Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
Vom Netzwerk:
gigantischen Stahlkessels. Oder eines Gefängnisses.
    »Erzähl mir, wer du bist und wo du herkommst«, forderte Henriksson sie auf.
    Das Brausen in ihrem Kopf hatte nachgelassen und sie warwieder in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. »Meine Name ist Tess und ich bin aus dem Kommunalen Waisenhaus Nr. 9 geflohen, als wir eurem Streikaufruf gefolgt sind.«
    »Oh«, machte Henriksson.
    »Dann habe ich in der Eisernen Jungfrau einen Kerl namens Bruno Kerkoff getötet, als er zudringlich wurde.«
    Henriksson musterte sie nachdenklich. Er sah weder verwundert noch schockiert aus. »Hat es Zeugen gegeben?«, fragte er nur.
    Tess nickte. »Den Wirt, Phineas Wooster.«
    Henriksson zückte ein Notizheft und einen Stift.
    »Das brauchen Sie nicht aufzuschreiben, Nora weiß Bescheid.«
    Henriksson lächelte. »Nora, richtig.« Er klappte das kleine Buch wieder zu. »Und sie hat dich zu mir geschickt.«
    »Weil ich gefährlich bin, glaube ich. Ist das der Grund, weshalb Sie mich hier eingesperrt haben?«
    Henriksson zuckte mit den Schultern. »Als wir dich in unser Versteck getragen haben, hast du dich gewehrt.«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern«, sagte Tess.
    »Aber einige meiner Leute tun das«, sagte Henriksson. »Paul Eliasson hast du die Schulter ausgekugelt, und der Kerl ist anderthalb Köpfe größer als du. Wir wussten nicht, was du tun würdest, wenn du erwachst. Es war zu unserer Sicherheit. Aber ich denke, die Vorsichtsmaßnahmen sind nicht mehr nötig. Ich glaube, dass dein ... Problem erst zum Vorschein kommt, wenn du glaubst, dich in einer bedrohlichen Situation zu befinden. Ist es so?«
    Tess nickte. Die Bestrafungsaktion im Waisenhaus und Kerkoffs Attacke konnte man getrost so bezeichnen.
    »Aber wieso halten Sie mich nicht für ein Monster?«
    Henriksson zögerte. »Weil mir schon einmal jemand wie du begegnet ist. Nora. Und sie ist einer der besten Menschen, die ich kenne. Sie hat dir vertraut, das reicht mir.«
    In Tess’ Kopf schwirrten die Gedanken. Nora war ... wie sie? Was bedeutete das? War sie etwa doch ein Eskatay, wie Phineas Wooster behauptet hatte? War es das gewesen, was Nora vor ihr verheimlichen wollte? Sie musste endlich Gewissheit haben.
    »Was hat Nora ...«, begann sie, doch Henriksson legte den Finger auf seine Lippen. Er lächelte sie an, dann schlug er die Hände auf die Oberschenkel, als gäbe es sonst nichts mehr dazu zu sagen, und stand auf.
    »Möchtest du noch liegen bleiben und dich ausruhen?«
    Tess schüttelte den Kopf und schlug die Decke beiseite. »Ich stehe auf.« Sie schaute sich um, sah aber nirgendwo ihre Sachen.
    »Deine Hose war so hinüber, dass man sie nicht mehr flicken konnte. Ich habe sie verbrannt. Aber ich denke, ich habe passenden Ersatz für dich. Komm mit.«
    Er ging vor und kletterte durch die Luke. Tess schlüpfte barfuß in ihre Stiefel und folgte ihm, nur mit einer langen Unterhose und einem Unterhemd bekleidet. Sie stiegen eine steile Treppe hinauf zur Maschinenetage einer alten Fabrik, die aussah, als hätte man sie erst vor kurzer Zeit aufgegeben.
    »Das war einmal eine Weberei«, sagte Henriksson. »Kinderwie du haben hier gearbeitet, um die Webstühle sauber zu halten. Wohlgemerkt: bei vollem Betrieb. Unfälle waren an der Tagesordnung, viele Kinder wurden dabei schwer verletzt oder sogar getötet.«
    Tess schauderte. »Ist sie deswegen geschlossen worden?«
    »Wo denkst du hin.« Henriksson lachte. »Nein, die Energiepreise wurden zu hoch, die Ware ließ sich trotz der billigen Arbeitskräfte nicht mehr gewinnbringend verkaufen. Mittlerweile gibt es Dampfmaschinen, die schneller und gewinnbringender arbeiten als Menschen.«
    Er öffnete einen Spind und warf ihr eine Hose zu. »Hier, probier die mal.«
    Tess hielt sie sich vor. Von der Länge passte sie, nur der Bund war ein wenig zu weit, aber mit einem Gürtel würde es gehen.
    »Und wo ist sie nun, die Armee der Morgenröte? Ich sehe hier niemanden«, sagte sie, als sie in die Hose schlüpfte. »Die Armee ist zu Hause«, sagte Henriksson.
    »Zu Hause? Ich dachte, dies hier wäre ihr Hauptquartier!«
    »Wir haben kein Hauptquartier mehr, seit die Regierung die Arbeitervereine verboten hat. Deswegen sind wir in den Untergrund gegangen.« Henriksson hatte einen Pullover aus einem Kleiderstapel gezogen und warf ihn ihr zu.
    »Die Armee versteckt sich in der Kanalisation?« Tess verstand nun überhaupt nichts mehr.
    »Unfug! Natürlich nicht! Wir alle sind ganz normale Menschen mit ganz

Weitere Kostenlose Bücher