Morituri - Die Todgeweihten
für einen Augenblick, doch es reichte aus, um Sten, der nicht unhöflich sein wollte, zögern zu lassen. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er einer unglaublich reizenden jungen Frau gegenüberstand, in Uniform, doch mit einer atemberaubenden Figur, mit einem Gesicht, so frisch wie die Natur selbst, mit klaren, unschuldigen Augen und dem festen, ernsten Blick, den nur ein junger Mensch aufsetzen konnte, ohne sogleich allen natürlichen Charme zu verlieren.
Cind sprach hastig, um ja alles loszuwerden, bevor Sten weiterging. »Admiral Sten, ich möchte Sie nur wissen lassen, dass dieser Moment die größte Ehre in meinem Leben bedeutet. Ich habe sämtliche Details all Ihrer Aktionen während des Jann-Konflikts intensiv studiert, und ich möchte Ihnen sagen, dass Sie mir eine große Hilfe und eine große Inspiration waren und sind.«
Sten konnte nicht an sich halten. Er musste lachen. Doch es war kein Lachen, das irgend jemanden hätte beleidigen können, schon gar nicht Cind.
»Ich danke Ihnen«, sagte er. Er meinte es wirklich so. Er wollte weitergehen. Doch Cind war noch nicht fertig.
»Falls Sie irgendwann einmal einen freien Augenblick haben sollten«, fuhr sie fort, »so wäre ich hocherfreut, wenn Sie davon ein Stückchen abzwacken könnten. Ich habe Ihnen viele Fragen zu stellen. Jeder Kämpfer würde sich gerne mit Ihnen unterhalten. Vielleicht finden Sie ein wenig Zeit für mich, auch wenn ich Sie wahrscheinlich langweilen werde.«
Dann setzte sie ihr schönstes Lächeln auf. Es war alles andere als aufdringlich. Es war eines der Lächeln, die ein ganzes Zimmer erleuchten. Man musste nicht allzu genau hinsehen, damit einem auffiel, dass es auch alle möglichen anderen Einladungen beinhaltete.
Sten hätte ein toter Mann sein müssen, um nicht mitzukriegen, dass diese junge Dame ihn für höchst attraktiv hielt und sehr gerne das Kopfkissen mit ihm geteilt hätte. Diesmal lachte er nicht. Er dankte ihr erneut und erkundigte sich nach ihrem Namen. Er versprach, dass er ihn nicht vergessen und sich sehr gerne mit ihr in Verbindung setzen würde – falls es seine Zeit erlaubte. An dieser Stelle schenkte er ihr noch ein kurzes trauriges Lächeln. Eigentlich wollte er noch hinzufügen, dass er dafür selbstverständlich nie Zeit finden würde, doch … na ja …
Erst dann setzte er seine Begrüßungsparade fort. Bis er an seinem Tisch angelangt war, hatte er sie fast vergessen – aber nicht ganz. Sie war zwar noch sehr jung und naiv, doch Sten war auch nicht aus Eis. Er fühlte sich geschmeichelt. Auf dem Weg zum Tisch kamen ihm seine Schritte ein bisschen leichter vor.
Cind sah ihm nach. Was sie betraf, war ihr Zusammentreffen hervorragend verlaufen. Sie freute sich so sehr, dass sie sich am liebsten selbst umarmt hätte. Sie fand, dass Sten aus der Nähe sogar noch attraktiver wirkte. Mission erfüllt. Einladung losgeworden. Einladung angenommen.
Jetzt lag es an ihr, dass Sten auch die Zeit dazu fand.
Sten warf sich im Schlaf hin und her, und die dünne Decke schlang sich um seine Beine. Er war wieder auf Vulcan, ein siebzehnjähriger Delinq, der sich vor den Wachmännern von Baron Thoresen verstecken musste. Sten hatte Zuflucht bei Oron gefunden, dem König der Delinqs und dem einzigen Wesen, das eine Gehirnlöschung überlebt hatte. Er war müde vom ewigen Davonlaufen. Sten spürte, wie sich ein schlanker Körper neben ihm auf die Matratze schob. Es war Bet. Auch sie war siebzehn. Nackt und wunderschön. Sie wollte ihn. Sie war so wunderschön. So zärtlich.
Er kämpfte sich keuchend aus den Tiefen des Traums empor und fand eine willige, sich windende Gestalt in seinen Armen. Was zum …? Sanft schob er die Frau von sich weg. Das war mit Sicherheit nicht Bet! Aber auch sie war sehr zärtlich. Die junge Frau stöhnte und klammerte sich wieder an ihn. Fast hätte sich Sten darauf eingelassen. Er war noch immer in dem Traum verloren, der so wirklich gewesen war, dass er kaum Widerstand aufbringen konnte.
Plötzlich dachte er: wer ist diese Frau überhaupt? Mmmm. Noch mehr Küsse und so weiter. Dann erinnerte er sich an die ernsthafte junge Dame beim Empfang. Wie hieß sie noch gleich? Cind. Großer Gott! Vorsichtig, Herr Admiral! Das ist keine Lady für eine Nacht. Wenn er mit ihr ins Bett ging, dann war er für sie verantwortlich. Mmmmm. Mehr dergleichen. Mehr Küsse. Ja, aber … Hör schon auf mit deinem ewigen »aber«, du Blödmann! Hier geht’s ernsthaft zur Sache. Wie würde es dir
Weitere Kostenlose Bücher