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Morpheus #2

Morpheus #2

Titel: Morpheus #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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hatten sie beide jedes längere Gespräch vermieden. Keiner von ihnen wollte an die Lüge erinnert werden, die sie verband. Ein Frischling – sein Frischling – hatte eine simple Fahrzeugkontrolle verbockt, doch sie wussten beide, dass diese Tatsache einen Schuldigen nicht unschuldig machte.
    Sie erwartete, dass er etwas sagen würde, dass er von ihr eine Antwort oder eine Erklärung verlangte für die Angst, die sie offensichtlich teilten. Doch er schwieg, ihr sorgenvoller Blick bestätigte ihm, dass auch sie keine Antwort hatte.
    «Es tut mir Leid», sagte sie nach einer Weile.
    Mehr konnte sie nicht sagen.
    Er wirkte enttäuscht, dass er keine tröstenden Worte, sondern nur seine eigenen Ängste bestätigt gefunden hatte. Abwesend nickte er. «Mir auch», sagte er resigniert. Dann ging er nachdenklich davon.
    In dem Zehnercode, der von vielen Polizeirevie-ren zum Verschlüsseln der Funknachrichten benutzt wurde, stand «10-7» für «außer Dienst». Wenn ein Beamter seine Dienstnummer und die 10-7 funkte, teilte er der Zentrale mit, dass er seine Schicht beendete und Feierabend machte. Auf dem Podium stand jetzt Bobby Dees, der Polizeichef des City of Miami Police Department, und betätigte mit gesenktem Kopf die Lautsprecheranlage, während im Hintergrund die blau uniformierten Polizeibeamten sa-lutierten. Aus den Lautsprechern knisterte es, und dann war blechern die Stimme von Sonny Lindeman zu hören. Sie wurde zur selben Zeit auf allen Polizeifrequenzen des Landes gesendet.
    «Miami, hier ist 1720.»
    «1720?», antwortete die Zentrale monoton.
    «Ich gehe jetzt nach Hause, 10-7.»
    «1720, wiederhole, 10-7, sieben Uhr.» «Ich wünsch einen ruhigen Morgen, Miami.» Dann klickte es, und Sonny Lindeman hatte seine letzte Schicht beendet.

ACHTUNDZWANZIG

    «Beim Miami P.D. gibt es eine undichte Stelle.
    Heute Morgen haben Gracker und seine Jungs sich Roberto Valle vorgeknöpft», verkündete Dominick, als Manny zur Tür hereinkam. Es war noch nicht mal zehn, und schon hatten die Mitglieder der Task-Force, die sich am Konferenztisch versammelt hatten, wütende Gesichter. Die angesetzte Lagebe-sprechung hatte sich zum Kriegsrat entwickelt.
    «Hoffentlich bringst du uns auch was mit», sagte Jimmy Fulton mit Blick auf Mannys Plastikbecher mit kubanischem Kaffee. Manny hatte die ersten zwei Tage bei der Task-Force dazu genutzt, sich die mürrische Sekretärin der Korruptionsabteilung gefügig zu machen. Jetzt brühte sie ihm jeden Morgen eine eigene Kanne mit Café Cubano auf.
    «Das kann nicht dein Ernst sein», stöhnte Manny, als er die Neuigkeit hörte. «Und was dich angeht», er trank seinen Kaffee mit einem Zug aus,
    «jeder ist sich selbst der Nächste. Aber vergiß nicht, Martas Frisur zu loben, sonst kommst du nicht weit bei ihr.» Er schlenderte durch den Raum und setzte sich neben Fulton ans andere Ende des Konferenztischs. Dann öffnete er das Fenster neben dem
    «Rauchen verboten»-Schild und zündete sich eine Zigarette an. «Wann ist das passiert?»
    «Die undichte Stelle oder der Plausch mit Valle?», fragte Marlon Dorsett.
    «Beides.»
    «Miami hat schon geleckt wie ein Sieb, bevor Lindemans Leiche kalt war», sagte Dominick. «Zwei Tage nach seinem Tod wusste die Presse, dass er auf der schwarzen Liste stand. Valles Name war eigentlich tabu. Nur ein paar Auserwählte wussten, dass sein Name gefallen war, und jeder ist persönlich ermahnt worden, dichtzuhalten. Valle ist ein heikles Thema.»
    «Will wohl keiner von seiner Weihnachtsliste gestrichen werden», spottete Manny. Auch wenn Roberto Valle seit Jahren verdächtigt wurde, in seinen vielen Nachtclubs und Hotels Geldwäsche zu betreiben, wurden alle Vorwürfe unter den Teppich gekehrt, sobald irgendeine Klinik für eine neue Krebsstation Sponsoren brauchte. Doch seine Schecks gingen nicht nur an Krankenhäuser. Sogar die Logenbruderschaft der Polizei hatte mit Valles Spende einen Stipendienfonds eingerichtet. «Zumindest, solange er nicht offiziell verurteilt ist.»
    «Da hat wohl jemand nicht richtig zugehört», stöhnte Ted Nicholsby, der sich den Spitznamen Grimmy nicht ohne Grund verdient hatte.
    «Auf der Beerdigung scheinen sich ein paar Zungen gelöst zu haben», fuhr Dominick fort. «Elijah Jacksons Ankläger versucht seit Jahren, über das FBI eine Stelle in der Bundesstaatsanwaltschaft zu bekommen.» Bei der Bundesstaatsanwaltschaft verdiente man erheblich mehr Geld als in den Län-dern – zum allgemeinen Zorn für geringere

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