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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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Blumenmuster
ein, die ich im Familienarchiv gefunden hatte, insbesondere die, die
beschriftet war mit »Hochzeit mit Matthew de Courcy«. Junipers tragische Liebesgeschichte
war mir bekannt, aber ich wusste kaum etwas über Saffys und Percys Liebesleben.
Schließlich waren sie ja auch einmal jung und vermutlich sinnlich gewesen und
hatten beides geopfert, um sich der Betreuung ihrer kleinen Schwester widmen
zu können. »Sie haben neulich erwähnt, dass Sie mal verlobt waren.«
    »Mit einem
Mann namens Matthew. Wir haben uns ineinander verliebt, als wir noch sehr jung
waren. Sechzehn.« Die Erinnerung entlockte ihr ein Lächeln. »Wir wollten
heiraten, sobald wir einundzwanzig wären.«
    »Darf ich
fragen, was passiert ist?«
    »Aber
natürlich.« Sie machte sich daran, das Bettzeug ordentlich zu richten. »Es ist
nicht dazu gekommen, er hat eine andere geheiratet.«
    »Das tut
mir leid.«
    »Das
braucht es nicht. Es ist sehr lange her. Außerdem sind beide schon seit Jahren
tot.« Vielleicht war es ihr unangenehm, dass das Gespräch eine selbstmitleidige
Wendung genommen hatte, denn sie fuhr mit einem Scherz fort: »Wahrscheinlich
war es ein Glück, dass meine Schwester so freundlich war, mich zu so einem
günstigen Preis weiter im Schloss wohnen zu lassen.«
    »Ich kann
mir nicht vorstellen, dass Percy irgendetwas dagegen gehabt hätte«, erwiderte
ich lächelnd.
    »Vielleicht
nicht, aber ich meinte eigentlich Juniper.«
    »Ich
fürchte, ich ... ?«
    Saffy
blinzelte mich überrascht an. »Nun ja, das Schloss gehört ihr, wussten Sie das
nicht? Wir hatten ganz selbstverständlich angenommen, dass Percy alles erben
würde, aber unser Vater hat sein Testament in letzter Minute geändert.«
    »Aber
warum?« Ich hatte nur laut gedacht und rechnete nicht damit, dass sie die Frage
beantworten würde, aber Saffy fuhr ganz selbstverständlich fort.
    »Mein
Vater war regelrecht besessen von der Überzeugung, dass kreative Frauen sich
unmöglich weiter ihrer Kunst widmen können, wenn sie sich mit Ehe und Kindern
belasten. Seit Juniper ein derart vielversprechendes Talent an den Tag legte,
trieb ihn die Angst um, sie könnte heiraten und ihr Talent vergeuden. Deswegen
hat er sie hier festgehalten, sie durfte weder zur Schule gehen noch andere
Menschen kennenlernen, und schließlich hat er sogar sein Testament geändert und
ihr das Schloss vererbt. Um sie davor zu bewahren, dass sie sich ihren
Lebensunterhalt verdienen oder einen Mann heiraten musste, der sie ernährte.
Aber das war eine große Ungerechtigkeit gegenüber Percy. Es war immer
selbstverständlich gewesen, dass sie das Schloss erben würde. Sie vergöttert
dieses Haus wie andere Leute einen geliebten Menschen.« Sie klopfte abschließend
noch einmal die Kissen zurecht und nahm die Lampe wieder vom Nachttisch.
»Insofern ist es wohl ein Glück, dass Juniper nicht geheiratet
hat und nicht ausgezogen ist.«
    Ich
verstand den Zusammenhang nicht. »Aber wäre Juniper in diesem Fall nicht froh
gewesen, eine Schwester zu haben, die das alte Haus so sehr liebte, dass sie
hier leben wollte und sich um alles kümmerte?«
    Saffy
lächelte. »So einfach war es nicht. Unser Vater konnte grausam sein, wenn es
darum ging, seinen Willen durchzusetzen. Er hat eine Bedingung mit dem
Testament verknüpft. Sollte Juniper heiraten, würde sie ihre Rechte verlieren
und das Schloss würde stattdessen in den Besitz der katholischen Kirche
übergehen.«
    »Der
Kirche?«
    »Unser
Vater litt unter schrecklichen Schuldgefühlen ...«
    Und nach
meinem Gespräch mit Percy wusste ich inzwischen auch, warum. »Wenn Juniper und
Thomas geheiratet hätten, wäre das Haus verloren gewesen.«
    »Ja«,
antwortete sie, »das ist richtig. Die arme Percy hätte das nicht ertragen.« Sie
fröstelte. »Es tut mir leid, dass es hier so kalt ist. Daran denkt man gar
nicht. Wir benutzen dieses Zimmer ja nicht mehr. In diesem Flügel des Hauses
gibt es leider keine Heizung, aber unten im Schrank liegen noch zusätzliche
Decken.«
    Ein
gewaltiger Blitz erhellte den Himmel, gefolgt von einem Donnerschlag. Das
schwache elektrische Licht flackerte, dann ging es aus. Gleichzeitig hoben
Saffy und ich unsere Petroleumlampen, wie Marionetten, die vom selben Band
gezogen werden. Wir betrachteten die erloschene Glühbirne.
    »Oje«,
sagte sie, »Stromausfall. Zum Glück haben wir die Lampen mitgenommen.« Sie
zögerte. »Glauben Sie, Sie kommen zurecht?«
    »Ganz
bestimmt.«
    »Also
gut«, sagte sie lächelnd. »Dann

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