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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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anders. Die …«
    »Ach ja, richtig! Deshalb mußten sich auch in den Neunzigern eure schwarzen Agenten zusammentun und mit gerichtlichen Klagen drohen, damit sich das FBI endlich bequemte, einige von ihnen in gehobene Positionen zu befördern! Oder haben sie euch das in Quantico nicht verraten? Nein, das haben die Mistkerle nicht getan! Und jetzt stehen Sie da und sagen … und sagen …«
    Nun weinte sie, und das war schlimmer als das Gezeter von vorhin; es war ihr zutiefst peinlich. Sie legte das Gesicht in die Hände, um ihre Tränen vor Cavanaugh zu verbergen, aber sie konnte nicht aufhören zu schluchzen, konnte die Worte nicht durch die Kehle bekommen, um ihn zur Hölle zu schicken, konnte kein Mitglied des Teams mehr sein …
    Er tätschelte ihre Schulter und fummelte in seiner Jackentasche nach einem Papiertaschentuch. Sie nahm es und wischte sich über die Augen, aber es kamen immer neue Tränen, die die alten ersetzten. Sie konnte nicht aufhören zu weinen, und jetzt war das Taschentuch durchgeweicht.
    Seine Arme legten sich um sie.
    Augenblicklich erstarrte sie. Und diese plötzliche Reglosigkeit mußte ihn ermutigt haben, denn er hob ihr Kinn und küßte sie.
    Sie riß sich los. »Scheißkerl! Hauen Sie ab!«
    Er sah sie verblüfft an. »Ich wollte doch nur …«
    »Ich weiß, was Sie nur wollten!« Sie erkannte ihre eigene Stimme kaum wieder, so belegt und leise und tödlich klang sie. »Sie wollten nur probieren, ob sich da nicht vielleicht im Vorbeigehen was abstauben ließe, richtig? Mein Gott, sie weint, sie ist wehrlos, tätschle sie ein bißchen, küß sie ein bißchen, und schon bist du auf halbem Weg zum Schlafzimmer und zu einer schwarzen Muschi, mit der man dann vor den Kollegen angeben kann, richtig? Hauen Sie ab, Sie Kotzbrocken!«
    »Aber nein, ich …«
    »Raus! Bevor ich ›Hilfe, Vergewaltigung!‹ schreie und Sie Ihrem Oberaufseher Special Agent Wir-haben-den-gesuchten-Mann-Dunbar melde! Und wenn Sie es je wagen sollten, mich noch mal anzurühren … Ich mach es nicht mit weißen Männern, klar, Bulle? Nicht mal meine Hand würde ich einem von euch halten lassen!«
    »Ich …«
    »HAUEN SIE AB!«
    Er ging. Der Hund, den Melanie völlig vergessen hatte, trottete hinter ihm her. Sie sprang auf, verriegelte die Tür und lehnte sich dann dagegen – keuchend, wie nach einem Ringkampf. Blöder Saftarsch. Opportunistischer Hurenbock. Beschissener weißer Bulle!
    Mädchen, du drehst durch.
    Langsam glitt sie zu Boden; plötzlich sah sie die ganze häßliche Szene mit Cavanaugh wie eine Außenstehende vor sich, so, als würde sie im Fernsehen laufen – eine weitere aktuelle Meldung im Dunstkreis der Malaria-reading-Seuche. Ihre Tränen versiegten, und sie blieb lange Zeit so sitzen, ohne sich zu bewegen. Sie machte den Versuch zu begreifen, was mit ihr geschah, machte den Versuch, sich wieder in die Hand zu bekommen.
    Lange Zeit.
    Schließlich erhob sie sich vom Boden und ging zum Telefon. »Mama? Melanie. Wie geht’s dir immer? Das hört man gern. Du, Mama, ich habe ein paar Tage frei, und ich dachte gerade … könnte ich vielleicht für das Wochenende nach Hause kommen? Vielleicht mal wieder ein bißchen rumwandern und schauen, was es so Neues gibt und … dich wiedersehen … und … Wäre dir das recht, Mama?«
     
    Cavanaugh machte sich auf den Weg zu seinem eigenen Zimmer im Weather Vane Motel. Abigail trottete hinterdrein. Sie war ihm wirklich eine großartige Hilfe gewesen, als Melanie ihm all diese Dinge an den Kopf warf! Hätte Melanie eine Bratpfanne nach ihm geschleudert, wäre Abigail wohl hingerannt, um sie zu apportieren.
    Er saß auf dem Bettrand und schüttelte den Kopf.
    Er hatte doch nur versucht, sie zu trösten!
    Ehrlich? Warum hatte er sie dann geküßt?
    Männlicher Instinkt. Testosteron. Ablenkung von der verfehlten Haussuchung am Nachmittag. Sexueller Entzug. Allgemeine Ahnungslosigkeit, was Frauen betraf.
    Judy. Marcy. Melanie. Es ist nicht die Hitze – es ist die Dummheit!
    Das rote Licht auf dem Anrufbeantworter blinkte. Nicht das FBI, von dort würde man ihn übers Handy anrufen. Es sei denn, dachte er, jemand will mit mir sprechen, ohne wirklich mit mir zu sprechen … Anrufbeantworter waren wie geschaffen dafür.
    »Robert, hier spricht Leitender Special Agent Dunbar. Sie haben um diesen Rückruf ersucht.«
    Diese formelle Wortwahl – kein gutes Zeichen. Na und? Dunbar, das menschliche Metronom, klang immerzu formell und steif. Aber schon den ganzen Tag

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