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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Lennart konnte den Blick nicht von den Opfern des Kampfes wenden.
    »Da lang«, bellte ihn ein Soldat an und versetzte ihm mit dem Gewehrkolben einen Schlag in den Rücken. Er zeigte auf den Treppenabgang, der in den Keller des Westflügels führte. Die Tür wurde rüde aufgestoßen. Mit Tritten und weiteren Hieben trieb man die drei Männer durch einen engen Korridor zu einer geöffneten Zelle.
    »Rein mit euch!«, schrie der Soldat und ließ den Gewehrkolben erneut niedersausen, diesmal auf Halldor, wobei er dem Wargebruder eine Platzwunde am Hinterkopf zufügte. Doch Halldor blieb aufrecht stehen und ließ sich nichts anmerken, als hätte er den Schmerz noch nicht einmal wahrgenommen. Sie wurden in die Zelle gestoßen, dann fiel die Tür ins Schloss und wurde verriegelt. Die schweren Schritte der Wachen entfernten sich.
    In der plötzlichen Stille ließ sich Elverum schwer auf die einzige Pritsche fallen. Halldor Schartess fasste sich an den Hinterkopf und betrachtete seine blutige Hand. Hagen Lennart drehte den Eimer um, der für die tägliche Notdurft bestimmt war, und benutzte ihn als Hocker. Nur der Wargebruder blieb stehen.
    So schwiegen sie sich an wie Menschen, denen das gemeinsame Ziel abhandengekommen war.
    Die Zelle war nicht groß. Sie war sogar kleiner als die im Staatsgefängnis, in die man Lennart eingesperrt hatte, nachdem man ihn ohne Papiere, dafür aber mit einer Polizeiwaffe aufgegriffen hatte. Lennart hatte alle Brücken zu seinem bisherigen Leben abgebrochen, um seine beiden Kinder aus den Händen der Eskatay zu befreien. Zu diesem Zweck hatte er seine Seele an die Wargebrüder verkauft: Um seinen Eintritt in die Bande zu besiegeln, hatte er auf ihren Befehl sogar einen Mord begangen. Danach war es ihm gelungen, seinem Freund und ehemaligen Kollegen Stieg Elverum klarzumachen, dass der Staat sich in ein unmoralisches Monstrum verwandelt hatte, das man mit allen Mitteln bekämpfen musste. Selbst wenn man sich zu diesem Zweck mit seinem schlimmsten Feind verbünden musste.
    Elverum saß noch immer auf der Pritsche, das Gesicht kalkweiß. Er hatte mit ansehen müssen, wie seine Freunde und Kameraden von Soldaten erschossen worden waren. Von Männern, die wie er den Staat hätten schützen sollen und nun den Befehlen eines Mannes gehorchten, der Morland in den sicheren Untergang führte.
    Die Beobachtungsluke öffnete sich mit einem Quietschen und zwei Augen spähten in das Innere der Zelle. »An die Wand mit euch!«, rief eine Stimme. Dann wurde die Tür geöffnet.
    Der junge Bursche mit dem verkrüppelten Bein, der Lennart schon im Hof aufgefallen war, humpelte unter den argwöhnischen Blicken der Wache in die Zelle und stellte einen Krug mit Wasser und einen Laib Brot auf den wackeligen Tisch. Ohne den Blick zu heben, ging er wieder hinaus. Die Tür wurde zugeworfen, der Riegel vorgeschoben.
    Halldor nahm das Brot und brach es in drei Teile. »Wir müssen essen«, sagte er. Lennart und Elverum griffen nach ihren Stücken. Das Brot war hart und das Mehl, aus dem es gebacken war, schien mit etwas gestreckt, das sich im Mund wie Sägemehl anfühlte und genauso schmeckte.
    »Dieser Fraß wird uns nicht lange bei Kräften halten«, sagte Elverum.
    »Deshalb brauchen wir auch so schnell wie möglich einen Fluchtplan«, sagte Halldor. »Und einen Fluchthelfer.«
    Lennart nahm einen Schluck Wasser, um das widerlich schmeckende Brot herunterzuspülen. »Der Bursche«, sagte er und wischte sich den Mund ab. »Der Bursche, der uns das Essen gebracht hat. Er sieht so aus, als wäre er auch ein Gefangener.«
    »Einer, der sich immerhin freier als wir bewegen kann«, sagte Halldor.
    »Also nehmen wir Kontakt mit ihm auf«, sagte Lennart.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte Halldor. »Er wird den ersten Schritt machen.«
    »Wie kommen Sie darauf?«, fragte Elverum.
    »Das sagt mir meine Erfahrung. Ich habe schon oft mit Jungen wie ihm zu tun gehabt, wenn sie unserer Bruderschaft beitreten wollten. Er gehört zu einer ganz bestimmten Sorte Mensch. Man hat versucht, ihn zu brechen, und jetzt will er sich rächen. Es gibt viele wie ihn. Sie werden verprügelt und getreten. Keiner sieht sie als Menschen.«
    »Aber die Wargebrüder tun das?«, fragte Elverum.
    »Ja«, sagte Halldor, als hätte er die beißende Ironie in Elverums Stimme nicht gehört. »Wir geben Kerlen wie ihm die Gelegenheit, die Dinge wieder geradezurücken.« Er sah Elverum in die Augen. »Für euch sind Menschen wie er verloren. Dafür

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