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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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getragen hatte. Jenen Duft, den es in dieser Stadt eigentlich nicht geben durfte.
    Deine Erinnerung spielt dir einen Streich, versuchte er sich zu beruhigen. Schließlich wäre dir eine Ablenkung jetzt mehr als willkommen. Denn zum wiederholten Male suchte ihn dieses Drängen heim, versuchte ihn zu nötigen, seinem eigentlichen Ziel entgegen. Adam presste die Zähne fest zusammen und bemühte sich, dieses Sehnen, das ihn unentwegt quälte und zu überwältigen drohte, zu unterdrücken.
    Plötzlich streifte der Geruch erneut seine Sinne, und dieses Mal ließ die Erinnerung sogleich ein Bild aufflackern: fn der Gasse lauerte ein Raubtier, bereit zum Sprung.
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, breitete sich ein Lächeln auf Adams Gesicht aus. Er drehte sich um und verschmolz mit der Dunkelheit.
    Nach und nach verwandelte sich das unnatürliche Dröhnen in ein gleichmäßiges Ticken. Ein schwaches Geräusch, das seinen Weg in Leas Träume fand, um sie zu rufen. Sie erwachte auf der Seite lieeend. ihre Schulter bohrte sich schmerzhaft durch die dünne Matratze.
    Ihre nackten Knie klebten aneinander. Das Trägershirt haftete nass geschwitzt am Rücken, und trotzdem mochte Lea sich nicht rühren. Erschöpft lauschte sie ihrem rasenden Atem, spürte ihr Herz wild pochen.
    Welcher Albtraum auch immer den Angstschweiß ausgelöst hatte, mittlerweile hatte er sich verflüchtigt.
    Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die ausgetrockneten Lippen und blinzelte. Stockfinstere Nacht umgab sie. Für einen kurzen Moment spielte sie mit dem Gedanken, eine bequemere Position zu suchen und noch einmal Schlaf zu finden. Doch das Adrenalin rauschte durch ihre Adern, kribbelte in den Zehen und ließ sie zur Lampe neben der Matratze greifen. Schwaches Licht flammte auf.
    Leas schlaftrunkener Blick schweifte durchs Zimmer, nahm den umgekippten Bücherstapel sowie die benutzten Teetassen wahr - und nackte Männerbeine. Bevor ihr Verstand diese Unmöglichkeit begriff, war ihr Blick bereits weitergewandert und schnellte nun ruckartig zu den Beinen zurück.
    Panisch rappelte Lea sich auf, kam wankend auf Händen und Knien hoch, den Mund vor Überraschung offen stehend.
    Drei Schritte von ihr entfernt saß Adam im Halbdunkeln, eine Decke um den nackten Körper geschlungen, so dass lediglich Schultern, Arme und Beine zu sehen waren. Um den einen Unterarm, der locker auf seinem Schoß lag, hatte er ein Tuch gewickelt, das er fest mit der freien Hand umschlossen hielt. Mein Geschirrhandtuch, stellte Lea verstört fest.
    Adam hatte die Augen auf sie gerichtet - oder vielmehr dorthin, wo eben noch die schlafende Lea gelegen hatte. Jetzt zuckten seine Lider ein Stück nach oben, und er starrte ihr direkt ins Gesicht.
    Instinktiv wich Lea zurück, kam auf ihrem Hintern zu sitzen und verharrte.
    Adam rührte sich nicht.
    Ein verstörtes Lachen kam über ihre Lippen, die sie sofort wieder fest zusammenkniff.
    Was geht hier vor?, fragte sie sich. Du träumst bestimmt, versuchte sie der vernunftbegabte Teil ihres Hirns zu beruhigen. Aber die Sekunden verstrichen, und Adam saß weiterhin wie eine Statue da, erwiderte ihren Blick, ohne sie jedoch wirklich anzusehen.
    Langsam richtete Lea sich auf, und Adams grüne Augen folgten ihren Bewegungen mit deutlicher Verzögerung. Während sie vorsichtig auf ihn zutrat, bemerkte sie die dunkle Spur auf dem weißen Tuch um seinen Arm, die sich stetig ausbreitete. Gebannt glitt ihr Blick zu Adams nackter Schulter hinauf, auf der ein handbreiter Bluterguss prangte. Das Schlüsselbein selbst machte einen merkwürdigen Eindruck.Verbogen ...
    »Adam?« Leas Stimme versagte.
    In diesem Moment hatte sie das Gefühl, als packe eine fremde Macht ihren Körper und schleudere ihn an das andere Ende des Raums, während sie zugleich ihren zitternden Fingern dabei zusah, wie sie sich auf Adams Gesicht zubewegten. Ihre Augen trafen sich in dem Moment, als ihre Fingerspitze seine Wange streifte.
    »Dein Gesicht ist voller Blutspritzer«, hörte sie sich mit tonloser Stimme sagen.
    Ein Traum, ein böser Traum!, schrie die Stimme in ihrem Kopf, aber der verunsicherte Unterton ließ sich nicht überspielen.
    Adams Hand gab den verletzten Unterarm frei und schob Leas ausgestreckten Finger behutsam zur Seite. Fasziniert bemerkte Lea, wie ihre Fingerkuppe dabei einen der dunklen Spritzer verwischte. Eine schwache hellrote Spur blieb zurück. Als Adam sich in einer bedächtigen Bewegung erhob, nahm sie wahr, dass seine Lippen leicht

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