Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morpheus #2

Morpheus #2

Titel: Morpheus #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
Vom Netzwerk:
Ihnen», sagte der Richter.
    «Ich habe bereits alles beisammen, Herr Richter», sagte Mann. «Ich lasse der Staatsanwaltschaft Kopien zukommen. Es sind ungefähr vier Kartons.»
    «Schön, dass sich alle so prima verstehen. Was Ihre Zeugen angeht, Ms. Townsend», fuhr der Richter leiser fort, «haben wir ein Problem, fürchte ich.
    Officer Chavez ist nicht mehr unter uns. Das Gleiche gilt für Officer Ribero, wobei ich nicht weiß, ob seine Aussage für unsere Anhörung von Bedeutung ist.» Er dachte kurz nach. Dann, als hätte er eine Entscheidung getroffen, schloss er: «Warten wir ab, was uns Lourdes Rubio zu sagen hat. Chavez’ pro-tokollierte Aussage reicht dann vielleicht schon.» Er wandte sich an Janine. «Beschaffen Sie mir Durch-schriften von Officer Chavez’ Aussagen sowohl aus dem Prozess als auch aus dem Klage-Abweisungsantrag. Und legen Sie die Termine fest.
    Ich möchte auch Riberos Aussagen für die Anhö-

    rung. Und die Vollzugsanstalt… Janine, ordnen Sie an, dass die Vollzugsanstalt den Angeklagten in der Woche hier runterschickt. Er ist im Todestrakt, also rufen Sie den Direktor in Raiford an, und lassen Sie alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen treffen. Wir werden ihn eine Weile hier behalten, also informieren Sie bitte auch das Distriktsgefängnis, falls sie dort besondere Vorkehrungen treffen müssen.» Er schwieg einen Moment, dann sagte er: «Bantling führt sich zuweilen ungehörig auf. Ich hatte damals schon Probleme mit ihm, und die Vollzugsanstalt auch. Manchmal rastet er aus. Das lassen wir dieses Mal nicht zu. Wir werden vorbereitet sein.»
    Er nickte in die Runde, als wäre dies ein guter Zeitpunkt, die Sitzung aufzulösen, damit er zu seiner Verabredung kam. Dann fiel sein Blick auf den Herald unter Neil Manns Aktentasche.
    «Ach, da ist noch eine Sache», sagte er und kniff warnend die Augen zusammen. «Ich habe die Zeitung heute auch gelesen. Es gehen schon wieder Gerüchte um, und ich verhandle Fälle nicht nach Gerüchten. Ich will, dass das aufhört. Es wird nichts mehr durchsickern, keine Spekulationen, keine Informationen. Sie alle tragen von jetzt an einen Maulkorb, verstanden? Wenn die Presse ein Problem damit hat, und das wird sie, dann soll sie sich an die dafür vorgesehenen Kanäle wenden. Aber ich werde nicht wieder zulassen, was letztes Mal in meinem Gerichtssaal los war. Die haben sich nahe-zu mit Kameras und Mikrophonen von den Kron-leuchtern geschwungen. Sogar auf dem Parkplatz haben sie mir aufgelauert», rief er aufgebracht und schüttelte den Kopf, als versuchte er, das unange-

    nehme Bild loszuwerden. «Haben wir uns verstanden?»
    «Ja», murmelten die Anwesenden einstimmig. C.
    J. stand kurz nach Neil Mann auf, der praktisch aus dem Zimmer hüpfte. Er konnte es kaum abwarten, das Handy herauszuholen, und ließ dabei fast die Akten fallen. Sie sah ihm nach und dachte daran, mit wem er in wenigen Minuten sprechen würde.
    Dann packte sie ihre Akten und den Karton mit den Präzedenzfällen ein, den sie nicht einmal geöffnet hatte, und stapelte alles auf dem Wagen. Sie war wie betäubt. Alles war anders gekommen als gedacht, und sie hatte nur wenige Tage, um sich auf die neue Situation vorzubereiten. In ihrem Magen brannte es wie Salzsäure.
    Jetzt waren nur noch sie und der Richter im Raum, nachdem Janine wieder an ihrem Schreibtisch im Vorzimmer saß, der Gerichtsschreiber in einen anderen Saal gerufen worden war und Neil Mann mit seiner Frau oder Sekretärin telefonierte, um sich aufzuplustern, bevor er im Staatsgefängnis anrief.
    «Schönen Tag noch, Herr Richter», sagte sie, als sie den Wagen aus dem Büro schob.
    «Die Sache kann interessant werden, Ms. Townsend», murmelte Richter Chaskel mit gerunzelter Stirn, während er den Talar über den Stuhl hängte und seine Windjacke überzog. C. J. blieb in der Tür stehen. «Zu interessant, fürchte ich. Sehen Sie zu, dass Ihre Rechstabteilung Gewehr bei Fuß steht.
    Es könnte ziemlich brenzlig für Sie werden. Nur so als Tipp.»
    Dann ging er ohne ein weiteres Wort an ihr vor-

    bei und marschierte den leeren Gang hinunter zu seinem Mittagessen.

SECHSUNDFÜNFZIG

    Zwischen Stapeln von juristischen Abhandlungen und Kisten mit Aktenmaterial saß C. J. an ihrem Küchentisch und starrte die Buchstaben an, die sie gerade gelesen hatte. Aus den endlosen handschriftlichen Seiten in Lourdes’ kaum leserlicher Klaue sprangen ihr die Worte regelrecht ins Gesicht:

    Chloe, Larson? Bayside, NY, 1988, Rock Hill

Weitere Kostenlose Bücher