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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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bestraft; die Herausforderung bestand also
darin, Hunde zu züchten, die einerseits gute Jäger waren, andererseits keine
eindeutige Rassemerkmale aufwiesen. Er gehört meiner Schwester Juniper. Schon
als kleines Mädchen war sie in Tiere vernarrt; und sie schienen sie auch zu
mögen. Wir haben schon immer einen Hund für sie gehalten, erst recht seit ihrem
Nervenzusammenbruch. Es heißt, jeder braucht etwas, das er lieben kann.«
    Als wüsste
er, dass wir über ihn redeten, verzog Bruno sich. Dann war das schwache
Rascheln wieder zu hören, wurde jedoch übertönt, als in der Nähe ein Telefon
klingelte.
    Percy
stand ganz still und lauschte wie jemand, der darauf wartet, dass jemand anders
den Hörer abnimmt.
    Aber es
klingelte immer weiter, bis der letzte Ton in trostloser Stille verklang.
    »Kommen
Sie«, sagte Percy, und ihr knapper Tonfall verriet Anspannung. »Wir nehmen eine
Abkürzung.«
     
    In dem
Flur war es nicht dunkler als in den anderen; im Gegenteil, jetzt, wo wir den
Keller verlassen hatten, fielen einige Streifen Licht auf die Steinfliesen. Wir
hatten zwei Drittel des Wegs zurückgelegt, als das Telefon erneut klingelte.
    Diesmal
wartete Percy nicht. »Tut mir leid«, sagte sie nervös. »Ich verstehe nicht, wo
Saffy ist. Ich erwarte einen wichtigen Anruf. Würden Sie mich bitte einen
Moment entschuldigen? Es dauert nicht lange.«
    »Selbstverständlich.«
    Sie
verschwand mit einem Nicken, bog am Ende des Flurs ab und ließ mich allein
zurück.
    Was als
Nächstes geschah, daran war die Tür schuld. Die Tür auf der anderen Seite des
Flurs. Ich liebe Türen. Ohne Ausnahme. Türen führen irgendwohin, und es hat
noch keine gegeben, die ich nicht hätte öffnen wollen. Wenn diese Tür
jedenfalls nicht so alt und schön gewesen wäre, so entschieden verschlossen,
wenn nicht ein Lichtstrahl derart verlockend genau auf das Schlüsselloch
gefallen wäre, hätte ich ihr vielleicht widerstehen können; hätte Däumchen
gedreht und gewartet, bis Percy zurückkäme. Aber ich konnte nichts dagegen
tun, ich war machtlos. Manchen Türen sieht man sofort an, dass sich dahinter
etwas Interessantes befindet.
    Der Griff
war schwarz und glatt, geformt wie ein Knochen, und fühlte sich kühl an.
Tatsächlich schien eine allgemeine Kühle durch die Tür zu sickern, obwohl ich
nicht hätte sagen können, wie.

Meine
Finger spannten sich um den Griff, ich begann, ihn zu drehen, dann ...
    »Da gehen
wir nicht rein.«
    Es war wie
ein Schlag in die Magengrube.
    Ich
wirbelte herum und versuchte, in dem Dämmerlicht hinter mir etwas zu erkennen.
Ich sah nichts, aber ich war eindeutig nicht allein. Jemand hatte mit mir
gesprochen, musste also in der Nähe sein. Und selbst wenn sie nichts gesagt
hätte, hätte ich es gewusst. Ich spürte ihre Anwesenheit, wie sie sich bewegte
und sich im Dunkeln versteckte. Das Rascheln war auch wieder da: lauter, näher,
ich bildete es mir nicht ein, und es kam eindeutig nicht von Mäusen.
    »Es tut
mir leid«, sagte ich in den düsteren Flur hinein, »ich ...«
    »Da gehen
wir nicht rein.«
    Ich
versuchte, den Anflug von Panik zu unterdrücken. »Ich wusste nicht...«
    »Das ist
das gute Zimmer.«
    Dann sah
ich sie, Juniper Blythe, wie sie aus den Schatten trat, den Flur durchquerte
und langsam auf mich zukam.
     
    Sag, dass du zum Tanz kommst
     
    Ihr Kleid
war umwerfend, eins von der Art, wie man sie in Filmen aus der Vorkriegszeit
über Töchter aus vornehmen Familien sieht, die sich für ihren ersten Ball
herausgeputzt haben, oder versteckt an den überfüllten Kleiderständern exklusiver
Secondhandläden findet. Es war aus Organza, im blassesten Rosa - zumindest war
es rosa gewesen, bevor die Zeit ihre schmuddeligen Finger danach ausgestreckt
hatte. Mehrere Lagen Tüll bauschten den langen Rock, der sich von ihrer schmalen
Taille bis zum Boden so weit ausbreitete, dass der spitzenbesetzte Saum die
Wände streifte, wenn sie durch den Flur ging.
    Wir
standen einander gegenüber, eine Ewigkeit, wie mir schien. Endlich bewegte sie
sich. Ein bisschen. Ihre Arme hingen herunter, sodass die Hände auf dem Rock
ruhten, doch dann hob sie eine Hand leicht an, Handfläche nach oben, eine
anmutige Bewegung, als hätte jemand von der Decke hinter mir an einem
unsichtbaren Faden gezogen, der an ihrem Handgelenk befestigt war.
    »Hallo«,
sagte ich und hoffte, es klang liebenswürdig. »Ich bin Edie. Edie Burchill. Wir
wurden uns eben vorgestellt. Im gelben Salon.«
    Sie
blinzelte und legte den Kopf

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