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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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»Sie brauchen mich nich’, sagten Sie. Und außerdem is’ die Epidemie schon vorüber.«
    Cavanaugh sah, daß er nicht so einfach davonkam. Andererseits hatte er wirklich keine Lust, einem vorwurfsvollen Dreizehnjährigen seinen Verstoß gegen die Dienstvorschriften, die Suspendierung und die Durchleuchtung seiner Person seitens der Dienstaufsicht zu erklären. Gereizt sagte er: »Nun, ich brauche dich jetzt. Bist du interessiert oder nicht?«
    Earl zögerte immer noch. Cavanaugh wollte gerade die Taktik wiederholen, die seine Schwester in Bewegung gebracht hatte – sieben Dollar die Stunde! –, als ein Gefühl ihm sagte: nein. Statt dessen fügte er hinzu: »Für diese Arbeit mit Insekten werden wir etliche spezielle Geräte benötigen, die ich nicht habe. Du sagst mir einfach, was wir brauchen, und ich werde es kaufen. Hinterher kannst du alles behalten.«
    Zum ersten und letzten Mal sah Cavanaugh Earl Lesters Augen aufleuchten. Ohne Blinzeln. Es war, als würde man in eine blasse stabile Nova blicken. Der Junge marschierte um die Ecke zu Cavanaughs Wagen.
     
    In Melanies Motelzimmer, das beträchtlich hübscher war als das seine, saß Cavanaugh den Mitgliedern seines Untersuchungsteams gegenüber. Nach einem Blick auf Cavanaughs Bude hatte Melanie auf einem Zimmer irgendwo anders bestanden, und sie waren auf eine sehr nette Frühstückspension in drei Kilometer Entfernung gestoßen. Das Zimmer hatte ein funktionierendes Fernsehgerät, einen viktorianischen Schreibtisch und einen Jacuzzi im Bad. Wieviel verdienten die Wissenschaftler am Zentrum für Seuchenkontrolle eigentlich? Egal. Unwichtig.
    »Wichtig ist, daß wir zum Ausgangspunkt der Epidemie zurückkehren und Sachbeweise zutage fördern, die bisher übersehen wurden«, sagte er.
    Sein Team starrte zurück: Melanie ungläubig und Earl Lester ausdruckslos – mit Ausnahme eines zweimaligen Blinkens natürlich. Sein Ersatz-FBI. Hatte es nicht irgendwann einmal irgendwo einen Kinderkreuzzug gegeben? Er hütete sich, das laut zu erwähnen.
    Melanie sagte: »Das soll Wohl ein Scherz sein! Wissen Sie denn nicht, wie sorgfältig die Brutstätten der Anophelesmücke untersucht worden sind? Von uns, vom USAMRIID, von Spezialisten für Infektionskrankheiten aus der ganzen Welt, von den Medien, von Neugierigen – Robert, es gibt keine Sachbeweise, die übersehen worden sind!«
    »Es muß etwas geben«, sagte Cavanaugh dickköpfig.
    »Zum Beispiel?«
    »Das weiß ich nicht. Irgend etwas am Schauplatz des Verbrechens.«
    »Am Schauplatz des Verbrechens?« Melanies Tonfall klang nach Schwefelsäure, in der er sich gleich auflösen würde. »Der ›Schauplatz des Verbrechens‹ ist das südliche Maryland und der Ostteil von Virginia! Wie wollen Sie ein Gebiet dieser Größe absuchen?«
    »Nicht die ganze Gegend. Nur das Epizentrum.«
    »Und das Epizentrum ist genau das, was von allen Leuten, die auf drei Kontinenten mit Infektionskrankheiten zu tun haben, bereits minutiös abgesucht wurde! Ich bin persönlich Epidemiologen aus Antwerpen, Brasilia, Porton Down, Genf und vom Walter Reed Hospital begegnet! Und dabei arbeite ich nicht einmal am Überträger-Teil einer Epidemie!«
    »Also gut«, seufzte Cavanaugh, »nicht das Epizentrum. Dann den Rand, wo vielleicht etwas übersehen wurde.« Es klang lahm, selbst in seinen eigenen Ohren. Aber es mußte einfach etwas da draußen sein, irgendwo. Irgend etwas.
    »So wird das nicht gemacht, Robert. Außerdem haben wir keinen Zugang zu Labors, die das, was wir möglicherweise finden, analysieren könnten. Man braucht dazu ein Rasterelektronenmikroskop, um kleine Veränderungen an Malariaparasiten zu erkennen. Die sind wirklich klein! Und wenn wir kommerzielle Labors benutzen und Ihre Verschwörungstheorie sich als richtig erweist, dann würden wir doch nur diesen hypothetischen Kriminellen in der Regierung, die diese hypothetischen biologischen Sachbeweise an Ihrem hypothetischen Schauplatz des Verbrechens hinterließen, in die Hand spielen!«
    Cavanaugh begann zu kritzeln. Was Melanie sagte, klang ganz logisch. Nichtsdestoweniger sagten ihm die anderen Hinweise – die weder Melanie noch Felders überzeugt hatten –, daß irgend etwas nicht stimmte. Er würde herausfinden, was es war. Und da er keinen Zugang zu etwas anderem als den Moskitos hatte, mußte er eben dort anfangen, wo alles andere angefangen hatte. Von Grund auf. Mit Gefühl.
    Ja, er hing an diesem Fall mit einem einzigen öligen Finger, aber er hing immer noch

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