Moskito
eine bewußt eingesetzte biologische Waffe, die auf Menschen afrikanischer Abstammung abzielt. Und je eher wir das einsehen, desto eher können wir die Leute warnen und Leben retten.«
»Darüber sind wir uns ohnehin einig«, sagte Farlow vorwurfsvoll. »Auch ohne zu wissen, wo dieses Ding seinen Ausgang nahm, können wir einen Aktionsplan erstellen. Deshalb werden auch die Gesundheitsbehörde und das USAMRIID in fünf Minuten hier sein. Und wenn tatsächlich eine verbrecherische Absicht dahintersteckt, wird das FBI sie aufdecken.«
Alle sahen Cavanaugh an, dem jetzt klar wurde, weshalb er herzitiert worden war. Irgend jemand irgendwo – bei der Gesundheitsbehörde, dem Zentrum für Seuchenkontrolle oder bei der Armee – wollte seinen Arsch bedeckt halten für den unwahrscheinlichen Fall, daß diese Krankheit tatsächlich eine biologische Waffe gegen die Schwarzen war! Die politischen Implikationen einer solchen Möglichkeit waren fürchterlich. Wer auch immer das FBI gerufen hatte, wollte in der Lage sein, später sagen zu können, man hätte das Problem bereits in einem sehr frühen Stadium der Epidemie den zuständigen Behörden übergeben.
Es schien ihm nicht der rechte Moment, darüber zu reden, daß Jerry Dunbar keine besonders hohe Meinung von ›diesem Haufen paranoider Fliegenklatscher‹ hatte. Außerdem war Cavanaugh mit dieser hochfahrenden Melanie Anderson einer Meinung. Da steckte etwas dahinter. Er konnte es riechen.
»Wieviele Menschen afrikanischer Abstammung könnten diese Sichelzellsache haben?« fragte er.
»Etwa einer von zwölf«, antwortete Doktor Anderson. »Über zweieinhalb Millionen.«
Zweieinhalb Millionen!
»Ja«, sagte sie, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. »So viele.«
Cavanaugh starrte auf den Eiswürfelbehälter mit den toten Moskitos. Jetzt erst fiel ihm auf, daß jedes Abteil ein Schildchen trug, auf dem vermerkt stand, wo und wann das Insekt gefangen worden war. Er dachte an die Mückenwolken rund um Judys Insektenfalle, über der Maschine im Potomac, die den Kanal freischnitt, in den Parks, wo die Kinder in der heißen, schwülen Dämmerung spielten …
Er sagte: »Nehmen wir einmal kurz an, rein theoretisch, daß die Parasiten gentechnisch verändert und dann den Moskitos eingesetzt wurden. Wie schwer ist das? Welche Art von Ausrüstung und Kenntnissen braucht man, um das zu bewerkstelligen?«
»Eine Menge Kenntnisse«, sagte Farlow. »Aber relativ wenig Ausrüstung. Das ist das Eigenartige an einem Genlabor: es braucht nicht die Ausstattung, die Terroristen für die Herstellung einer Atombombe benötigen würden; alles, was man braucht, bekommt man ganz leicht in jeder Firma für Laboreinrichtungen, und jeder Forscher in jedem Privatunternehmen kann Blutproben von speziellen Blutbanken beziehen.«
»Also halten wir nicht nach einem großen, hochgezüchteten Laboratorium Ausschau?«
»Meine Güte«, sagte Farlow, »Sie könnten das Labor in jedem halbwegs geräumigen Keller unterbringen.«
Ein halbwegs geräumiger Keller. Du lieber heiliger J. Edgar Hoover.
»Wie wird das FBI an die Sache herangehen, Agent Cavanaugh?« fragte Farlow. »Wir hier, wir fahren fort, die Ausbreitungsgebiete der Epidemie zu verzeichnen und nach dem fehlenden Alternativwirt zu suchen. Aber was werden Sie und Ihre Leute tun?«
Gute Frage, dachte Cavanaugh. Das FBI arbeitete mit verdeckten Ermittlungen, und wie jedes solche Unternehmen schätzte es Geheimhaltung. Das letzte, was das FBI für gewöhnlich wollte, war eine öffentliche Bekanntmachung öffentlicher Probleme, besonders dann, wenn es sie nicht lösen konnte. »Das bringt bloß die Spuren durcheinander«, hieß das. »Gefährdet die Erhebungen.« Aber in diesem Fall mochte eine öffentliche Bekanntmachung das einzige Mittel sein, Menschenleben zu retten.
»Nun?« half Melanie Anderson nach.
»Bei Gefährdung der Öffentlichkeit kann das FBI eine Terrorwarnung herausgeben«, sagte Cavanaugh zögernd. »Aber das muß natürlich von der Zentrale ausgehen. Und in der Zwischenzeit ist es – besonders in einer Situation wie dieser – sehr wichtig, jede Panikmache hintanzuhalten und zu vermeiden, daß irgendwelche Fanatikervereine dazu ermutigt werden, sich das Verdienst auf ihre Fahnen zu heften.« Herrgott, sie würden aus allen Löchern gekrochen kommen! »Also würde ich Sie alle bitten, die Angelegenheit mit keinem Außenstehenden zu besprechen, solange die Zentrale nicht die Möglichkeit gehabt hat, die Sache zu
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