Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay
»Nie gehört. Hat er gesagt, was er will?«
»Er sagte nur, es sei dienstlich.«
Lennart rollte mit den Augen. »Wieso sucht er mich dann nicht in meinem Büro auf?«
»Das habe ich ihn auch gefragt«, erwiderte Silvetta kühl.
Als Lennart das Wohnzimmer betrat, drückte sich ein beleibter Mann aus dem Sessel. »Inspektor Lennart !«, sagte er mit einem gewinnenden Lächeln und streckte ihm jovial die Hand zum Gruß entgegen. »Darf ich mich vorstellen? Mein Name Anders Magnusson.«
Lennart ergriff zögerlich die Hand und musterte den Mann. Er mochte um die sechzig sein. Das dünne graue Haar umkränzte einen ansonsten kahlen, sommersprossigen Schädel. Die Wangen leuchteten rot, als litte er unter Bluthochdruck. Sein dreiteiliger Anzug war aus dunkler, fein gekämmter Wolle und saß trotz der beachtlichen Leibesfülle perfekt.
»Magnusson ?«, fragte Lennart, der sich wunderte, was der Anlass dieses seltsamen Besuches sein mochte.
»Staatssekretär Magnusson«, erwiderte der Mann, als müsste er sich für seinen Titel entschuldigen. »Ich bin Minister Norvins rechte Hand, um es einmal so auszudrücken.«
»Nehmen Sie doch wieder Platz«, sagte Lennart verwirrt, der es noch nie mit solch einem hohen Beamten zu tun, geschweige denn einen bei sich zu Hause empfangen hatte. »Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
»Ihre Frau war bereits so freundlich, mir eine Tasse Tee zu bringen«, sagte Magnusson und setzte sich wieder.
Lennart nahm im anderen freien Sessel Platz und schaute Silvetta an, die sich jetzt zu einem Lächeln zwang. »Ich bringe dir auch eine«, sagte sie. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden?«
Magnusson lächelte gütig. »Lassen Sie sich Zeit«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun, Herr Staatssekretär?«, fragte Lennart, als seine Frau das Zimmer verlassen hatte. Magnusson holte tief Luft. »Inspektor Lennart, wie gefällt Ihnen die Arbeit im Betrugsdezernat?«
Lennart blies die Backen auf und zuckte mit den Schultern. »Sie haben bestimmt meine Personalakte gelesen ...« »Das habe ich in der Tat.«
»Dann wissen Sie auch, dass die Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgte.«
Magnusson nickte. »Innendienst. Familienfreundliche Arbeitszeiten, aber ein lausiger Sold.«
Lennart musste lächeln. »Es geht. Wir kommen über die Runden.«
»Könnten Sie sich vorstellen, das Dezernat zu wechseln?«, fragte Magnusson.
»Wenn Sie meinen, ob ich wieder zurück auf die Straße will, muss ich Sie leider enttäuschen.« Doch dann kam Lennart in den Sinn, dass ihn kein Staatssekretär aufsuchenwürde, um ihn zum Streifendienst zu überreden. »Welches Dezernat?«, fragte er schnell.
»Kapitalverbrechen«, sagte Magnusson und nippte an seinem Tee, der mittlerweile kalt sein musste. »Das bedeutet: höherer Rang, doppelter Sold, eine größere Wohnung und selbstverständlich einen Dienstwagen. Die Pensionskasse, die Sie später beanspruchen können, ist auch nicht zu verachten.«
Lennart hob die Augenbrauen. »Sie wollen einen unerfahrenen Beamten zum Oberinspektor der Mordkommission machen?«
»Nein, zum Chefinspektor«, sagte Magnusson süffisant. »Entschuldigung?«, fragte Lennart, als hätte er nicht recht gehört.
Der Staatssekretär ließ lächelnd den Zeigefinger über den Rand der Teetasse gleiten. »Wir beobachten Sie schon eine ganze Weile. Sie sind gut, machen Sie mir nichts vor. Unterfordert und gelangweilt, aber brillant. Ihre Analysen sind beeindruckend.«
»Sie haben meine Berichte gelesen?«, fragte Lennart ungläubig.
»Jeden einzelnen. Sie haben mir große Freude bereitet, und glauben Sie mir, in meiner Position gibt es nicht mehr sehr viel, worüber man sich freuen kann.«
Lennart musterte sein Gegenüber misstrauisch. »Sie hätten mich auch morgen im Büro aufsuchen können.«
»Niemand soll wissen, dass ich es war, der Ihnen das Angebot unterbreitet hat«, sagte Magnusson. »Zumindest jetzt noch nicht.«
Lennart lächelte. »Ich bin wichtig für Sie, aber Sie wollen meiner neuen Stellung durch Ihre Protektion nicht unnötiges Gewicht verleihen.«
Magnusson schaute Lennart überrascht an, dann lachte er. »Mein lieber Chefinspektor – ich darf Sie doch so nennen? Sie sind ein ausgemachter Fuchs! Aber in dieser Hinsicht täuschen Sie sich, glauben Sie mir.«
»Dann gibt es nur einen Grund, warum Sie heute hier sind und mir dieses Angebot unterbreiten: Sie sind verzweifelt.«
»Richtig«, antwortete Magnusson, nun nicht mehr ganz so heiter.
»Dann erzählen Sie
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