Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Titel: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Wolf
Vom Netzwerk:
weshalb wir beide mehr voran stolpern als gehen. Dann jedoch bleibt Nevis plötzlich stehen und deutet in die Richtung vor uns. Ich sehe hoch und es dauert einen langen Moment, bis ich verstehe, was er mir zeigen will.
    »Eine Tanne«, sage ich erstaunt. »Nevis, eine Tanne!«
    »Ja«, antwortet er und gibt ein kleines glückliches Lachen von sich, sinkt dabei jedoch erschöpft auf die Knie. »Das Grenzgebiet.«
    Noch ungefähr ein Tagesmarsch , schießt es mir durch den Kopf, während ich mich neben Nevis hocke.
    »Haben wir es aus der Reichweite der Wächter geschafft?«, frage ich.
    »Ja, so nah kommen sie nicht an das Gebiet der Menschen.«
    Glücklich falle ich Nevis in die Arme.
    »Morgen Abend schlafen wir im Warmen«, verspricht er mir und der Gedanke hilft uns beiden auf die Beine.
    »Lass uns zu der Tanne gehen und rasten«, schlage ich vor, worauf Nevis zustimmend brummt. Mit letzter Kraft laufen wir geradewegs auf den etwas kargen Baum zu, der tapfer zwischen matschigem Schnee steht. Nevis packt die Matten aus, die wir immer als Unterlage für unsere Schlafsäcke benutzen und wir lassen uns darauf nieder. An einander und an den Stamm gelehnt, verdrücken wir beide einen weiteren Müsliriegel. Es ist mein letzter, doch Nevis reicht mir noch einen aus seinem Vorrat.
    »Und du?«, frage ich. »Hast du noch einen?«
    »Ja«, antwortet er mit merkwürdigem Unterton und ich bin mir sicher, dass es gelogen ist, aber der Hunger in mir zwingt mich das Geschenk anzunehmen und in meiner Jacke für morgen oder heute Abend fest an meinen Körper zu drücken.
    »Magst du mir etwas von den Frauen erzählen, bei denen du aufgewachsen bist?«, sagt Nevis und lehnt seinen Kopf seitlich an meinen.
    »Nun«, beginne ich, »da ist meine Mutter, die immer sehr darauf geachtet hat, dass ich überall ordentlich und freundlich aufgetreten bin. Ich war ihr Ein und Alles. Ich glaube, dass mein Vater, auch wenn ich ihn nie kennengelernt habe, ihr sehr am Herzen gelegen hat. Mama hat die gleichen roten Haare wie ich, aber sie ist vom Wesen her ganz anders. Während ich Stille genießen kann, macht sie es oftmals nervös und wenn ich in Menschenmengen am liebsten abgetaucht bin, ist sie hervorgestochen.«
    Nevis gibt ein leises Lachen von sich.
    »Und dann ist da Iria. Wir sind durch Dick und Dünn gegangen, haben zusammen unsere Ausbildung gemeistert und standen uns so nah, dass wir uns über unsere Augen unterhalten konnten.« Ich schweige einen Moment, um vorsichtig zu erfühlen, ob die Erwähnung des Namens der Wölfin etwas in Nevis berührt. Er zuckt kurz und schlingt die Arme um sich und ich entscheide mich schnell das Thema zu wechseln.
    »Neben mir hat ein Mädchen namens Mishandra gewohnt.« Beim Gedanken an sie ziehen sich meine Mundwinkel nach unten. »Göttin, die wird dich nicht in Ruhe lassen.«
    »Wie meinst du das?«, hakt Nevis nach.
    »Sie wollte schon immer in allem die Beste sein. Die Schönste, die Klügste, die, um die sich alles dreht«, erzähle ich und mahle dabei mit den Zähnen. »Was glaubst du, wie die sich geärgert hat, als deine Mutter mich auserwählte! Und jetzt schleppe ich eine der begehrten Trophäen auch noch in den Orden. Die wird sich an dich ranwerfen.« Meine Zähne gehen zum Knirschen über. »Maya Jasmine Morgentau«, beginne ich mich selbst für die besitzergreifenden und unangebrachten Gefühle zu rügen, »nicht an Mishandra denken!«
    Nevis setzt sich auf und dreht sich mir zu. Seine Augen funkeln mich hell und freundlich an. Etwas, was man bei Nevis zu selten sieht.
    »Dein voller Name ist Maya Jasmine Morgentau?«, fragt er.
    »Ja, wieso?«
    »Nichts«, nuschelt er ein wenig verträumt und legt den Kopf schief. »Das klingt einfach bezaubernd.«
    Werde ich rot?
    »Danke«, stammele ich. »Ähm, … ach ja, da ist natürlich noch Elaria. Sie ist unser Oberhaupt, … oder war es zumindest, als ich ging.« Ich sehe Nevis an und warte darauf, dass er mich über sie ausfragt, immerhin wird sie entscheiden ob wir bleiben können oder nicht, aber der Winter starrt mich immer noch an.
    »Maya?«
    »Ja?«
    »Ist das Liebe?«
    Mir fehlen die Worte.
    »Ich habe noch nie auf diese Art geliebt. Fühlt sich das so an?«
    Ich möchte ihm sagen, dass auch ich unerfahren bin, aber ein Kloß im Hals verschnürt mir die Stimme.
    »Ich liebe dich«, flüstert Nevis an meinem Gesicht und nickt dann nachdenklich. »Ja, es fühlt sich richtig an, das zu sagen.«
    Mein ganzer Körper kribbelt plötzlich

Weitere Kostenlose Bücher