Mount Dragon - Labor des Todes
machen«, sagte Carson. De Vaca warf ihm einen düsteren Blick zu. »Okay, okay«, seufzte er.
De Vaca tastete sich nicht weit von der Stelle, wo die Steine abgebröckelt waren, an den Rand der Klippe und ließ sich den steilen Abhang hinuntergleiten. Unten war es so dunkel, daß Carson sie kaum sehen konnte. »Wirf mir die zweite Fackel herunter«, rief de Vaca. Nachdem er die Streichholzschachtel fest zwischen die Zweige gesteckt hatte, ließ er das zweite Bündel zu ihr hinuntergleiten. Kurz darauf hörte er, wie ein Streichholz angerissen wurde, und auf einmal wurde der Abgrund vor ihm von einem rötlich flackernden Licht erhellt.
Carson beugte sich noch weiter über den Rand der Klippe, bis er deutlich den vollkommen mumifizierten Kadaver eines Maultieres sehen konnte. Das Bündel auf dem Rücken des Tieres war aufgeplatzt und lag zwischen den Resten einer Satteldecke und Fetzen ledernen Zaumzeugs. Mehrere große, weißliche Klumpen, die offenbar aus dem verrotteten Bündel stammten, waren auf dem Boden verstreut. Neben dem toten Tier lag die mumifizierte Leiche eines Mannes.
Im flackernden Licht des brennenden Reisigbündels sah Carson, wie de Vaca zuerst den Mann, dann das Maultier und schließlich das Bündel untersuchte. Dann knotete sie die Zipfel ihres Hemdes zusammen und legte ein paar Gegenstände hinein, die sie aufgesammelt hatte. Schließlich kletterte sie mühsam wieder die Geröllhalde hinauf.
»Was hast du gefunden?« fragte Carson, als sie wieder oben war. »Ich weiß nicht so genau. Gehen wir doch nach draußen und sehen uns die Sachen bei Tageslicht an.« Am Höhleneingang löste de Vaca den Knoten in ihrem Hemd und ließ eine kleine Ledertasche, einen Dolch mit Scheide und mehrere weißliche Klumpen in den Sand fallen. Carson nahm den Dolch und zog ihn behutsam aus der Scheide. Die Klinge war matt und rostig, aber das Heft war noch völlig intakt, wenn auch von einer dichten Staubschicht überzogen. Carson wischte den Dolch mit dem Hemdsärmel ab und hielt ihn ans Licht. In das eiserne Heft waren in Silber zwei Buchstaben eingelegt: D. M. »Diego de Mondragon«, flüsterte er.
Als de Vaca die kleine Tasche zu öffnen versuchte, brach das steife Leder auseinander, und ihr Inhalt - zwei kleine Gold- und drei größere Silbermünzen - fiel in den Sand. De Vaca nahm sie in die Hand und betrachtete sie im Sonnenlicht. »Schau mal, wie neu sie aussehen«, sagte sie bewundernd. »Was war denn sonst noch in dem Bündel auf dem Maultier?« fragte Carson.
»Es war zur Hälfte mit weißen Steinen wie diesen gefüllt«, sagte de Vaca und deutete auf die Klumpen im Sand. »Rings um das Tier lagen Dutzende davon.«
Carson nahm einen der Brocken in die Hand und betrachtete ihn neugierig. Er fühlte sich kühl an und erinnerte ihn von Material und Farbe her an Elfenbein. »Was ist das nur für ein Zeug?« murmelte er. De Vaca hob ebenfalls einen Klumpen auf und wog ihn in der Hand. »Ziemlich schwer«, sagte sie.
Carson holte die Speerspitze aus der Tasche und kratzte damit an seinem Klumpen herum. »Aber ziemlich weich. Steine sind das nicht, soviel ist klar.«
De Vaca rieb mit dem Handballen über den Klumpen. »Wieso sollte Mondragon sein Leben riskieren und dieses Zeug durch die Wüste schleppen, wenn er statt dessen zusätzliches Wasser...« De Vaca hörte mitten im Satz zu sprechen auf. »Jetzt weiß ich, was das ist«, verkündete sie. »Es ist Meerschaum.«
»Meerschaum?« fragte Carson.
»Ja. Man verwendet ihn für Pfeifenköpfe oder schnitzt Kunstwerke daraus. Im siebzehnten Jahrhundert war Meerschaum extrem wertvoll, und New Mexico hat viel davon in die anderen spanischen Besitzungen in Amerika exportiert. Ich schätze, daß es sich bei Mondragons >Goldmine< in Wirklichkeit um ein größeres Vorkommen von Meerschaum gehandelt haben dürfte.« Sie sah hinüber zu Carson und grinste. Dieser blickte zuerst betreten drein, dann ließ er sich in den Sand fallen und schüttelte sich vor Lachen. »Und Nye hat jahrelang nach Mondragons verschollenem Gold gesucht. Es war ihm nie der Gedanke gekommen - wie allen anderen auch nicht -, daß es sich bei Mondragons Reichtum um etwas anderes als Gold gehandelt haben könnte. Um etwas, das heute sehr viel weniger wert ist als damals.«
De Vaca nickte. »Aber zu Mondragons Zeit war Meerschaum mindestens ebenso wertvoll wie Gold. Sieh dir bloß an, wie feinkörnig dieses Stück ist. Selbst heute wäre es vier- bis fünfhundert Dollar wert.«
»Und was
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