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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Hosenanzug. Sie mußten dem Spinnennetz aus alten Hasen als ernstzunehmende Individuen entgegentreten und nicht als potentielle Betthäschen. Und das wußten sie auch. »Kommt rein, Miguel, Eileen!«
    Abigail sprang auf, um alle zu begrüßen, und Sierra lockerte sich soweit, daß er ihr Fell kraulen und all die Albernheiten herunterbeten konnte, die erwachsene Menschen für große Hunde parat hielten: »Hallo, Abigail! Braver Hund! Ja, was bist du für ein schönes Mädchen, und so lieb! Braver Hund!« Eileen Morgan sah ganz so aus, als hätte sie gern das gleiche getan, wäre der Verlust an Würde nicht ein zu hoher Preis dafür gewesen. Statt dessen musterte sie Cavanaughs Motelzimmer, in dem es noch ärger aussah als am Vortag. Das Zimmermädchen hatte ihn entweder übersehen oder es existierte nicht. Das Bett stellte all seine ungemachte Verkommenheit zur Schau, die Farbe blätterte immer noch von den Wänden, der Duschvorhang war immer noch zerrissen. Eileen Morgan kräuselte ihre blassen Lippen. Cavanaugh war froh, daß man wenigstens seinen Laptop nicht gestohlen hatte. Seine Waffe und die FBI-Ausweispapiere waren im Wagen eingeschlossen, da er sie ohnehin nicht benutzen durfte, solange er suspendiert war; dem Laptop hingegen würden die 60 Grad, die es in einem unter der Sonne von Maryland abgestellten Wagen haben konnte, nicht gut tun.
    »Wir müssen Ihnen einige Fragen stellen«, erklärte Miguel überflüssigerweise.
    Wieder einmal kaute Cavanaugh die Sache mit Mrs. Hattie Brown durch, wobei er sich an die minimalen Fakten hielt. Miguel und Eileen richteten zwar ein paar Fragen an ihn, aber alle Anwesenden kannten die Antworten ohnedies bereits, also dauerte die Unterhaltung nicht lange. Worüber Cavanaugh sehr froh war.
    Als sie gingen – Eileen mit einem letzten mißbilligenden Blick auf das ungemachte Bett –, fühlte Cavanaugh sich deprimiert. Ihm machte diese Art zu leben auch keine Freude, denn im Grunde war er ein ordentlicher Mensch. ›Methodisch‹ lautete das Wort, das er vorzog, obwohl Marcy gelegentlich ›Ordnungsfimmel‹ dazu sagte. Aber er liebte es nun einmal, in einem Heim zu leben, in dem flauschige Teppiche unter seinen Füßen lagen, und wo es bestimmte Laden für die unterschiedlichen Bestecksorten gab, wo man die Mahlzeiten gemeinsam einnahm und wo hier und dort gewisse Dinge ihren Platz hatten. Weibliche Dinge: Blumen und Krüge mit Eiswasser und Zierkissen, die zu den Vorhängen paßten. Ja sogar dunkelrote Stricksachen, bei denen keiner feststellen konnte, was sie einmal werden sollten.
    Eigentlich alles, was er so irritierend fand, als er es bei Judy gehabt hatte.
    Er tippte Judys Nummer ein. Vor mehr als einer Woche hatte er sie von der Telefongesellschaft bekommen.
    »Judy? Robert hier.«
    Pause. Dann emotionslos: »Hallo, Robert.«
    »Wie geht’s dir?« O Gott, wie lendenlahm das klang! Und plötzlich wollte sich sein Herz nicht benehmen, es schlug viel zu schnell und geriet aus dem Takt.
    »Danke, gut. Und dir?«
    »Gut.« Es klang wie bei einem steifen Nachmittagstee. Bevor er etwas sagte, wie Darf ich Ihnen die Sahne reichen? – was sie ihm wirklich übelnehmen würde –, tauchte er rasch in tiefes, kaltes Wasser.
    »Judy, ich rufe an, weil ich dir sagen will, daß du mir fehlst. Ich weiß, ich habe mich benommen wie ein Idiot. Es war mein Fehler, es war ganz allein mein Fehler, und es tut mir leid. Marcy bedeutet mir nichts mehr, ich weiß das jetzt …« – stimmte das wirklich? Er sprach schnell weiter, um nicht sein Gewissen erforschen zu müssen –, »aber du bedeutest mir etwas. Sehr viel sogar. Ich wünsche mir nichts mehr, als dich zu sehen. Bei dir zu sein. Erlaubst du mir das?«
    »Fragst du mich, ob ich dich heiraten will?«
    Sein angehaltener Atem fiel in sich zusammen. Sie heiraten? Was war nur los mit diesen Frauen? Sie waren mitleidlos, machten keine Gefangenen, kannten keine Gnade. Melanie, die ihm vorwarf, er würde die Malaria-reading-Sache nur verfolgen, um Rache zu üben. Marcy, die ihm zu verstehen gab, er wäre zwar nicht schlecht im Bett, aber trotzdem entbehrlicher als Abigail. Judy, die ihn vor die Wahl stellte, sie zu heiraten oder zu verschwinden. Jede einzelne von ihnen hätte sich in einer Folterkammer bestens bewährt.
    »Judy, ich glaube nicht, daß wir jetzt … ich meine …«
    »Tschüs, Robert.«
    Er hörte das Klicken, und es klang wie der Riegel einer Tür, der entschlossen vorgeschoben wurde.
    Sein deprimierter Zustand

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