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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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schneeweißer Blüte stehende Orangenbäume standen dicht an dicht mit Drachenpalmen in Terrakottakübeln, und auf bemoosten Zweigen prangten zierliche Orchideen. Ein in den Boden eingelassener Wasserlauf mit verzweigten Armen, der von einem Messingspringbrunnen gespeist wurde, sorgte dafür, dass die Luft mit feinsten Wassertropfen angereichert war.
    Im Wintergarten hielten sich deutlich weniger Leute auf als in den beiden anderen Räumen.Außerdem herrschte eine seltsam gedämpfte Atmosphäre, die ausgelassene Musik war hier nur noch als ersticktes Pochen wahrnehmbar. Kleine, leise plaudernde Gruppen bestimmten das Bild, zwischen denen ein stetes Kommen und Gehen herrschte, so als führten sie einen Ritualtanz auf.
    Während sie sich leicht benommen von Adam führen ließ, wurde Lea mit einem Mal klar, dass all diese Leute um ein Zentrum zirkulierten. Es war das Bett, das sie von der Empore aus erspäht hatte. Zielstrebig steuerte Adam darauf zu, während die anderen Gäste es in einem Sicherheitsabstand umschwirrten, als gäbe es eine unsichtbare Grenze, die man nicht ungebeten überschritt.
    Ehe Adam diesen Bannkreis durchbrechen konnte, griff Lea nach einem weiteren Glas Champagner. Eine Mischung aus Unsicherheit und Beklemmung machte sich in ihr breit und vernichtete die letzten Spuren der Leichtigkeit, die sie an LaGregors Seite genossen hatte. Adam quittierte die Schnelligkeit, mit der sie das edle Getränk hinabstürzte, mit dem Hochziehen einer Augenbraue, enthielt sich aber eines Kommentars. Ungeduldig umschloss er ihren Ellbogen und zog sie ein paar Schritte voran.
    Eine Gruppe junger Frauen in aufsehenerregenden Kleidern zerstreute sich, als sie Adam ansichtig wurden. Lea erkannte sofort, dass das androgyne, in schwarze, hautenge Sachen gekleidete Wesen die Sonne dieses Universums war. Auf den ersten Blick erweckte es den Eindruck, lediglich ein Kind zu sein, das schon bald von den ersten Einbrüchen der Erwachsenenwelt heimgesucht werden würde. Doch die glatten, ungewöhnlich ausgewogenen Gesichtszüge spiegelten pure Macht wider, die keinen Zweifel daran aufkommen ließen, dass Vorsicht angebracht war. Der Herrscher dieses Festes döste scheinbar müßig inmitten seines Hofstaates, während seine erschreckend schmalen Finger das Fell eines Windhundes durchkämmten.
    »Männlein oder Weiblein?«, fragte Lea verwirrt.
    »Sag du es mir«, entgegnete Adam mit einem geheimnisvollen Lächeln.
    Erschrocken stellte Lea fest, dass dieser Abend die Züge eines Traums annahm, und sie war sich nicht sicher, mit welcher Art Traum sie es zu tun hatte. Auf diesen Augenblick zielte die ganze Vorbereitung des Abends also ab, hierfür hatte Adam sie auf dieses Fest gebracht und Megan sie so großartig zurechtgemacht: Sie sollte diesem unwirklichen Wesen vorgestellt werden. Die Art, wie Adam sie ins Herz des Festes geführt hatte, war perfekt inszeniert gewesen. Er hatte sie in das passende Kostüm gesteckt und ihr genug Zeit zugestanden, sich von dem mitreißenden Sog einfangen zu lassen. Nun stand der große Auftritt bevor. Ihre »Einführung«, wie Megan vor einer halben Ewigkeit gesagt hatte.
    Plötzlich verspürte sie das trotzige Bedürfnis, Adam einen Strich durch die Rechnung zu machen. Mit einer fließenden Bewegung baute sie sich vor ihm auf und überließ sich ganz dem Willen ihres Körpers, der schon seit Stunden auf sein Recht pochte, Adam nahe zu sein. Mit geschlossenen Augen blieb sie vor ihm stehen, die Arme entspannt herabhängend, während all ihre Sinne nur noch ihn umkreisten. Sie ließ sich treiben, gab sich ganz diesem Ziehen hin, das jedes Mal Besitz von ihr ergriff, wenn er sie berührte oder sein Geruch sie umfing. Allerdings widerstand sie dem unerträglichen Drang, die Hand auszustrecken und ihn zu berühren.
    Zunächst blieb Adam nur widerwillig stehen, aber schon einen Atemzug später spürte Lea, wie seine Hände fordernd um ihre Taille wanderten. Kaum hatte er sie dicht an sich herangezogen, da stellte sie sich auf die Zehenspitzen, so dass ihr Gesicht unmittelbar vor seinem war. Sein heftig ausgestoßener Atem fühlte sich auf ihren empfindsamen Wangen wie eine prickelnde Explosion an.
    Ihre Gedanken verschmolzen mit dem unterschwelligen Rhythmus der fernen Musik. Das Fest, die Gäste, das wartende Himmelbett zwischen all den Palmen und seltenen Pflanzen, all das war vergessen. Hinter ihren geschlossenen Lidern verdichtete sich ein sinnliches Bild und sendete Flammenzungen über ihre

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