Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier
Gärtner zu spielen.
Guselka, der auf dem Beifahrersitz des Moskwitsch saß, drehte sich zu uns um. »Wir haben die Anlage nach dem Vorfall räumen lassen und alle Türen versiegelt.«
»Es sieht ein wenig gespenstisch aus«, sagte Nora.
»Selbst bei Sonnenschein«, sagte Guselka. »Warten Sie erst einmal ab, wie es drinnen aussieht. Wir haben die Speicherringe heruntergefahren und die Stromversorgung abgestellt.«
»Haben Sie Angst, dass da unten noch etwas geschehen könnte?«, fragte ich.
Guselka lachte. »Nein, ich habe Angst vor der Rechnung! Wissen Sie, wie hoch der tägliche Verbrauch war?«
»Natürlich«, sagte ich. »Allendorf hat mich als seinen Stellvertreter zur Einweihung des Kraftwerks geschickt, das man speziell für uns gebaut hatte.«
»Was macht Allendorf eigentlich jetzt?«, fragte Nora.
»Er wurde wie die meisten Wissenschaftler zur Fusionsanlage nach Akademgorodok versetzt«, sagte Guselka.
»Klingt nach Verbannung«, meinte ich.
»Nur weil es in Sibirien liegt?« Guselka winkte ab. »Allendorf hat sich keines Vergehens schuldig gemacht.«
»Dumm ist nur, dass er in Staatsgeheimnisse eingeweiht ist und somit einer eingeschränkten Reisefreiheit unterliegt«, sagte Nora zynisch.
Guselka ging auf die Bemerkung nicht ein, sondern wies den Fahrer an, vor dem Haupteingang zu halten. Wir stiegen aus.
Wir hatten sechs Kontrollposten passiert, während über uns zwei Kampfhubschrauber kreisten. Den Zaun, der die Forschungsanlage umgab, hatte man um fünf Meter erhöht und mit Panzersperren verstärkt. Mich wunderte, wie einsam und verlassen dieser Ort auf einmal trotz all des Militärs wirkte.
Die Rezeption in der Eingangshalle war jetzt nicht von einem jungen Mädchen, sondern einem hochdekorierten Elitesoldaten besetzt, der bei unserem Anblick aufsprang, die Hacken zusammenschlug und salutierte. Guselka erwiderte den Gruß mit einer lässigen Bewegung und steuerte ein Regal an. Er händigte uns Stirnlampen aus, wie ich sie auch benutzte, wenn ich im Winter nach Feierabend eine Runde durch den Wald lief.
»Wir werden das Treppenhaus nehmen«, sagte Guselka.
»Richtig, der Strom ist abgeschaltet«, erwiderte ich und zog an meinem Kopf das Gummiband der Lampe fest. Nora war schon zu der schweren Stahltür gegangen, hinter der die Feuertreppe lag, die zur Ebene des Tunnels hinabführte. Dort befand sich auch die Spurendriftkammer.
Der Abstieg dauerte eine Viertelstunde. Niemand begegnete uns im Treppenhaus und dennoch hörten wir unter uns Geräusche.
»Das sind die Wachmannschaften«, sagte Guselka. Seine Stimme hallte von den Betonwänden wider.
Im Tiefgeschoss erwartete man uns bereits. Ich fragte mich, wie man mit den Soldaten hier unten kommunizierte, bis mir das Kabel auffiel, das am Treppengeländer befestigt war. Offensichtlich benutzten sie alte Feldtelefone.
»Möchten Sie Schutzanzüge anziehen?«, fragte Guselka.
Ich schüttelte den Kopf. »Die würden uns nichts nützen.«
»Sagen Sie das nicht. Wir haben die Leichen noch nicht bergen können.«
»Oh Gott«, murmelte Nora.
»Dann werden wir Ihr Angebot wohl annehmen«, sagte ich.
»Das dachte ich mir«, antwortete Guselka. »Sie können sich in dem Versorgungsraum dahinten umziehen.«
Zwei Soldaten halfen uns beim Anlegen der schweren Atemgeräte. Als wir in die Anzüge stiegen, hielt Nora inne. »Wie sollen wir mit Ihnen kommunizieren? Haben Sie Funkgeräte?«
»Es tut mir leid, aber wenn Sie diesen Gang hinuntergehen, sind Sie auf sich allein gestellt«, sagte Guselka.
»Und wie wollen Sie dann wissen, dass wir das Richtige tun?«, fragte ich.
»Nun, ich schätze, ich muss Ihnen vertrauen«, sagte Guselka und lächelte schief. »So wie Sie mir vertrauen müssen. Wir sitzen im selben Boot.«
Ich setzte die Atemmaske auf, nickte und machte dem Soldaten ein Zeichen, den Anzug zu versiegeln. Dann machten wir uns auf den Weg. Wir hatten die Stirnleuchten gegen zwei starke Halogenhandlampen eingetauscht. Ihr Licht war kalt und hell. Nora sagte etwas, aber ich verstand sie nicht.
»Du musst lauter reden!«
»Ich sagte, ich habe ein ziemlich ungutes Gefühl«, wiederholte sie.
»Ja«, sagte ich. »Wer hätte das nicht.«
»Ich glaube, wir spielen hier gerade die nützlichen Idioten. Sollte die Sache schiefgehen, ist die Rote Armee uns los.«
»Aber warum sollte Guselka unseren Tod wollen?«, fragte ich.
»Er hat Angst vor uns. Für ihn sind wir unberechenbar.«
»Was? Nur weil ich durch Wände gehen
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