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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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bislang jede Aufgabe gemeistert hatte. Anstatt sie zu erdrosseln, verpasste sie Lea einen Fausthieb, der zwischen Wange und Kieferknochen landete. Leas Kopf flog zur Seite. Der Schmerz, als ihre Gesichtshälfte mit dem Boden kollidierte, war allerdings stärker.
    Wenn ich ohnmächtig werde, bekomme ich wenigstens nicht mit, wie sie Adam erpresst, dachte Lea noch überraschend rational, bevor sie für einige Sekunden tatsächlich das Bewusstsein verlor.Als das Gewicht von ihrer Brust verschwand, kam sie wieder zu sich.
    Megan wurde in die Höhe gerissen.
    Adam hatte sie wie einen ungezogenen Welpen im Nacken gepackt und auf die Füße gezerrt.
    Lea atmete befreit auf und blickte in Adams blutbeschmiertes, maskenhaftes Gesicht. Nur die zu Schlitzen verengten Augen verrieten, dass hinter ihnen ein Orkan tobte, den er gleich freizulassen gedachte. Er hielt Megan im Genick gepackt, dann schleuderte er sie den Vorsprung hinunter.
    Das verzerrte Aufstöhnen verriet, dass Megan wenig glücklich gelandet war. Adam kümmerte sich nicht darum, sondern hielt den Blick konzentriert auf Lea gerichtet, um zu überprüfen, ob Megan ihr kein ernsthaftes Leid zugefügt hatte. Lea versuchte, sich auf den Ellbogen nach oben zu stemmen, aber er setzte ihr einen bloßen Fuß auf die Brust und drückte sie sanft.
    »Du bleibst hier«, sagte er gedämpft. »Genau hier.«
    Dann wandte er sich ab und sprang den Felsen hinunter. Aus der Ferne konnte sie ein begeistertes Raunen hören, als befeuere das Publikum den Auftritt des Helden. Dass er so sehr auf seine Kosten kommen würde, damit hatte der Kollektor offensichtlich nicht gerechnet.
    Während aus der Tiefe der Höhle ein Scharren und leises Wimmern zu hören war, rollte Lea sich wie ein Embryo zusammen und hielt sich die Hände über die Ohren. Was auch immer nun geschah, sie wollte es nicht wissen. Sie würde nicht eingreifen, sondern genau dort bleiben, wo sie war. Sie würde es ertragen.
    In dem Augenblick, als Adam sich unterwarf und dem Herrscher des Tempels ein Blutopfer darbrachte, versiegte die seit Langem zerrende Unzufriedenheit des Dämons. Sein Wille, seine machtvollen Forderungen, mit denen er Adam ansonsten unablässig quälte, glichen plötzlich den sanften Berührungen eines Liebenden. Er umfing Adam vollständig, legte sich über seine Augen, als könne er so das Gewissen seines Knechtes reinwaschen. Und als Megans warmes Blut über Adams Hände floss und das geifernde Johlen des Kollektors erklang, nahm der Dämon das Geschenk willig an.
    Während Megan starb, drang kein Geräusch zuAdam durch. Der Dämon beherrschte jeden einzelnen seiner Sinne, tauchte alles in ein tiefes Rot. Zärtlich flüsterte er Dinge in Adams Ohr, doch er gebrauchte keine Worte. Er sprach in Farben und Düften, und was immer er raunte, es brachte etwas in Adam zum Schwingen. Er hatte das Gefühl, endlich wieder aufgehoben, endlich wieder eins zu sein.
    Jeglicher Widerstand war gebrochen, und Adam ließ sich in die tröstende Umarmung des Dämons sinken. Es war ein gefährlicher Handel, denn niemand konnte sagen, wann der Dämon ihn wieder aus seinem Schoß entlassen würde. Doch vorerst wollte Adam sich nur dem Vergessen hingeben und das Gefühl der Geborgenheit genießen. Seinen Preis würde der Dämon später einfordern, wenn Megans Leib schon längst erkaltet war. Dann war immer noch Zeit genug, erneut zu den Waffen zu greifen und sich dem Tyrannen entgegenzustellen.
     

26. Auferstehung
    Stille war eingekehrt.
    Am ganzen Leib zitternd, setzte Lea sich mit ungelenken Bewegungen auf und schüttelte die Steifheit aus den Gliedern. Dann nahm sie sich die Zeit, um die Haarsträhnen, die an ihren nassen Wangen klebten, einzeln aus dem Gesicht zu streichen und die Kleidung zu ordnen. Mit spitzen Fingern befühlte sie die geschundene Wange, wo Megans Schlag sie getroffen hatte. Sogleich flammte der Schmerz wieder auf, und sie unterdrückte ein Stöhnen. Auch ihr Rücken tat weh, und unter ihren eingerissenen Fingernägeln pochte es unablässig. Doch unweigerlich zog die Mitte der Höhle ihre Aufmerksamkeit auf sich. Die »Show« - wie Adam es genannt hatte - war vorbei. Noch immer gellten ihr die »Ahs« und »Ohs« des Kollektors in den Ohren sowie das glockenhelle Gelächter, mit dem er sich schließlich verabschiedet hatte.
    Die ganze Zeit über hatte Lea auf den Moment gewartet, in dem ihr Herz sich dazu entschließen würde, mit Adam zu brechen. Doch es war nicht geschehen, der Bund zwischen

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