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Morphin

Morphin

Titel: Morphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Szczepan Twardoch
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hört das Geräusch eines von Czerniaków kommenden Autos, und gleich darauf fährt ein militärisch gestrichener Wanderer mit graubraunen Flecken vorbei, die Scheinwerfer zu schmalen Kreisen verengt, Verdunkelung.
    Kostuś tut, was ich ihm sage.
    Wink ihnen, Kostuś. Er winkt. Sie werden nicht langsamer. Tritt ihnen in den Weg. Er tut das. Sie halten an. Wir mustern sie durch die Scheibe: zwei Deutsche in Uniform, aber keine Wehrmacht, keine Adler auf der Brust. Irgendeine Polizei, geheime oder ordentliche Polizei oder sonstige SS . Kostuś tut, was ich ihm sage.
    Er klopft an die Scheibe. Das wundgeschlagene Gesicht in der Dunkelheit verborgen, unter dem Hutrand.
    «Was?», sagt der Deutsche verächtlich, der die Scheibe fünf Zentimeter nach unten kurbelt.
    «Bringt mich jetzt in die Lesznostraße, aber schnell», sagt Kostuś in seinem fehlerfreien Deutsch, mit leicht wienerischer Note, denn der Wiener Akzent galt in der Familie des Vaters als der vollkommenste, die Gouvernante für den Sprössling der morganatischen Verbindung wurde deshalb aus Wien geholt. Dennoch hat er große Angst: denn seine Papiere sind immer noch polnische. Ein Reserveoffizier, der sich nicht hat registrieren lassen. Waffe in der Tasche. Sie könnten doch mindestens nach einem Ausweis fragen, und wenn sie sehen, dass er Pole ist, erschießen sie ihn auf der Stelle, da hilft nichts.
    Kostuś traut mir nicht. Oder traut er mir doch, wenn er trotz seiner Angst tut, was ich sage?
    Die Deutschen im Auto schauen sich an. Unteroffiziere, gewohnt, in entschiedenem und selbstsicheren Ton Befehle zu bekommen. Der Mann ist gut gekleidet, redet Deutsch wie ein Wiener, ist selbstsicher wie ein, sagen wir, mindestens wie ein Oberst.
    Der junge Blonde auf dem Beifahrersitz steigt aus, quetscht sich auf den Rücksitz, der Fahrer weist Konstanty den Platz neben sich.
    «Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung, aber wer sind Sie überhaupt?», fragt der Deutsche am Lenkrad, fragt klugerweise so, dass Konstanty sich schon beruhigt, denn so fragt man nicht, wenn man wirklich die Identität eines zufälligen Mitreisenden bezweifelt. Sondern eher, wenn man sich gegen den Vorwurf der eigenen Naivität versichern will. Die Frage einer Wache, die den besuchenden General nach der Losung fragt, nicht weil sie ihn nicht erkennen würde, sondern weil sie vor dem höheren Offizier mit seinem Diensteifer glänzen will.
    Und Kostuś, mein Kostuś tut wieder, was ich ihm sage. Er sieht den Fahrer mit eisiger Miene an, nur aus dem Augenwinkel, richtet den Blick gleich wieder auf die Straße und wirft ihm hin: «Das ist Staatsgeheimnis!»
    Er löst den Blick nicht mehr von der Windschutzscheibe, stattdessen zieht er eine Zigarette aus der Tasche, natürlich ohne um Erlaubnis zu fragen. Sie haben nicht den Mut, sich nach seinem zerschlagenen Gesicht zu erkundigen. Vielleicht haben sie es in der Dunkelheit auch nicht bemerkt. Der Blonde gibt ihm schon eilig Feuer, der Fahrer zerrt am Schaltknüppel, sie fahren.
    Und ich kann es nicht glauben. Dabei sehe ich mit eigenen Augen, was passiert, verstehe den Mechanismus. Ich kann nicht glauben, dass ich solche Bravour gezeigt habe.
    Wo habe ich auf einmal diesen Mut in mir gefunden, mein Leben in die Waagschale zu werfen, die Pistole in der Tasche, ein Henkersgang.
    Nicht aus mir selbst kommt dieser Mut, sondern von außen.
    Wir fahren.
    Die Deutschen kennen Warschau nicht, deshalb gebe ich kurze Weisungen, hier abbiegen, jetzt da, Jerozolimskie, Żelazna, Leszno, da ist das Gericht, die Nummer sechzig. Wir fahren schweigend, im Zigarettenrauch.
    Ich lasse für einen Augenblick anhalten, sondiere das Mietshaus durchs Fenster. Die Deutschen warten geduldig. Vier Stockwerke, im Parterre eine Konditorei, die ich nicht kenne, in der gerichtliche Niederlagen bestimmt mit Kaffee und Kuchen versüßt, Erfolge mit Cognac begossen wurden. In einigen Fenstern brennt Licht, Strom haben sie also.
    Ich lasse weiterfahren, wir kommen an der Solna vorbei, und erst dort lasse ich anhalten, vor dem Kino Femina. Grußlos steige ich aus, schlage die Tür zu, winke gebieterisch: Los, los!
    Sie fahren weg. Vor dem Krieg war ich auf der Eröffnung des Femina in dem neuen, modernistischen Mietshaus gewesen, und jetzt?
    Da stehe ich in der Lesznostraße mit der Pistole in der Tasche und einem Herz in der Brust, das fast aufgehört hat zu schlagen, und Därmen, die zusammengequetscht und zu einem Knoten verschlungen sind.
    Und was jetzt, wenn ich schon

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