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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Elinor.
    Schwester Hopkins’ Gesicht hellte sich auf.
    »Dann geh ich geschwind und setze den Kessel auf. Milch ist wohl keine da, wie?«
    »Doch, ich habe eine Flasche gebracht.«
    »Nun, dann ist ja alles in Ordnung.«
    Schwester Hopkins eilte hinaus.
    Eine seltsame Spannung schlich sich in den Raum. Elinor versuchte mit offensichtlicher Anstrengung, Konversation zu machen. Ihre Lippen waren trocken, sie fuhr sich mit der Zunge darüber.
    »Ihre Arbeit in London gefällt Ihnen?«
    »Ja, danke. Ich – ich bin Ihnen sehr dankbar – «
    Ein plötzlicher, rauer Ton brach von Elinors Lippen – ein so unschönes Lachen, ihr so unähnlich, dass Mary sie erstaunt ansah.
    »Sie brauchen nicht so dankbar zu sein!«
    Mary murmelte etwas verlegen:
    »Ich meinte – das heißt – «
    Sie hielt inne.
    Elinor starrte sie an – mit einem so forschenden, ja seltsamen Blick, dass Mary darunter zusammenzuckte.
    »Ist – ist etwas nicht in Ordnung?«
    Elinor stand rasch auf.
    »Was sollte nicht in Ordnung sein?«
    »Sie – schauten – «
    »Hab ich Sie angestarrt? Entschuldigen Sie! Das tue ich manchmal – wenn ich an etwas anderes denke.«
    Da schaute Schwester Hopkins zur Tür herein und bemerkte fröhlich: »Ich habe den Kessel aufgesetzt«, und ging wieder.
    Schweigen senkte sich eine Weile zwischen die beiden.
    Dann sagte Mary, während sich ihr Gesicht rötete:
    »Miss Elinor, Sie dürfen nicht denken – «
    Sie hielt inne, gewarnt durch Elinors plötzliches Emporrecken ihrer schlanken Gestalt, den stolz erhobenen Kopf. Als sie sprach, war ihre Stimme kalt und stählern.
    »Was darf ich nicht denken?«
    »Ich – ich habe vergessen, was ich sagen wollte.«
    Schwester Hopkins kam mit einem Tablett herein, auf dem eine braune Teekanne, Milch und drei Tassen standen.
    Ohne die gespannte Atmosphäre zu bemerken, sagte sie: »So, hier ist der Tee!« Sie stellte eine Tasse vor Elinor hin, doch die schüttelte den Kopf:
    »Ich mag nicht, danke.«
    Sie schob das Tablett Mary zu, die zwei Tassen eingoss. Schwester Hopkins seufzte zufrieden.
    »Er ist gut und stark.«
    Genießerisch leerte sie die Tasse, stellte sie dann nieder und sagte:
    »Ich drehe nur eben das Gas ab; ich hatte noch einen Kessel draufgestellt für den Fall, dass wir nachfüllen müssten.«
    Geschäftig eilte sie hinaus.
    Wieder senkte sich Schweigen über den Raum.
    Mary dachte: Wie seltsam heute alles ist! Als ob – als ob wir auf etwas warten würden.
    Endlich rührte sich Elinor, sie kam vom Fenster, nahm das Tablett hoch und stellte den leeren Sandwich-Teller darauf.
    Mary sprang auf.
    »Ach, Miss Elinor, lassen Sie mich!«
    Doch Elinor sagte nur kurz:
    »Nein, bleiben Sie hier; ich mache das schon.«
    Sie trug das Tablett aus dem Zimmer. Dabei schaute sie noch einmal über die Schulter auf Mary Gerrard am Fenster, jung und lebendig und schön…
    Schwester Hopkins war im Anrichteraum. Sie wischte sich eben das Gesicht mit einem Taschentuch ab und blickte rasch auf, als Elinor eintrat.
    »Mein Himmel, hier ist es vielleicht heiß!«
    Elinor antwortete mechanisch:
    »Ja, die Anrichte geht nach Süden.«
    Schwester Hopkins nahm ihr das Tablett ab.
    »Lassen Sie mich abwaschen, Miss Carlisle. Sie sehen nicht besonders gut aus.«
    »Ach, mir fehlt nichts.«
    Sie nahm ein Geschirrtuch.
    »Ich werde abtrocknen.«
    Schwester Hopkins legte ihre Manschetten ab und goss heißes Wasser aus dem Kessel in die Abwaschschüssel. Elinor bemerkte mit einem Blick auf das Handgelenk der anderen:
    »Sie haben sich gestochen.«
    Schwester Hopkins lachte.
    »An der Kletterrose am Pförtnerhaus – ein Dorn.«
    Die Kletterrose am Pförtnerhaus… Erinnerungen überfluteten Elinor. Wie sie und Roddy stritten – der Krieg der Rosen. Wie sie und Roddy stritten – und sich versöhnten! Schöne, lachende, glückliche Tage. Wohin war sie geraten? Welch schwarzer Abgrund von Hass – von bösen Gedanken… Sie wankte ein wenig. Sie dachte: Ich bin wahnsinnig gewesen – völlig wahnsinnig.
    Schwester Hopkins starrte sie neugierig an.
     
    »Direkt sonderbar kam sie mir vor…«, erzählte Schwester Hopkins später. »Redete, als wisse sie nicht, was sie sage, mit seltsam glänzenden Augen.«
    Die Untertassen und Tassen waren schon in der Schüssel. Elinor nahm ein leeres Fischpastenglas vom Tisch und steckte es dazu.
    »Ich habe oben übrigens einige Kleider ausgemustert, Sachen von Tante Laura. Ich dachte, Schwester, Sie könnten mir vielleicht sagen, wem im Dorf sie von Nutzen

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