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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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gemütlichen Weihnachtsabend über. Die Nüsse waren voll von der Süße des Herbstes, der Portwein leuchtete rot, der Benediktiner reif und goldfarben, der Zigarettenrauch formte sich zu wogenden Schwaden, das Feuer knisterte im Kamin, und nach einer Weile erschienen sogar Onkel Bens komische Geschichten fast erheiternd. Dann war es Zeit, schlafen zu gehen. Einer nach dem andern verschwand, um seinen kleinen nächtlichen Tod zu genießen. Alle - außer Mummi und Paps. Mummi und Paps gingen zur Mitternachtsmesse.
    Auf dem Heimweg in der ersten Stunde des Weihnachtsmorgens waren sie so schweigsam, wie es nur Menschen sein können, die sich sehr nahe sind. Es herrschte typisches Weihnachtswetter, wärmer als an Ostern und trockener als an Pfingsten. Die sanfte milde Luft streifte ihre Gesichter. Im Westen zog ein junger Mond eine zarte weiße Wolkenschleppe hinter sich her. Das Firmament tru einen Sternenschleier.
    Sie kamen nach Hause, zurück ins warme Lampenlicht und zu dem verglimmenden Kaminfeuer... «Noch ein Täßchen?» fragte Mummi.
    Im Halbdunkel tranken sie ihren Tee. «Mir kommt es nicht vor, als sei schon wieder ein Jahr vergangen», sagte er.
    «Mir auch nicht», sagte Mummi.
    Er stellte die Tasse hin. «Geh nur schon ins Bett. Ich kümmere mich noch um Gaylords Geschenkstrumpf.»
    Gaylord glaubte schon lange nicht mehr an den Weihnachtsmann. Um so mehr war er erstaunt, daß Mummi offenbar noch an ihn glaubte. Bei Paps wunderte ihn das nicht. Der glaubte alles, was man ihm erzählte, solange es ihm nur in den Kram paßte. Aber daß Mummi, die nicht einmal die einfachsten Behauptungen akzeptierte, ohne sie vorher bis ins kleinste überprüft zu haben, daß Mummi offensichtlich noch an so etwas Absurdes glaubte, war wirklich nicht zu fassen.
    Merkwürdig war dabei nur, daß, obwohl keiner mehr daran glaubte, immer noch die Geschenke kamen. Das blieb Gaylord ein Rätsel. Der Weihnachtsmann konnte es nicht sein. Die Eltern konnten es aber auch nicht sein, denn sie glaubten ja noch an den Weihnachtsmann. Indem er alle anderen Möglichkeiten, sie sorgfältig überdenkend, ausklammerte, kam er zu dem Resultat, es müsse entweder Opa oder Gott sein. Und damit gab er sich zufrieden, denn für Gaylord waren Opa und Gott ohne weiteres austauschbar. Beide waren so alt wie die Zeit, beide hatten uneingeschränkte Macht, und vor beiden mußte man sich in acht nehmen. Und glücklich in dem Bewußtsein, daß irgend jemand oder eine Gottheit ihn füllen würde, hängte er seinen Kissenbezug am Fußende seines Bettes auf.
     
    Paps holte Gaylords Geschenke aus der obersten Kommodenschublade, ging ins Kinderzimmer und stopfte sie in den Kissenbezug. Gaylord lag auf dem Bauch und gab pfeifende Töne von sich. Man hätte glauben können, sich auf dem Londoner Flughafen zu befinden. Paps kam ins eheliche Schlafzimmer zurück. «Ich frage mich, ob er wohl noch an den Weihnachtsmann glaubt», sagte er.
    «Gaylord? Bestimmt nicht. Jedesmal, wenn ich den alten Herrn erwähnt habe, habe ich gemerkt, wie er darüber nachdenkt, ob er mich aufklären soll. Bis jetzt hat er’s aber noch nicht getan. Ich glaube, er hat beschlossen, daß es klüger ist, uns in Unwissenheit zu lassen.»
    «Warum?»
    «Ich weiß nicht. Wahrscheinlich viel zu kompliziert, als daß wir es begreifen könnten.»
    Sie saß aufrecht im Bett und lächelte ihm müde zu. Er knotete sich den Schlips auf, schleuderte die Schuhe von sich, zog seine Uhr auf. Sein Entkleidungsakt hatte keinerlei System. Er trat ans Fenster, zog die Vorhänge beiseite und schaute hinaus. «Der Gottesdienst war schön», sagte er.
    «Das fand ich auch. Wenn ,du dich jetzt aber nicht beeilst, mußt du dich zum Frühstück wieder anziehen, ehe du dich zum Schlafen ausgezogen hast.»
    Aber er blickte weiter aus dem Fenster. «Merkwürdig», sagte er. «Das uralte Wunder. Es wirkt noch immer. Nicht immer. Nicht oft. Aber manchmal. Vielleicht alle zehn Jahre einmal.»
    Er öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus. Irgendwo draußen im stillen Land, oder auch nur in seiner Einbildung, wieherte ein Pferd, hörte man das Aufschlagen eines römischen Speers, den dünnen Schrei eines kleinen Kindes. Heute war Weihnachten, in England, und der Verkehr donnerte über die Autostraße, und auf dem Berkeley Square tanzten sie. Es war Weihnachten, in Bethlehem, und der Stern hing tief im Osten, und zwischen den Sternen ertönte der rauschende Klang einer Harfe. Noch lag das Kind als Kind in den Armen

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