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Morphin

Morphin

Titel: Morphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Szczepan Twardoch
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Iga. «Bitte, nein.»
    «Du hast gesagt, mit niemandem sei es so gut gewesen wie mit mir, damals, im Sommerlager. Am See.»
    «Das ist lange her.»
    «Zwei Monate.»
    «Das Sommerlager ist lange her. Und die zwei Monate noch länger.»
    «Hast du damals gelogen?»
    Sie schweigt einen Augenblick. «Nein.»
    «Vorher, bevor du in Kobryń warst, gab es da andere, außer mir und Jacek?», frage ich dumm.
    «Nein.»
    «Willst du mich jetzt?», frage ich weiter, noch dümmer.
    «Nein», flüstert sie.
    Stößt mich aber nicht von sich.
    Ich küsse sie. Sie erwidert den Kuss nicht, verschließt aber auch die Lippen nicht, lässt sich küssen. Sie muss den ekelhaften Gestank ausdünstenden Alkohols ertragen, sie selbst stinkt auch danach, aber mich stört das nicht.
    «Tu das nicht, Konstanty, bitte», sagt sie, als meine Hände durch das Kleid ihren Hintern und ihre Brüste berühren.
    «Nein», sagt Iga. «Nein.»
    Sie flüstert ihr «nein» wie ein Mantra, eine Beschwörung. Ich trage sie ins Schlafzimmer, lege sie behutsam aufs Bett und beginne, das Kleid aufzuknöpfen.
    «Nein», bittet Iga. «Bitte, nein …»
    Ich küsse sie. Sie legt mir die Arme um den Hals, erwidert den Kuss. Ich küsse weiter, Gesicht, Ohr, Hals, Schlüsselbein und die Brüste, die ich entblöße.
    «Das werde ich dir nie verzeihen, du Hund. Du selbst wirst es dir nicht verzeihen», flüstert sie.
    Ich küsse ihre Brüste, den Bauch, ihre Hände in meinem Haar. Ich knöpfe meine Hose auf.
    «Ich hasse dich, Konstanty», flüstert sie.
    Meine Lippen kehren zu ihrem Mund zurück, doch sie wendet den Kopf zur Seite. Schließt die Augen.
    «Ich hasse dich», weint sie. Und stöhnt, stöhnt vor Lust. «Ich hasse dich, du Dreckskerl …»
    Es klopft an der Tür.
    In mir platzt etwas, zerbricht, als drücke jemand meinen Magen zusammen wie eine Fischblase und er zerplatze mit einem leisen Knall. Ich springe vom Bett auf, verheddere mich in der eilig hochgezogenen und zugeknöpfen Hose, laufe zur Tür. Das Klopfen hört nicht auf, ich öffne auf Kettenweite.
    Jacek, grau, gebrochen, zerlumpt, die eingefallenen Wangen von einem Vieltagebart bedeckt.
    «Ist sie bei dir?», fragt er.
    «Nein», lüge ich.
    Wie idiotisch du lügst. Sie kann doch ohne weiteres bei dir sein, wenn du ihm langsam öffnen würdest, könnte Iga sich in Ruhe zurechtmachen. Aber lieber hast du gelogen.
    Warum? Um diesen kleinen Triumph über Jacek zu erringen, ihm zu zeigen, dass er nicht nur deine gebrauchten Frauen aufsammelt, Kostek, sondern dass du sie dir auch jederzeit wieder zurücknehmen kannst. In der ganzen Serie der Niederlagen wenigstens ein kleiner Sieg, wenn auch über einen wehrlosen Menschen, der dir so nahesteht?
    Das wird er dir nie verzeihen, Kostek. Anders als ich: Ich habe dir gleich verziehen.
    «Iga!», schreit Jacek. Und dann gleich zu mir:
    «Lass mich rein!»
    Als wüsste er etwas, als ahnte er, was hier gespielt wird!
    Er weiß es doch, Kostek. Er weiß es.
    «Ich weiß, dass sie hier ist!», winselt Jacek.
    Ich öffne. Zwischen den unverschlossenen Knöpfen des Hosenschlitzes steht ein Hemdsaum heraus. Man sieht, dass ich mich hastig angezogen habe. Jacek stürzt nicht mit dem Schritt des wütenden Ehemannes herein, er ist kein Bulle, der die untreue Ehefrau und ihren Freier bestrafen will. Jacek ist ein zerknüllter Fetzen Mensch, er lässt sich in die Wohnung wehen wie ein Blatt vom Wind, weich, leise, fast raschelnd.
    Er geht geradewegs ins Schlafzimmer, ich folge ihm. Iga auf dem Bett, hat sich zugedeckt, nicht einmal versucht, sich anzuziehen, alles zu vertuschen.
    «Warum hast du ihn reingelassen?», fragt sie.
    Weil er mein Freund ist, liegt mir auf der Zunge, aber ich bezwinge mich.
    «Igus, meine Liebe …», weint Jacek, sinkt am Kopfende auf die Knie, bettet sein schweres Haupt neben ihrem Kopf auf das Kissen.
    Iga dreht sich von ihm weg, wickelt sich die Decke um den Kopf.
    «Lasst mich in Ruhe …», grummelt sie unter der Decke.
    Ich nehme Jacek mit in die Küche, er sitzt hilflos am Tisch.
    «Hast du mit ihr geschlafen?», fragt er.
    «Nein», antworte ich wahrheitsgemäß.
    «Das glaube ich nicht.»
    Ich zucke mit den Schultern. Jacek schweigt, die Hände auf der Tischplatte gefaltet, die Stirn auf diese Hände gestützt.
    «Nimm sie mit nach Hause, Jacek. Und reiß dich zusammen.»
    «So hab ich nicht zu dir gesprochen, als du um Morphin gebettelt hast.»
    «Ich weiß», sage ich.
    «Ich hasse dich, Kostek. Ich würde gern in der

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