Moskito
über war es Cavanaugh so vorgekommen, als wäre da noch etwas gewesen …
»Ich möchte Sie morgen früh um sieben Uhr dreißig in meinem Büro sehen.« Pause. »Das ist alles.«
Cavanaugh starrte verblüfft das Licht des Anrufbeantworters an, das jetzt aufgehört hatte zu blinken – ein roter Punkt, der wie ein Insekt auf dem sauberen schwarzen Kästchen saß.
Er schlief nicht viel in dieser Nacht, und um 7 Uhr 22 betrat er die Dienststelle Baltimore. Am Ende des Korridors, an dem sich Dunbars Büro befand, stand eine Gruppe Agenten – einschließlich Maloney von Abteilung Fünf und Borelli vom Hauptquartier. Sie trugen alle fernsehgerechte Anzüge und sorgfältig gebundene Krawatten, und Maloney hatte ein Bündel Papiere in der Hand.
Sie standen kurz davor, Michael Sean Donohue zu verhaften, und Dunbar hatte Cavanaugh nicht einbezogen.
Die Agenten hatten sich sorgfältig so weit weg von Dunbars Bürotür plaziert, daß sie sich außer Hörweite befanden. Nur einer von ihnen sah Cavanaugh direkt an, als er näherkam, und selbst dieser eine schien ziemlich verlegen, obwohl er Cavanaugh sogar zunickte.
Das war’s also. Er wußte, was jetzt kam. Er wußte nur nicht, weshalb, oder was er dagegen tun könnte.
»Setzen Sie sich, Agent Cavanaugh«, sagte Dunbar. »Wir müssen über eine ernste Angelegenheit sprechen. Haben Sie im Rahmen Ihrer dienstlichen Aufgaben in der Malaria-reading-Sache am oder um den 21. Juni eine Mrs. Hattie Brown aus Loveville, Distrikt Saint Mary’s County, befragt?«
Mrs. Hattie Brown. In dem Moment, in dem er ihren Namen hörte, sah Cavanaugh sie vor sich: die dürre alte Schwarze aus dem ländlichen Maryland, gekleidet in Jeans und eine ausgewaschene Baumwollbluse, wie sie auf ihrer Veranda stand. Eine harte, sympathische Nuß.
»Ja, ich habe Mrs. Brown über die ›Christlichen Kämpfer‹, eine radikale Gruppe, befragt.«
»Und haben Sie im Laufe dieses Gesprächs Informationen über den Fall weitergegeben, zu deren Weitergabe Sie nicht befugt waren?«
»Ich erinnere mich nicht, über irgend etwas gesprochen zu haben, über das ich nicht hätte sprechen dürfen.«
»Die Dame schon.« Dunbar schlug die Baltimore Sun auf Seite 3 auf.
FBI RÄUMT EIN:
GROSSTEILS POLITISCHE GRÜNDE FÜR MALARIA-READING-ERMITTLUNGEN
von Libby Turner
Bis vor mehr als einem Monat schienen Teile des FBI ihre Zweifel zu haben, daß die Ermittlungen der Behörde hinsichtlich des Ausbruches von Malaria reading ausschließlich aus humanitären oder strafrechtlichen Gründen geführt werden. Eine von Special Agent Robert Cavanaugh – dessen Dienststelle in Saint Mary’s City den Anstoß zu einer kriminalpolizeilichen Untersuchung der Epidemie gab – befragte Mitbürgerin hielt bei einem Interview, das sie der Sun gab, fest, daß Cavanaugh ihr gegenüber von ganz anderen Motiven gesprochen hatte. »Das FBI hält sich den Arsch nach allen Seiten bedeckt«, zitierte Mrs. Hattie Brown aus Loveville einen Teil des Gespräches, wobei Mrs. Brown betont, daß diese pittoreske Wortwahl nicht von ihr stammt, sondern einen Ausspruch des FBI-Beamten wiedergibt.
Mrs. Brown war, ebenso wie einige ihrer Nachbarn, vom FBI kontaktiert worden, um Informationen betreffend die ›Christlichen Kämpfer‹, eine religiöse Gruppe …
»Aber soll ich Ihnen was sagen, mein Sohn? Solche Kerle, wie die von den ›Christlichen Kämpfern‹, das sin’ nich’ die Leute, die so ’n Übel in die Welt bringen können. Dazu sin’ die viel zu doof. Warum vertun Sie Ihre Zeit damit, sich hier nach denen zu erkundigen?«
»Weil mein Boss beim FBI es mir aufgetragen hat.«
»Aha. Das FBI hält sich den Arsch nach allen Seiten bedeckt.«
»Kurz gesagt, ja.«
»Isses nich’ immer dasselbe? Wieviel Zeit sich die Menschheit ersparen könnte, wenn man die Leute nich’ zwingen würde, sich immerzu den Arsch bedeckt zu halten.«
»Goldrichtig.«
»Agent Cavanaugh!« drängte Dunbar.
»Ja.«
»Was ›ja‹?«
»Ja, das sagte ich zu Mrs. Brown. Aber Sie müssen den Zusammenhang berücksichtigen. Wir …«
»Nein, ich muß keinen Zusammenhang berücksichtigen.« Dunbar erhob sich vom Schreibtisch. »Es gibt nichts zu berücksichtigen. Die neueste Ausgabe der Dienstvorschriften dieser Behörde, von denen sämtliche Agenten, Sie eingeschlossen, ein Exemplar erhalten haben, drückt es sehr klar und deutlich aus: ›Eine nicht autorisierte Weitergabe interner Belange ist als Zeichen mangelnden Urteilsvermögens zu
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