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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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reagieren. Mit offenem Mund starrte sie Adam hinterher, wie er in einem Meer von Licht im Eingang des Würfelhauses verschwand. Schließlich suchte sie Megans Blick, die sie vollkommen ungeniert von oben bis unten musterte. »Wir werden, denke ich, besser den Hintereingang nehmen«, sagte Megan, und setzte dem Ganzen noch die Krone auf.
    Lea fand sich in einem großzügig geschnittenen Zimmer mit hohen Wänden wieder, das sie darüber staunen ließ, wie viel Raum dieses Setzkastenmodell von einem Haus umspannen musste. Die Wände des Zimmers waren mit einer Stofftapete bezogen, auf der weiße und goldene Ornamente prangten. Der geölte Betonboden war fast vollständig mit einem weißen Flokati bedeckt, der Megan auf ihren Stilettos einiges von ihrer zur Schau getragenen Selbstsicherheit kostete. Das Zimmer befand sich auf der Rückseite des Hauses und die verglaste Front zeigte, dass es hier neben einem perfekt getrimmten Rasen auch einen stilisierten Garten gab, dessen weiße Kieselwege ebenfalls mit Fackeln beleuchtet wurden. Noch flanierte allerdings niemand zwischen den Reihen geometrisch gestutzter Buchsbäume.
    Mitten im Raum stand eine Chaiselounge, auf der ein zitronengelbes Abendkleid mit türkisfarbener Schärpe ausgebreitet lag. Bevor Lea es sich allerdings genauer anschauen konnte, wurde sie bereits kommentarlos von Megan in das angrenzende Badezimmer gedrängt.
    Das Innere des indirekt ausgeleuchteten Raums glich einer Stahlbox. Was für eine Einrichtungshölle!, keuchten Leas überreizte Sinne. Es war eindeutig an der Zeit, das Ruder wieder in die Hand zu nehmen. »Hören Sie, Megan. Was soll das ganze Theater eigentlich? Soll ich jetzt ein Schaumbad nehmen, damit ich vor Erschöpfung einschlafe und ertrinke? Ist es das, was Sie wollen?«
    Megan fuhr konzentriert mit dem manikürten Nagel ihres Zeigefingers die Braue entlang. »Für ein Schaumbad bleibt leider keine Zeit mehr, auch wenn es Ihnen sicherlich guttun würde. Ich vermute, ein wenig Frischmachen wird reichen müssen, denn die anderen Gäste treffen gerade ein. Sie haben uns einfach zu lange warten lassen, nun muss es schnell gehen.«
    »Warten lassen?«, wiederholte Lea ungläubig. »Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was mich unten in der Lobby des Verlagshauses erwarten würde. Außerdem war heute einer von diesen Tagen, an denen ich nicht einmal dazu gekommen bin, auch nur eine Sekunde lang an Adam zu denken.«
    Abrupt hielt sie inne.
    Megan schenkte ihr einen abfälligen Blick, der wohl bedeuten sollte, dass sie sich besser als jede andere damit auskannte, was solche Tage bedeuten. Dann sagte sie unerbittlich: »Ich gebe Ihnen zehn Minuten, dann komme ich wieder rein und werde Ihnen mit dem Make¬up und dem Kleid helfen. Sie wollen doch Ihre Einführung nicht vermasseln, oder?«
    Lea fühlte sich versucht, Megan mit einer Unverschämtheit zu brüskieren und dann geradewegs dieses Würfelhaus zu verlassen. Es dürfte kein Problem sein, auf derAuffahrt ein Taxi zu finden, das sie mitnahm.Was bildete sichAdam eigentlich ein, sie einfach zu verschleppen und dann auch noch mit dieser grauenhaften Person allein zu lassen? Unwillkürlich kehrten ihre Gedanken zu dem Kleid zurück, das im Raum nebenan für sie bereitlag. Gelbe Seide, zarter als ein Blütenblatt ... Sie selbst hätte sich dieses Stück niemals ausgesucht, es wäre ihr viel zu auffällig und mondän gewesen. Ihre dunklen Haare würden diese Farbe gewiss zum Leuchten bringen. Ob Adam ihr Aussehen seiner Assistentin beschrieben hatte, damit sie ein passendes Kleid für den Abend aussuchen konnte? Diese Vorstellung ließ Lea ihre Widerspenstigkeit vergessen, und sie löste ihren Pferdeschwanz, um das Haar zu bürsten. Dabei vermied sie tunlichst den Blick auf ihr vor Aufregung gerötetes Gesicht.
    Nachdem Megan sie in einvernehmlichem Schweigen geschminkt und angekleidet hatte, stöckelte Lea auf ungewohnt hohenAbsätzen zum barockgerahmten Spiegel, wo sie mit Erstaunen ihr Spiegelbild anstarrte. Eigentlich war sie weder ein Magnet für Männeraugen, noch hatte sie sich jemals den Kopfüber Worte wie »aufregend« und »sexy« zerbrochen. Das Spiel mit der Oberfläche war ihr so fremd wie die Marke der Stilettos an ihren Füßen.
    Megans Räuspern riss sie aus ihrer Betrachtung und erinnerte sie daran, dass die Lea im Spiegel ein Geschöpf von Adams »rechter Hand« war. Ein Geschöpf, das nichts mit der vom Berufsalltag gestressten Frau gemeinsam hatte, die vor wenigen Minuten den

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