Moskito
allein wußte, wer noch aller. Zwanzig ernste Gesichter in vier schwarzen Fahrzeugen. Mit eingeschalteten Abblendlichtern hätten sie ausgesehen wie ein Leichenzug.
Dunbar, der offizielle Leiter der Ermittlungen bei diesem Fall, hatte einen Durchsuchungsbefehl bei sich. »Kann ich ihn sehen?« fragte Cavanaugh. Dunbar bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick, der sagte: Fang ja nicht schon wieder an, Robert! Mittlerweile wußte Cavanaugh bereits, daß Dunbar ihn nicht leiden konnte. Das störte Cavanaugh zwar, aber wenigstens fühlte sich Dunbar mit seinem Sinn für FBI-Solidarität dadurch bemüßigt, sich fast umzubringen vor Eifer, Cavanaugh gegenüber auch wirklich ›fair‹ zu sein. Er reichte ihm den Durchsuchungsbefehl.
Er war dick, wenigstens dreißig Seiten lang. Eine Kopie war bereits früh am Morgen Donohues Rechtsanwalt übergeben worden. Cavanaugh überflog die rechtlichen Formalitäten und den Abschnitt, der erläuterte, auf welche Gegenstände die Haussuchung abzielte – ein Abschnitt, den Cavanaugh bereits kannte. Vierundsechzig Kategorien von Objekten, die in Donohues Haus beschlagnahmt werden konnten, waren hier aufgelistet, darunter ›Materialien, die für wissenschaftliche Experimente benutzt werden‹, ›Paraphernalia, die in Zusammenhang stehen mit Gentechnik und der Entnahme, Lagerung oder Verwendung von Blut‹, ›Korrespondenz, Bücher und Zeitschriften zur Thematik Gentechnik, Malaria oder Stechmücken‹, ›Literatur mit rassistisch-fanatischem Inhalt‹ und ›Zubehör, Instrumente und Geräte, die der Aufzucht, dem Sammeln und der Bekämpfung von Stechmücken, im besonderen, jedoch nicht allein, von Anopheles quadrimaculatus zugeordnet werden können‹. Na herrlich. »Geräte, die der … Bekämpfung von Stechmücken … zugeordnet werden können.« Was ist, wenn Donohue eine Fliegenklatsche besitzt? dachte Cavanaugh.
Er wandte sich dem Abschnitt ›Hinreichender Tatverdacht‹ zu.
In Anbetracht von Maloneys Anwesenheit erwartete Cavanaugh, hier eine Beschwörung der nationalen Sicherheit zu lesen. Das Höchste Gericht hatte es abgelehnt, zu der Frage Stellung zu beziehen, ob der Vierte Zusatzartikel zur Verfassung, der ›das Recht der Menschen auf Sicherheit, was ihre Person, ihr Heim, ihre Dokumente und Effekten betrifft‹ garantiert, auch in Fällen Geltung hat, in denen es um die nationale Sicherheit geht. Der Oberste Gerichtshof hatte jedoch darauf hingewiesen, daß die Macht des Präsidenten, um der nationalen Sicherheit willen den Vierten Verfassungszusatz außer Kraft zu setzen, nur mit äußerster Zurückhaltung ausgeübt werden sollte. Genau gesagt, sollte sich ein solcher Akt des Präsidenten ›auf Fälle unmittelbarer und gravierender Gefährdung der Nation‹ beschränken. Außerdem sollte der Durchsuchungsbefehl entweder direkt vom Präsidenten oder vom Justizminister autorisiert sein. Angesichts der allgemeinen Beunruhigung, die Malaria reading hervorgerufen hatte, nahm Cavanaugh an, diese Haussuchung beziehe sich auf die ›unmittelbare und gravierende Gefährdung‹ von 25 Prozent der Einwohnerschaft des Bundesstaates Maryland, und so erwartete er, die Unterschrift des Justizministers vorzufinden.
Keine Spur davon.
Der Durchsuchungsbefehl war von einem Bundesrichter ausgestellt worden. Und obwohl es einen kurzen Hinweis auf einen ›ernsten gesundheitlichen Notfall‹ gab, stützte sich der ›hinreichende Tatverdacht‹ in erster Linie auf die Hobbs-Verordnung und auf Auskünfte von Informanten. Wie bei der routinemäßigen Zerschlagung eines Drogenringes.
»Die Hobbs-Verordnung?« bemerkte Cavanaugh laut, und das bereute er augenblicklich. Dunbar sah noch versteinerter aus als sonst, wenn das überhaupt möglich war. Cavanaugh versenkte sich wieder in seine Lektüre.
Die Hobbs-Verordnung stellte sicherlich eine zulässigere, weniger kontroversielle Grundlage für die Ausstellung eines Durchsuchungsbefehles dar als die Gefährdung der nationalen Sicherheit. Und eigentlich war die Hobbs-Verordnung der beste Freund des FBI. Danach war die Benutzung zwischenstaatlicher Einrichtungen – wie etwa Post und Telefon – zur Vorantreibung illegaler Aktivitäten – wie etwa Mord – verboten. Die Hobbs-Verordnung rettete so viele Untersuchungsbeamte vor der Arbeitslosigkeit, daß Cavanaugh sie einmal bei einer internen Konferenz die ›Jobs-Verordnung‹ genannt hatte. Amüsierte Reaktionen waren ausgeblieben.
Laut Durchsuchungsbefehl hegte das FBI den
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