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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Melanies Ring hatte eine blutige, rissige Furche durch die Haut auf seiner Wange gezogen.
    »Sie is’ auf ihn losgegangen!« murmelte der andere Junge dumpf. »Is’ ihn angesprungen wie ’ne Katze!«
    Der Polizist sah sich um. Ein paar Leute drehten sich weg, andere nickten. Der Partner des Bullen kam zur Tür herein und griff nach seinem Block.
    Der erste wandte sich wieder an Melanie und sagte: »Madam, ich muß Sie wegen tätlichen Angriffs festnehmen. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird …«
     
    Von der Polizeiwache aus rief Melanie im Weather Vane Motel an. Die Bullen fragten sie nach ihren persönlichen Daten, nahmen ihr die Fingerabdrücke ab und hörten sich ihre Aussage an. Am anderen Ende des Raumes saßen die beiden Jungen und sahen sie haßerfüllt an – eine ganz besondere Strafe in sich. Dann sperrte man Melanie in eine Einzelzelle, wo sie zwei Stunden lang zusammengekauert und wie betäubt dasaß, bis Farlow in Begleitung eines Rechtsanwaltes erschien, die Kaution hinterlegte und sie mitnahm.
    Der Anwalt fuhr in seinem eigenen Wagen weg, und Farlow sagte kein Wort zu Melanie, ehe sie in seinem saßen. Dann wandte er sich an sie: »Wo wollten Sie eigentlich hin, daß Sie in diesem Burger King landeten?«
    »Nach College Park.« Der Tonfall ihrer Stimme überraschte sie. Er klang hoch und dünn. Erschöpft.
    Sie war erschöpft.
    Farlow sagte: »Um sich Michael Donohue anzusehen.«
    »Ja.«
    »Herrgott, Melanie!« Er packte das Lenkrad fester und überlegte schweigend.
    »Ich ziehe Sie vom Team ab und schicke Sie zurück nach Atlanta. Erst mal nehmen Sie Urlaub und hinterher bekommen Sie eine neue Aufgabe.«
    »Nein, Jim! Nein …«
    »Doch. Sie haben Glück, daß niemand von der Presse in diesem Burger King auftauchte. Wird ohnedies ein gefundenes Fressen für diese Leute, wenn sie sich an dem Jungen festsaugen. Außerdem, Melanie, können Sie hier absolut nichts mehr tun. Die Epidemie ist unter Kontrolle, das USAMRIID hat die Übertragungswege abgeschnitten, und alles, was noch übrig ist, sind die Aufräumarbeiten.«
    »Nicht ganz«, widersprach Melanie. Eine Epidemie wurde erst dann offiziell für beendet erklärt, wenn nach dem letzten Krankheitsfall eine Zeitspanne verstrichen war, die der zweifachen Inkubationszeit der Krankheit entsprach, ohne daß in dieser Zeit neue Fälle auftraten. So weit war man noch nicht. Immer noch starben Menschen an M. reading.
    »Sie ist praktisch vorbei«, beharrte Farlow. »Aber bei dieser heiklen politischen Situation … Lieber Himmel, was ist nur in Sie gefahren …? Ach, vergessen Sie’s. Ich weiß es sowieso.«
    »Nein. Sie wissen es nicht.«
    »Ihre formelle Vernehmung findet am Montag statt. Bis dahin können Sie entweder auf Kosten des Zentrums im Weather Vane Motel wohnen bleiben oder nach Hause zurückkehren und Montag wieder herfliegen. Ich würde Ihnen empfehlen, in der Zwischenzeit nach Hause zu fahren.« Er ließ das Lenkrad los und sah sie an. »Das braut sich schon seit einer ganzen Weile zusammen«, sagte er. »Wir haben es alle kommen sehen. Ich hätte Sie schon viel eher zurückschicken sollen. Meine Schuld.«
    Irgend etwas an seinem Tonfall stimmte nicht, aber sie war zu müde und zerschlagen, um darüber nachzudenken, was es war. Er sah sie an, setzte zum Sprechen an und ließ es dann doch. Statt dessen starrte er durch die Windschutzscheibe, und sein Mund zitterte.
    »Fahren wir los«, sagte Melanie schließlich. Er startete den Wagen.
    Schweigend fuhren sie durch die häßlich wuchernden Vorstadtsiedlungen. Melanie sah schwarze Kinder, die auf den dampfenden Gehsteigen spielten, auf den zertrampelten Rasenflächen, auf den Straßen. Und auf den Stufen saßen Frauen, die auf die Kinder aufpaßten, wie es die Frauen auf der ganzen Welt taten, plaudernd und wachsam. Aber hier würde die Wachsamkeit eine besonders besorgte Note haben, und das Geplauder war wohl nicht von der leichten Sorte.
    Ich gehe noch eine ganze Weile nicht aus Maryland weg, Jim. Nicht, ehe es nicht völlig zu Ende ist. Aber das sagte sie nicht laut.
     
    Zusammen mit Dunbar und zwei Mitgliedern des Spurensicherungsteams fuhr Cavanaugh im zweiten Wagen. Im Wagen vor ihnen befanden sich Pilozzi und Arnett, ein FBI-eigener Mediziner und Bruce Maloney, einer der Beamten von Abteilung Fünf. Hinter ihnen kamen zwei weitere Fahrzeuge mit den Teams für die Beweisaufnahme und die wissenschaftliche Seite des Falles, ein Pressesprecher und Gott

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