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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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entdeckt?«
    »Allerdings. Einen Satz von Daten, die eine untypische epidemiologische Kurve ergeben. Aus Afrika. Aus der Demokratischen Republik Kongo, dem früheren Zaire. Sie nennen sich jetzt wieder Kongo. Es gab eine Revolution, wissen Sie?«
    »Ich weiß«, sagte Cavanaugh rasch. Sie wich vom Thema ab. »Fahren Sie fort.«
    »Die untypische epidemiologische Kurve zeigt eine viel kleinere Anzahl Infizierter als im Normalfall. Und sie fällt am Ende ganz abrupt ab, so als wäre die Seuche ganz rasant unter Kontrolle gebracht worden. In etwas mehr als einem Monat.«
    »Vielleicht haben die Gesundheitsbehörden im Kongo umgehend reagiert. Wie bei uns.«
    »Es gibt keine Gesundheitsbehörden im Kongo, außer dem Namen nach. Früher mal gab es sie wirklich, aber durch die Korruption vor der letzten Revolution ist alles zusammengebrochen. Und niemand in Afrika bringt eine Malariaepidemie unter rasche Kontrolle, man hat dort nicht die Möglichkeiten dazu. Und auch wir haben es hier nur geschafft, weil die Armee mobilisiert wurde, zusammen mit Geldmitteln, Sachkenntnis, Personal und Material. Aber die Vereinigten Staaten sind nicht Afrika.«
    »Okay«, sagte Cavanaugh. »Was war es dann, was den Malariaausbruch dort so schnell beendet hat? Und war es Malaria reading oder die normale Art?«
    »Das kann man den Daten nicht entnehmen. Oder von hier aus feststellen. Man müßte im Kongo sein.«
    Cavanaugh starrte sie an. Durch seinen Kopf wirbelte eine Unzahl kleiner Bilder, wie Icons auf einem verrückt gewordenen Monitor: Visa. Impfungen. Sprachen. Welche Sprachen wurden im Kongo gesprochen? Er hatte keine Ahnung. Geld. Er selbst hatte in letzter Zeit zuviel Geld ausgegeben – mit seinen im Viertelstundentakt stattfindenden Umzügen; und dazu war er suspendiert ohne Entgeltfortzahlung. Und das FBI hatte ihm verboten, an diesem Fall weiterzuarbeiten. Ein Visum für den Kongo konnte rückverfolgt werden … und was war mit Fort Detrick? Er mußte der Stimmanalyse nachgehen …
    »Melanie«, sagte er, »ich kann nicht in den Kongo reisen, um dort zu recherchieren.«
    Zum ersten Mal, seit er eingetreten war, wurde ihm ihre ganze Aufmerksamkeit zuteil. Sie bedachte ihn mit einem Blick voller Spott und Hohn. »Nicht Sie – wozu sollten Sie in Afrika gut sein? Nicht Sie. Ich.«

FÜNFZEHN
     
    Das Klima von Zaire ist Keimen, Pilzen und Überträgern zahlreicher Krankheiten äußerst förderlich.
    - Comptons Enzyklopädie
     
     
    Afrika konnte einem das Herz brechen.
    Melanie verließ das Flugzeug auf dem Flughafen N’Djili in Kinshasa und ging zu Fuß zum Flughafen-Gebäude aus unverputzten Hohlziegeln. Die Hitze war nicht schlimmer als der Sommer in Mississippi, aber sie war von einer anderen Sorte. Melanie hätte es nicht in Worte kleiden können: Es war eine Kombination aus Gerüchen, Schwingungen und einem unbeschreiblichen Gefühl bevorstehender Verhängnisse. Es war anders. Es war Afrika.
    In dem Moment, in dem sie durch die Tür trat, stürzten sich die ›Amtspersonen‹ auf sie. In Französisch und gebrochenem Englisch verlangten sie lautstark nach Melanies Tickets, ihrem Gepäck, ihrem Paß. Später würden sie ›Gebühren‹ für die Rückgabe all dieser Dinge erheben. Dicht hinter ihnen kamen die ›Betreuer‹ mit ihren Versprechungen, den Ausländer durch dieses Labyrinth von ›Reisegebühren‹ hindurchzugeleiten – selbstverständlich gegen eine kleine Gebühr für sie selbst. Melanie scheuchte alle miteinander mit einer heftigen Armbewegung weg, packte ihre beiden Reisetaschen und zog sich in eine Ecke zurück, um die Lage zu studieren.
    Der Kongo befand sich zwischen zwei Kriegen. Die Ausländer, die sich auf dem Flughafen aufhielten, sahen aus wie Geschäftsleute, wie Flüchtlinge, ja ein paar sogar wie Touristen. Vielleicht waren auch Geldgeber für die Bergwerksindustrie darunter. Auf seinem Tiefpunkt angelangt, hatte der Kongo alle seine internationalen Finanziers verloren, und damit seine einzige Möglichkeit, Kupfer, Diamanten, Kobalt und Mangan zu exportieren. Wie die Schwalben im herannahenden Sommer waren die zurückkehrenden Geldgeber ein gutes Zeichen.
    Ein Fernsehgerät dicht unter der Decke des Raumes war tatsächlich in Betrieb, obzwar nur der Ton lief, und der war in Französisch. Auf dem Schirm befand sich ein gleichbleibender Schriftzug: ›Communiqués et Messages‹. Einige wenige Läden im Innern des Gebäudes verkauften Parfüm, belgische Schokolade und Schmuck. Melanie fand das

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