Mortal Kiss Wem gehört dein Herz?
»Du solltest verschwinden. Mr Koskay mag keine Fremden.«
»Das wissen wir schon«, sagte Finn und trat vor ihn. »Ihr Begrüßungskomitee hat uns vorhin willkommen geheißen. Ihnen ist doch klar, wovon ich spreche? Von Ihren hässlichen Wächtern.«
Faye drehte sich zu Finn um und drückte ihm die Hände auf die Brust, damit er sich beruhigte.
Jeffs Blick verdüsterte sich. »Begrüßungskomitee? Wächter? Was redest du da?«
Finn war noch immer zornig und wollte schon antworten, doch Faye unterbrach ihn. »Lassen Sie es gut sein. Sie wollten gerade etwas über Mr Koskay sagen … ?«
»Koskay?«, wiederholte Jeff. »Der ist nur an Silber und der Mine interessiert. Kommt eigentlich nur hier raus, wenn er ins Bergwerk will . « Er drehte sich um und wies mit unsicherer Hand auf den hinter der Stadt aufragenden Berg. »Ihm gehört der ganze Ort, wisst ihr. Das ist seine Stadt. Wenn ich also sage, ihr solltet weiterziehen, dann nur zu eurem Besten. Warum auch bleiben? Hier ist nichts mehr.«
»Aber übernachten dürfen wir hier doch, oder?«, fragte Faye, ehe Finn etwas sagen konnte. »Wir machen Ihnen auch keine Umstände. Versprochen. Es ist spät. Bitte?«
Jeff musterte sie missmutig und nickte dann. »Wenn’s sein muss. Es gibt einen Schuppen. Nicht gerade toll, aber leer. Doch morgen solltet ihr weiterziehen, Faye McCarron. Hier ist sonst nichts, wisst ihr … «
Jeff drehte sich um und schlurfte langsam davon. Faye sah Finn an, und der zuckte mit den Achseln. Der alte Bergmann war ihre einzige Spur. Gemeinsam folgten sie ihm in die Dunkelheit.
KAPITEL 16
Die seltsame Karawane
J eff führte sie zu dem Gebäude, das er Schuppen genannt hatte und das für Finn kaum mehr als ein provisorischer Anbau war. Die Tür schloss nicht richtig, und die Löcher im Dach waren groß genug, um die Sterne zu sehen. Es war nur ein Raum mit einem Ofen in der einen Ecke und einem Bett in der anderen.
Nicht, dass das wichtig gewesen wäre. Finn hatte nicht vor, sich schlafen zu legen.
»Wir müssen uns umsehen«, sagte er zu Faye gewandt, als Jeff wieder gegangen war. »Etwas kommt mir hier grundverkehrt vor.«
Faye nickte. »Ob das Silber dir zusetzt? Wir müssen davon umgeben sein, so nah, wie wir der Mine sind.«
Finn schüttelte den Kopf. »Nein, es ist etwas anderes. Außer Jeff haben wir bisher niemanden gesehen, aber ich weiß, dass hier noch andere sind. Viele. Ich spüre sie.«
Es schauderte Faye. »Mir gefällt es hier nicht.«
»Mir auch nicht.« Er sah sie etwas in ihrer Hand betrachten. »Was ist das?«
Sie runzelte die Stirn. »Jeff hat das fallen gelassen. Es ist nur ein Stück Papier.« Sie glättete es im schwachen Licht. »Ich wollte es ihm zurückgeben, aber ich glaube, es ist nur Abfall. Ich … « Sie verstummte.
»Was?«, fragte Finn. »Was ist?«
Mit schreckgeweiteten Augen sah Faye zu ihm hoch und hielt ihm den zerknitterten Zettel mit zittrigen Fingern hin. Er schien aus einem Notizbuch gerupft, wobei ein Satz entzweigerissen war. Stirnrunzelnd las Finn: … und selbst die Nacht ist warm … Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, das bedeutet gar nichts.«
»Weißt du nicht, was das ist?«
»Sollte ich? Mir kommt das wie Gekritzel vor.«
Faye schnappte sich den Fetzen. » Der Sommer ist da «, zitierte sie. » Der Sommer ist endlich da. Es ist Zeit. Wir haben so lange gewartet, und selbst die Nacht ist warm, nun, da der Winter vorbei ist. «
Finn schüttelte verwirrt den Kopf. »Was?«
»Das ist ein Songtext von Lucas!« Faye hielt ihm den Zettel vor die Nase. »Der ist aus seinem Notizbuch!«
»Nein«, gab Finn zurück. »Das kann nicht sein.«
»Es ist aber so. Diesen Song hat er wieder und wieder gespielt und versucht, ihn richtig hinzukriegen. Das ist von Lucas, Finn. Er ist hier .«
*
Finn sah sie an und zweifelte weiter. Er erkannte die Worte nicht. Es konnte bloßer Zufall sein, dass sie so in einem Song von Lucas vorkamen. Er verstand noch immer nicht, was sein Bruder mit alldem zu tun haben sollte. Aber falls er wirklich hier irgendwo war …
»Komm«, sagte er. »Im Dunkeln ist es sicherer. Die Gang kümmert sich um diese Kreaturen und sucht nach Arbequina, Harris und Johnson. Sie schicken einen Boten, wenn sie mich brauchen. Du und ich, wir sollten versuchen herauszufinden, was hier vor sich geht.«
Sie schlüpften aus der Tür und ließen sie mit quietschenden rostigen Angeln zufallen. Finn ging zwischen den Holzbauten voraus. Bald begriff er, dass es unmöglich
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