Mount Dragon - Labor des Todes
Dopamin- und Serotoninspiegel.«
»Was sind denn durchlässige Kapillaren?«
»Blutgefäße, die nicht mehr dicht halten. Irgendwie ist ein kleiner Prozentsatz seiner Blutgefäße durchlässig geworden, so daß Hämoglobin in einige Teile seines Körpers eingedrungen ist. Nacktes Hämoglobin wirkt, wie Sie vielleicht wissen, auf menschliches Gewebe wie ein Gift.«
»Könnte das etwas mit seinem Zusammenbruch zu tun haben?«
»Das kann man jetzt noch nicht sagen«, antwortete Teece. »Allerdings kommen dafür auch eher die erhöhten Dopamin- und Serotoninspiegel in Frage. Was wissen Sie über Dopamin und Serotonin?«
»Nicht viel. Nur, daß beide Neurotransmitter sind.«
»Richtig. Solange ihre Konzentration im normalen Bereich liegt, bereiten sie uns keine Probleme. Befindet sich aber zuviel von einem dieser Stoffe im menschlichen Gehirn, kann es zu dramatischen Verhaltensveränderungen kommen. Paranoid schizophrene Menschen weisen zum Beispiel einen stark erhöhten Dopaminspiegel auf, und LSD-Trips entstehen durch einen künstlich herbeigeführten Anstieg desselben Neurotransmitters.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte Carson. »Daß die erhöhten Spiegel der beiden Neurotransmitter ein Zeichen dafür sind, daß er verrückt ist?«
»Das wäre möglich«, antwortete Teece. »Aber vielleicht verhält es sich ja auch andersherum, nämlich daß die Spiegel aus irgendeinem anderen Grund anstiegen und er sich deshalb so merkwürdig verhielt. Aber solche Spekulationen machen nicht viel Sinn, solange wir nicht mehr darüber wissen. Lassen Sie uns also auf den eigentlichen Grund meines Besuchs kommen. Sprechen wir über den X-FLU-Stamm, an dem Sie gerade arbeiten. Es würde mich interessieren, wieso er noch tödlicher ist als seine Vorgänger, obwohl es Ihre Absicht gewesen war, ihn ungefährlich zu machen.«
»Meine Güte, wenn ich Ihnen diese Frage nur beantworten könnte...«, sagte Carson und dachte nach. »Wir wissen noch immer nicht, worauf die tödliche Wirkung des Virus eigentlich basiert. Wenn man Gene zwischen zwei Organismen austauscht, kann man nie genau vorhersagen, was passieren wird. Gene stehen in komplizierter Wechselwirkung zueinander, und wenn man nun eines entfernt oder ein anderes hinzufügt, dann ruft das oft sehr unerwartete Effekte hervor. In gewisser Weise ist ein genetischer Code wie ein unglaublich komplexes Computerprogramm, das niemand wirklich versteht. Auch hier kann das Einschleusen falscher Daten oder auch nur die Änderung einer einzigen Zeile des Programmcodes ungeahnte Folgen haben. Das Ganze ist eine Art Vabanquespiel: Es kann sein, daß sich überhaupt nichts verändert oder daß alles nach der Manipulation sehr viel besser läuft. Es kann aber auch sein, daß das ganze Programm abstürzt.« Bei seinen Worten hatte Carson immer stärker das Gefühl, daß er mit dem Inspektor der Gesundheitsbehörde offener sprach, als es Brent Scopes vielleicht lieb sein könnte. Aber andererseits kannte Teece sich in der Gentechnologie aus, so daß es sinnlos war, ihm so grundlegende Risiken zu verschweigen.
»Warum haben Sie eigentlich kein weniger gefährliches Virus als Vektor für das X-FLU-Gen verwendet?« fragte Teece. »Da muß ich ein wenig weiter ausholen. Sie wissen ja sicher, daß es zwei Arten von Zellen gibt: somatische Zellen und Keimzellen. Um eine permanente Immunität gegen Grippe zu erreichen - eine, die auch auf die Nachkommen übertragen werden kann -, müssen wir das Resistenz-Gen in die menschliche Keimbahn bringen. Und nur das X-FLU-Virus ist in der Lage, auch Keimzellen zu infizieren.«
»Aber was ist mit all den moralischen Bedenken, die gegen eine Veränderung des menschlichen Erbguts erhoben werden? Sind die in Mount Dragon schon einmal diskutiert worden?« Carson fragte sich, weshalb dieses Thema immer wieder aufkam. »Passen Sie auf«, sagte er. »Indem wir ein Gen einsetzen, das lediglich ein paar hundert Basenpaare lang ist, nehmen wir ja nur einen ganz winzigen Eingriff ins menschliche Erbgut vor und machen die Menschheit dafür auf alle Zeiten immun gegen Grippe. Darin kann ich beim besten Willen nichts moralisch Verwerfliches erkennen.«
»Aber haben Sie nicht eben selbst gesagt, daß auch die kleinste Änderung am genetischen Code unvorhersehbare Folgen haben kann?«
Carson hielt es auf seinem Stuhl nicht mehr aus und stand auf. »Natürlich!« sagte er ungeduldig. »Aber genau das ist ja der Grand, weshalb wir hier alles so intensiv testen. Damit
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