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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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Zeit
vor so vielen Jahren versunken, und ich bohrte nicht weiter. »Wahnsinn kommt
nicht von heute auf morgen«, sagte sie schließlich. »Es klingt so simpel:
>Das hat sie in den Wahnsinn getrieben< - aber so ist es nicht. Es kam
ganz allmählich. Zuerst hat sie sich zurückgezogen. Aber sie schien sich zu
erholen, sprach davon, wieder nach London zu gehen, klang allerdings nicht sehr
entschlossen, und sie hat es auch nie getan. Dann hat sie aufgehört zu
schreiben, und da habe ich begriffen, dass etwas Zartes, etwas Wertvolles in
ihr zerbrochen war. Eines Tages hat sie alles aus dem Fenster des Dachzimmers
geworfen. Alles: Bücher, Manuskripte, einen Schreibtisch, selbst die Matratze
...« Ihre Stimme erstarb, und sie bewegte nur noch die Lippen zu den Worten,
die sie lieber nicht aussprechen wollte. Mit einem Seufzer fügte sie hinzu:
»Die Blätter segelten überall herum, den Hügel hinunter, in den See, wie
Herbstlaub. Wo das alles geblieben sein mag?«
    Ich
schüttelte den Kopf. Es musste schrecklich gewesen sein mitzuerleben, wie die
geliebte Schwester in geistiger Umnachtung versank, vor allem für jemanden wie
Saffy, die laut Marilyn Bird für Juniper fast so etwas wie eine zweite Mutter
gewesen war.
    »Die
kaputten Möbel haben wir zu einem Haufen gestapelt und auf dem Gras stehen
lassen. Wir haben es einfach nicht übers Herz gebracht, sie wieder
hochzutragen, und Juniper wollte es auch nicht. Von da an hat sie ständig im
Dachzimmer neben dem Schrank mit der verborgenen Tür gehockt, überzeugt,
dahinter Stimmen zu hören. Sie glaubte, dass die Stimmen sie riefen, dabei
waren sie natürlich nur in ihrem Kopf. Die Ärmste. Als der Arzt davon erfuhr,
wollte er sie in eine ... Anstalt ...« Das schreckliche Wort kam ihr nur mit
Mühe über die Lippen, und sie schaute mich flehend an, als suchte sie in meinen
Augen nach Anzeichen desselben Entsetzens, das sie empfand. Sie begann, ihr
weißes Taschentuch mit dem Handballen zu kneten, und ich legte ihr sanft eine
Hand auf den Unterarm.
    »Es tut
mir so leid«, sagte ich.
    Sie
zitterte vor Wut und vor Verzweiflung. »Wir wollten nichts davon hören; ich wollte
kein Wort davon hören. Ich hätte es niemals zugelassen, dass man sie mir
wegnahm. Percy hat mit dem Arzt geredet und ihm erklärt, dass so etwas auf
Schloss Milderhurst nicht infrage kommt, dass die Familie Blythe sich selbst um
ihre Lieben kümmert. Schließlich erklärte er sich einverstanden — Percy kann
sehr überzeugend sein —, aber er bestand darauf, Juniper ein stärkeres
Medikament zu verschreiben.« Sie presste die lackierten Fingernägel gegen die
Beine, wie eine Katze, um die Spannung abzubauen, und jetzt entdeckte ich etwas
in ihren Zügen, das mir bisher entgangen war. Sie war zwar die sanftere der
Zwillingsschwestern, diejenige, die sich unterwarf, aber sie war gewiss nicht
schwach. Sobald es um Juniper ging, wenn sie um ihre geliebte kleine Schwester
kämpfen musste, war Saffy Blythe stark wie eine Löwin. Die nächsten Worte kamen
wie unter Hochdruck heraus, als hätte sich ein Ventil geöffnet. »Wäre sie doch
bloß nie nach London gegangen! Und hätte sie doch nie diesen Mann
kennengelernt! Nichts bedaure ich in meinem Leben mehr, als dass sie weggegangen
ist. Das hat alles zerstört. Danach war nichts mehr wie vorher, für keine von
uns.«
    Und da
begann ich langsam zu ahnen, worauf sie mit ihrer Geschichte hinauswollte,
warum sie glaubte, es würde helfen, wenn sie mir Percys Schroffheit erklärte; der
Abend, an dem Thomas Cavill nicht erschienen war, hatte das Leben von allen
dreien verändert. »Percy«, sagte ich, und Saffy nickte nur. »Percy war auch
anders danach?«
    Aus dem
Flur war ein Geräusch zu hören, der entschlossene Schritt, das unverwechselbare
Pochen von Percys Gehstock; als hätte sie ihren Namen gehört, als ahnte sie,
dass man sich über sie unterhielt.
    Saffy
stützte sich auf der Sofalehne ab, um aufzustehen. »Edith ist gerade gekommen«,
sagte sie hastig, als Percy in der Tür erschien. Sie zeigte mit der Hand, die
das Taschentuch hielt, in meine Richtung. »Ich habe ihr von dem armen Bruno
erzählt.«
    Percy
schaute erst mich an, die ich noch auf dem Sofa saß, dann Saffy, die direkt
neben mir stand.
    »Hast du
den jungen Mann erreicht?«, fragte Saffy mit leicht zitternder Stimme.
    Ein
knappes Nicken. »Er ist unterwegs. Ich werde ihn an der Haustür empfangen und
ihm sagen, wo er suchen soll.«
    »Ja«,
sagte Saffy, »das ist gut. Sehr gut.«
    »Und

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