Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)
Flipper«, sagt Sol und beginnt zu lachen. »Vor tausend Jahren hätten die Menschen das noch lustig gefunden«, fügt er hinzu, nachdem er meinen verständnislosen Blick gesehen hat. »In Wirklichkeit heißt er Seth.«
Ich lächele ihn an und kann nicht umhin sein schönes Gesicht zu bestaunen. Sol ist so unglaublich attraktiv, dass ich zu verstehen beginne, warum die meisten Auserwählten bei ihm geblieben sind.
»Wenn du bei mir bist, lasse ich ihn mit dir schwimmen, wenn du magst.«
»Ich freue mich drauf«, gebe ich ehrlich zurück und sehe zu Gaia, deren wissende Augen mich durchleuchten.
»Keks, Keks«, krächzt der Papagei auf ihrer Schulter, woraufhin die Göttin mir zuzwinkert und einfach so verschwindet.
»Hat sie … hat sie sich in Luft aufgelöst?«, frage ich verdattert.
Sol steht jetzt neben mir und legt mir eine Hand auf die Schulter. »Willkommen in meiner Welt«, lacht er laut. »Und jetzt geh deinen Badeanzug holen.«
Auf dem Weg in mein Zimmer - zumindest vermute ich, dass ich dorthin unterwegs bin, denn die Flure sehen dieses Mal ganz anders aus denke ich darüber nach, ob der Papagei Gaias Tiergeist ist. Ich bin immer noch ganz erstaunt, dass die weiße Wölfin den Namen Iria trägt und erwische mich dabei, wie ich mir wünsche, dass Nevis mich ihr vorstellt. Wenn sie sprechen kann, werde ich mich in meiner Winterwoche sicher mit ihr unterhalten können.
Als ich bekleidet mit einem roten Badeanzug und einem großen Handtuch um die Hüften wieder zurück ins Schwimmbad komme, bin ich nicht nur über dieses Haus erstaunt, sondern auch darüber, dass sich Aviv und Jesien zu Sol ins Schwimmbad gesellt haben.
»Hallo, Schönheit«, begrüßt mich Jesien und zwinkert mir mit seinen haselnussbraunen Augen zu. Er sitzt auf einer Liege und hat die Beine ausgestreckt, während sich Sol und Aviv wie zwei kleine Jungs im Wasser balgen. »Ich hoffe, es stört dich nicht, dass Aviv und ich uns dazugesellt haben.«
»Nein, nicht im Geringsten«, sage ich sofort ehrlich. »Es ist schön, euch alle so ungezwungen kennenzulernen.« Ich atme tief durch. »Kommt Nevis auch?«
»Wohl eher nicht. Nevis ist es hier viel zu warm.«
Ist es dann nicht total unfair, dass wir uns hier aufhalten, frage ich mich. Immerhin sind die anderen drei so im Vorteil.
»Abgesehen davon«, plappert Jesien weiter, »ist Nevis vom Typ her eher Einzelgänger.«
Ich setze mich auf die Liege neben Jesien und sehe in seine warmen, braunen Augen. Sie sind freundlich und heißen mich willkommen.
»Sol hat mir von seinem Tiergeist erzählt«, beginne ich. »Was ist dein Tier?«
»Eine Eule. Ihr Name ist Sowa.«
»Oh, ich liebe Eulen«, rufe ich aus, woraufhin Aviv und Sol kurz innehalten, aber schon bald wieder in ihre Wasser-Rauferei verfallen. »Ich lausche ihnen so gerne. Im Wald neben dem Orden gibt es einige Eulen.«
»Du wirst Sowa kennenlernen, wenn du nach deinem Besuch bei Sol noch Lust hast.«
»Wieso sollte ich nicht? Ich meine, ich muss doch zu euch allen eine Woche, oder?«
»Oh nein, Maya. Das hast du missverstanden.« Jesien setzt sich gerade auf und sieht mich an. »Du darfst zu jedem von uns eine Woche, aber du musst nicht.« Er grinst. »Wenn du dich schon am ersten Tag Hals über Kopf in Aviv verliebst, ist die Sache gelaufen.«
»Oh«, mehr fällt mir dazu nicht ein. »Okay.«
»Bisher sind nur zwei zu mir durchgekommen. Eine davon hat sich dann auch für mich entschieden.« Er zwinkert mir zu. »Gute Trefferquote, was?«
Ich lache. »Ja, fünfzig Prozent.« Ob überhaupt eine mit Nevis mitgegangen ist?
Nachdem ich abends geduscht habe, achte ich genau darauf, dieses Mal keine Farbe der Jahreszeiten anzuziehen. Ich stöbere durch die Kleidung, die Gaia mir zur Verfügung gestellt hat und gerate ins Schwärmen. Der Wahnsinn, woher hat sie nur so tolle Sachen? Ich entscheide mich für eine schwarze, weite Haremshose und ein rotes, enges Blusentop ohne Ärmel. Als ich mir beim Duschen den Zopf gelöst habe, sind die Blume, der Klee, die Rebe und natürlich auch der Schnee herausgefallen. Aber kaum habe ich meine Haare getrocknet, erscheinen sie wieder. Die Rebe schlängelt sich um meinen Kopf wie ein Haarreif und auf ihr sprießen die Blume und etwas Klee. Als ich mich gerade frage, wo der Schnee wohl bleibt, wächst eine weiße Schneerose aus der Rebe und wird sofort mit Frost überzogen. Auch wenn sich die Markenzeichen der Jahreszeiten jetzt einen anderen Platz gesucht haben, nehme ich trotzdem
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