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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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besudeltes Dekor eine Selbstverständlichkeit wäre. Auf meinem Zimmer angekommen, fand ich meine Reisetasche fertig gepackt vor. Das Bett war frisch bezogen, die Fenster zum Lüften geöffnet. Ich legte die blutigen Klamotten in den Wäschekorb, duschte und kleidete mich neu an. Als ich aus dem Badezimmer kam, war der Wäschekorb leer. Verwundert starrte ich ihn an. Dann nahm ich mein Gepäck und ging zur Rezeption, um mich abzumelden.
    »Die Rechnung für Ihren Aufenthalt wurde bereits beglichen«, informierte mich der Portier.
    »Was?« Ich war sprachlos. »Von wem?«
    »Betrachten Sie es als ein Geschenk des Himmels, Mister Krispin«, lächelte der Livrierte. »Ich wünsche Ihnen eine angenehme Heimreise.«
    Ich zuckte die Achseln, verabschiedete mich und verließ verwirrt das Hotel.
    »Da sind Sie ja endlich«, begrüßte mich Archon mit laufendem Motor. »Ich gesagt: fünfzehn Minuten, nicht dreißig. Mein Terminplan erlaubt keine Verspätungen.«
    »Entschuldigen Sie, Mr … Archon – ist das eigentlich Ihr Vorname oder Ihr Familienname?«
    »Ist Familienname. Steigen Sie ein!«
    »Ich musste noch duschen, und …«
    »Ja, ja, schon gut, steigen Sie schon ein«, drängte der Fahrer. »Wir haben kurz nach zehn. Straßen in Kairo nicht so leer wie in schottische Kleinstadt.«
    Ich verstaute mein Gepäck im Kofferraum, zwängte mich auf den Rücksitz und kam erneut ins Grübeln. Woher wusste der Kerl, wo ich zu Hause war? »Haben Sie meine Rechnung bezahlt?«
    »Ich?«, schnappte Archon. »Sehe ich aus, als wäre ich Ölscheich? Nein, Mister Krispin, ich nicht gezahlt. Festhalten!«
    Zum Glück hatte mich der Fahrer gewarnt, bevor er Gas gab. Ich schaffte es gerade noch, mich an Tür und Lehne abzustützen, ehe er aus der Parklücke in den Verkehr einscherte wie ein gebrannter Eber.
    Der Kairoer Straßenverkehr war ein Albtraum. Verkehrsregeln galten nicht, jeder fuhr, wie er wollte. Das Hupkonzert wurde keine Sekunde unterbrochen, und Fahrspuren existierten nur in der Theorie. Menschenmengen überquerten willkürlich die Straßen, während die Autos rasant an ihnen vorbeisteuerten. Sämtliche Fußgänger benutzten die Fahrbahnen und ließen sich von keinem Auto vertreiben. Zwar gab es Bürgersteige, aber diese waren für die gewaltigen Menschenmassen viel zu eng. Als wir den Flughafen erreichten, war ich sicher, vor Aufregung fünf Pfund abgenommen zu haben.
    Beim Betreten der Empfangshalle fand ich vor jedem Schalter eine Schlange von Menschen, die darauf warteten, ein Visum ausgestellt zu bekommen. Ich überlegte, ging dann direkt auf den Passkontrollschalter zu, wedelte mit meinem Flugticket und übergab dem Beamten meine Papiere. Mit gleichgültiger Miene fing der Mann an, den Pass durchzublättern. Plötzlich hob er den Kopf, und ein Lächeln verklärte sein Gesicht.
    »Hat Ihnen Kairo gefallen?«
    »Aber ja.«
    Er gab mir die Papiere zurück, trat zur Seite und sagte: »Flugsteig vier. Per nefer, Mister Krispin, und leben Sie wohl.«
     
    Das Flugzeug war fast leer, und ich war dankbar für ein paar Stunden der Ruhe. Ich ließ mich an einem von vierzig freien Fensterplätzen nieder, beobachtete das Starten und Landen der Maschinen und ärgerte mich ein wenig darüber, den Umweg über Istanbul nehmen zu müssen. Zwar hätte ich die Möglichkeit gehabt, mit einer größeren Maschine direkt nach Bukarest zu fliegen, was wesentlich schneller und vor allem preiswerter gewesen wäre, aber ich traute weder den ägyptischen noch den türkischen Fluggesellschaften. Höhenangst und Flugangst sind Blutsschwestern, vermaledeit und absolut inkompatibel mit moderner Zivilisation. Hier in diesem kleinen britischen Jet fühlte ich mich wesentlich sicherer als in einem Passagierflugzeug der regionalen Airlines.
    Gedankenversunken klappte ich eine Installation aus der Rückwand meines Vordersitzes, von der ich annahm, es handele sich um einen kleinen Videomonitor, auf dem man während des Fluges eine anspruchslose Auswahl von Spielfilmen anschauen konnte. Stattdessen sah ich verdutzt auf einen Oszillographen, über den in ungesund langsamen Abständen eine schwache, giftgrün leuchtende Pulskurve wanderte. Minutenlang verfolgte ich das einschläfernd wirkende Herzsignal, dann schob ich den Monitor langsam wieder in die Rücklehne und betrachtete meine Handflächen. Sie zitterten und glänzten vor Schweiß.
    Eine Stewardess lief mit einem Getränketablett durch den Korridor zur Cockpittür, klopfte an und trat ein. Für

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