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Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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wo dunkle Fenster aus altem, schlierenverzogenem Glas ihn aus den Häusern heraus anzustarren schienen. Einmal hörte er Stimmen und schaffte es gerade noch, sich in einer kleinen Gasse zu verstecken, von wo aus er eine Gruppe von Leuten vorübergehen sah.
    Als sich hinter der Kirche die Straße gabelte, wußte Levine, wo er war. Er nahm die linke Abzweigung, die ihn aus dem Ort hinaus- und eine Klippe hinaufführte. Dort blieb er stehen und drehte am Trackball.
    Ganz oben am Rand der Klippe erhob sich, von einem schmiedeeisernen Zaun umgeben, die düstere Silhouette des Scopeschen Familienanwesens.

    Nye saß auf seinem Beobachtungsposten hoch in den Felsen und spürte, wie ihm die Spätnachmittagssonne auf den Tropenhelm brannte. Ihre Strahlen hatten den ganzen Tag über auf die Lava gebrannt, so daß die Luft um ihn herum so heiß und stickig war wie in einem Backofen. Nye hob das Gewehr und suchte mit Hilfe des Zielfernrohrs den südlichen Horizont ab. Immer noch kein Zeichen von Carson und der Frau. Aber auch kein Zeichen von kreisenden Geiern.
    »Wahrscheinlich liegen sie irgendwo im Schatten und knutschen rum«, sagte der Junge und warf einen Stein den Berg hinunter, der mit lautem Geräusch zu Tal polterte. »Das Mädchen hat's doch faustdick hinter den Ohren.« Nye zog eine Grimasse und dachte nach. Entweder hatten die beiden eine Quelle gefunden, oder sie waren tot, wobei die zweite Möglichkeit die weitaus wahrscheinlichere war. Es dauerte eine Weile, bis ein Körper zu verwesen begann und sein Gestank die Geier anlockte. Schließlich war die Wüste ja ziemlich groß, und die Vögel mußten das Aas oft auf weite Entfernungen wittern. Wie lange dauerte es in dieser Hitze, bis eine Leiche zu stinken anfing? Vier, fünf Stunden? »Hast du Lust, mit mir Murmeln zu spielen?« fragte der Junge und hielt Nye eine Handvoll kleiner, runder Lavasteine hin. Nye musterte den Jungen. Er war schmutzig, und an einem Nasenloch klebte etwas getrockneter Rotz. »Jetzt nicht«, sagte Nye sanft. Er hob das Zielfernrohr ans Auge und suchte noch einmal den Horizont ab.
    Und dann sah er sie: zwei Reiter, die etwa fünf Kilometer von der Schlucht entfernt waren.

    Das stattliche Haus, das Levine auf dem Bildschirm des Aufzugs sah, war ein Bauwerk in neugotischem Stil mit Erkern und Türmchen. Es hatte ein großes Mansardendach mit einer Aussichtsplattform und einen weißen Säulengang, der um die Vorder- und die Seitenwände des Hauses lief. In Scopes' Cypherspace war es Abend geworden, und als Levine den Trackball nach oben bewegte, sah er, daß nirgends in dem Gebäude Licht war bis auf eine achteckige Dachstube hoch oben am zentralen Turm, deren Fenster gelblich erleuchtet waren. Levine bewegte sein Cyberspace-Ich die Straße entlang zu dem eisernen Tor, das schief in seinen zerbrochenen Angeln hing und einen Spalt offenstand. Er fragte sich, warum am Haus selbst keine Wachen waren und warum Scopes den Garten als ein verwildertes, von Knöterich und Kletten zugewuchertes Dickicht dargestellt hatte. Als er näher kam, bemerkte er, daß am Haus mehrere Fensterscheiben zerbrochen waren und an manchen Stellen die Farbe abblätterte. In dem Sommer, als Levine hier zu Gast gewesen war, hatten Haus und Garten einen liebevoll gepflegten Eindruck gemacht.
    Levine sah wieder hinauf zu der achteckigen Turmstube. Wenn Scopes sich irgendwo in diesem Haus aufhielt, dann mit Sicherheit dort. Aus dem Dach des Turms schoß ein Bündel farbiges Licht wie eine schmale Feuerzunge hinauf in den Himmel. Es war ein Datenstrom, wie Levine ihn auch schon aus dem großen Gebäude im GeneDyne-Cyberspace hatte herauskommen sehen. Dies mußte die verschlüsselte Verbindung zum TELINT-Satelliten sein, von der ihm der Clown berichtet hatte. Levine fragte sich, wann die Daten verschlüsselt wurden - bevor sie dieses Allerheiligste von Scopes' Cypherspace verließen oder erst später?
    Die Vordertür des Hauses stand halb offen. Drinnen war es so dunkel, daß Levine wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, das Licht anzuknipsen. Seit er diese Insel betreten hatte, war es zunehmend dunkler geworden, und Levine fragte sich, ob das nur hier so war. Er blickte auf seine Uhr und sah, daß es acht Uhr zweiundzwanzig war - aber er konnte nicht sagen, ob es in der realen Welt Morgen oder Abend war, denn er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er setzte sich auf dem Boden des Aufzugs ein wenig anders hin, streckte ein Bein aus, das ihm eingeschlafen war, und massierte

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