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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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stützenden Arm, und tschüß! Nein, mein Freund, nicht mit dem alten Byron. Wie hast du es geschafft, aus dem Pechsee zu entkommen? Hast du die Chroner bestochen, oder war das eben nicht der erste, den du auf dem Gewissen hast? Bist du vielleicht der, den Kreuzbeißer sucht?«
    »Verschwinden Sie!«
    »Falls der beschädigte Zyklop den nächsten Chronerposten noch erreicht, wird er Meldung machen. Und darin wird er mich zweifellos als deinen Komplizen anschwärzen. Du bist mir was schuldig, Kamerad! Wenn sie dann noch dahinterkommen, wer ich bin, und meine Akten einsehen … Sie werden uns in den kochenden Blutstrom werfen!«
    Ich lachte auf. »Verschonen Sie mich bitte mit diesem Inferno-Quatsch.«
    »Dort bewachen Minotauren mit Pfeil und Bogen die Ufer und treiben jeden zurück, der es wagt, sich dem Land zu nähern«, schwafelte der Kostümierte.
    »Minotauren …«
    »Ja, Minotauren!« Er boxte mit beiden Händen gegen die Hörner an seinem Helm. »Ein verdammt griesgrämiges Völkchen!«
    Ich sah meinen zudringlichen Begleiter an. »Wollen Sie allen Ernstes behaupten, irgendwo in dieser Stadt gäbe es einen See aus kochendem Blut?«
    »Ob es richtiges Blut ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich ist es synthetisches Blut, das alle Voraussetzungen von genuinem Blut erfüllt – wie das Pech, aus dem du kommst.«
    »Das Pech, aus dem ich komme, war echt.«
    »Ha!«, triumphierte der Redner. »Das war ein Geständnis!«
    Geschrei und Radau wurden hinter uns laut, begleitet von einem anschwellenden Glöckchengeklingel, das sich anhörte wie das Bimmeln einer ganzen Kavalkade von Nikolausschlitten.
    »Oh, was habe ich gesagt«, begann der Kostümierte zu jammern. »Das sind mindestens ein halbes Dutzend.« Seine Augen hinter den Sehschlitzen der Maske blitzen vorwurfsvoll. »Du hättest eben besser zielen sollen, Kamerad. Jetzt sitzen wir beide gewaltig in der Scheiße.«
    »Ich bin nicht Ihr Kamerad!« Ich lauschte den Schellen, während ich meine Schritte beschleunigte. »Was ist das?«
    »Die Chroner, du Pfeife, was sonst. Die Schellen sorgen dafür, dass man ihnen Platz macht. Sie suchen dich!«
    »Uns«, verbesserte ich ihn.
    Von irgendwo her über der Stadt drang ein tiefer, langsam ansteigender Ton zu uns herab, der den Kerl in der Pharaonenrüstung veranlasste, trotz der uns verfolgenden Chroner für einen Atemzug zu verharren. »Teufel auch!«, entfuhr es ihm. Er blickte sich nervös um.
    »Ein Zeppelin«, erklärte ich. »Sie müssen ihn aus dem Nachbarsektor hierher beordert haben, als Luftunterstützung …«
    »Das ist kein Zeppelin!« Der Kostümierte begann eine Kaskade derber Flüche auszustoßen und hüpfte beim Laufen auf und ab, um über die Köpfe der Menschen blicken zu können. Das unheimliche Surren wurde beständig lauter, und an den Gesichtern der Menschen erkannte ich, dass tatsächlich etwas Außergewöhnliches vor sich ging. Die Büßer begannen sich beim Rennen zu ducken und die Köpfe einzuziehen, als wüssten sie, dass jeden Moment Feuer vom Himmel regnen würde. In ihre apathischen Blicke trat Angst.
    »Jetzt sind wir am Arsch!«, kommentierte der Redner das Geschehen. Er starrte in die Wolken, fast so, als versuchte er festzustellen, woher das markerschütternde Geräusch auf uns zukam. Linker Hand tauchte ein Haus auf, das nur aus Neonreklamen zu bestehen schien. Neben unzähligen arabischen Schriftzügen entdeckte ich das Wort ›PEEKABOO‹ auf der flimmernden Fassade. Außer einem in die Tiefe führenden Eingang wies das Gebäude keinerlei Öffnungen auf. Es sah aus, als wäre es nur gebaut worden, um Leuchtreklamen zu präsentieren.
    »Dort hinein!«, wies der Kostümierte mich an und rannte mit Riesensätzen voraus. »In den Krypten sind wir vor ihnen sicher. Drinnen lässt sich’s auch wieder viel besser atmen.«
    »Warum sucht dann sonst niemand Zuflucht in der Passage?«
    »Weil niemand so blöd ist, freiwillig die Katakomben zu betreten!«
    Wir boxten uns den Weg durch die Menge, schubsten und drängten die Leiber beiseite, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob einer von ihnen stürzte. Das tiefe Surren ließ mittlerweile den Boden vibrieren und verursachte einen unangenehmen Druck auf dem Trommelfell. Von den Schellen der Chroner war nichts mehr zu hören, innerhalb von Sekunden übertönte das Brummen alle Geräusche der Stadt. Als sich der Straßenzug schließlich zu verfinstern begann, konnte ich nicht anders, als emporzublicken.
    Über die Häuserschlucht wanderte

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