkt.
Während sie noch all ihren Kampfeswillen zusammennahm, stemmte Megan sich pfeilschnell hoch und überrumpelte Lea, die sich gerade die Hände mit Steinen beladen - umdrehen wollte, um ihre Gegnerin mit einer weiteren Lawine zu attackieren. Plötzlich lag sie flach auf dem Rücken, und Megan saß auf ihr, die Knie auf ihre Unterarme gestützt. Megans Hände schössen vor und legten sich drohend um ihren Hals; die Daumen, mitten auf der Kehle, übten einen schmerzhaften Druck aus.
»Du wirst jetzt genau das tun, was ich dir sage, du unnützes Miststück. Wenn nicht, werde ich dir den Kehlkopf eindrücken.«
Lea starrte in Megans siegessicheres Gesicht. Dann tat sie etwas, das sie beim Anblick dieser Frau schon immer hatte tun wollen: Sie spuckte sie an. Nicht die feine englische Art, aber was scherte sie das, wenn sie wehrlos auf dem Rücken lag und gleich unaussprechlich gedemütigt werden würde? Da war es besser, sich wenigstens einmal mit tiefster Genugtuung gerächt zu haben.
Voller Verachtung riss Megan die Augen auf, während sie atemlos nach Worten suchte, die Lea klarmachen würden, welchen bodenlosen Platz sie im Megan-Ranking bekleidete. Lea nutzte die Chance, zog leicht ein Bein an, verlagerte das Gewicht auf den Fuß und stemmte mit einem Ruck ihre Hüfte in die Höhe. Gleichzeitig winkelte sie das andere Bein an und bohrte Megan das Knie in den Rücken.
Megan schnaufte empört und zuckte vor Schmerzen zusammen. Einige Strähnen lösten sich aus ihrem sorgfältig hochgesteckten Chignon, wodurch ihr Aussehen die Spur einer Wahnsinnigen annahm. Bedrückt stellte Lea fest, dass dieser Wahnsinn sich nun in Megans Augen schlich, die sie angewidert anfunkelten. In diesem Moment zerfiel die kühle Professionalität, mit der die Sklavin
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