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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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überhaupt eine war. Was hatte er schon gesehen? Einen Typen mit einem breiten Kreuz. Vom Tretboot aus sah Peter nun einige Exemplare dieser Art. Wenn man bewusst darauf achtete, konnte man meinen, dieser Körperbau sei prototypisch für den modernen Amerikaner. Er hatte einen breitschultrigen Mann in Atlanta gesehen, und einen in Illinois und nun sah er Dutzende von ihnen in Washington. Na und? Peter spritzte Irene nass, die am Bug des Schiffchens Platz genommen hatte. Lachend spritzte sie zurück. Das war es, was zählte.
    Nach der Bootspartie schleckten sie ein Eis und schlenderten weiter zum Washington Monument. Jetzt durfte Irene entscheiden, was sie sich angucken wollte, und zur Überraschung von Ellen und Peter verschmähte sie sowohl das White House als auch den guten alten Lincoln. Sie wollte unbedingt zum Korea Memorial. Eine Schulfreundin hatte ihr davon erzählt und jetzt mochte sie die übergroßen Helden selbst in Augenschein nehmen. Wie erwartet flößten ihr die grauen Männer mit ihren Helmen, Gewehren und Umhängen dann aber doch einen gehörigen Respekt ein. Die Familie hielt sich daher nur kurz in ihrer Nähe auf. Man stärkte sich mit ein paar Hotdogs und beriet, ob man nun noch ins Museum of American History oder lieber in die National Gallery gehen sollte. Jetzt gab Ellen den Ausschlag und gewährte der Kunst den Vorrang.
    Irene war begeistert, wie man es von einer Neunjährigen nicht unbedingt erwarten konnte, aber sie malte selbst gerne und zeigte zunächst ein ausgesprochenes Interesse an den surrealen Landschaften eines Thomas Cole. Als sie aber die Indianerbilder von George Catlin sah, war es um sie geschehen. Der ausgebildete Richter Catlin arbeitete zwischen 1824 und 1829 als Porträtmaler in Philadelphia und New York, bevor er 1830 in den teilweise noch unerforschten Westen ging, um die Indianer, ihre Gesellschaft, die Bräuche und Landschaften zu malen. Seine Arbeiten erfreuten sich einer so großen Beliebtheit, dass sie bald schon in New York und kurze Zeit später sogar in London ausgestellt wurden. Die Darstellungen galten heute als historische Abbilder der wahren indianischen Lebensweise, bevor sie durch die weißen Siedler zerstört wurde.
    - „Wenn du willst besuchen wir mal ein Indianer-Museum“, sagte Ellen zu Irene. Und dann an Peter gewandt: „Ist nicht in der Nähe des Mount Maroon eines?“
    An seiner Reaktion sah sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Es war nicht ihre Absicht, ihn daran zu erinnern. Seit der Beerdigung hatten sie nicht mehr darüber gesprochen und nun war es ihr so rausgerutscht. Auch Peter hatte versucht, möglichst wenig daran zu denken, sich langsam wieder in sein altes Leben einzufinden. So wie es Marty ihm geraten hatte. Doch allzu schnell stand alles wieder auf der Kippe. Zu überwältigend waren die Bilder in seinem Kopf, die erst mit der Zeit verblassen würden. Einzig Irenes strahlendes Gesicht war es zu verdanken, dass Peter sich rasch wieder fing.
    - „Ja, da ist ein großes Cherokee-Museum. Aber hier in Washington gibt es doch auch eins.“
    - „Stimmt! Das machen wir nächstes Mal.“
    Nach einer ganzen Weile erreichten Ellen, Peter und Irene den West Main Floor, die Räume, in denen niederländische und flämische Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts ausgestellt wurde. Man erfuhr, dass der Maler einiger Gemälde mit biblischen und mythologischen Motiven Peter Paul Rubens hieß und von 1577 bis 1640 gelebt hatte. Irene war fasziniert von den Löwen, die der Maler grimmig um einen etwas unschlüssig wirkenden, jungen Mann gruppiert hatte. Um den Bildinhalt richtig zu verstehen, musste man die Geschichte von Daniel in der Löwengrube kennen, die Peter seiner Tochter erzählte. Irene zögerte kurz, nahm ihm die Story aber ab. Das Bildnis der Marchesa Brigida Spinola Doria fand weniger Anklang, ebenso wie das skeptisch dreinblickende Pärchen Agrippina and Germanicus. Es war wohl keine Liebesheirat.
    Bei der Betrachtung des nächsten Bildes traf Peter fast der Schlag. Er erkannte es wieder. Nicht von früheren Besuchen in der Nationalgalerie, dabei war es ihm gar nicht aufgefallen, sondern von woanders her, aus seinem Traum. Ohne jeden Zweifel hatte er dieses Bild in dem Büroraum gesehen, in den Luther und er mit der Cessna einbrachen. Er näherte sich der Informationstafel neben dem Bild. Und was da stand, schockte ihn noch mehr:
Sir Peter Paul Rubens
     
Flemish, 1577–1640
The Fall of Phaeton, c. 1604/1605,
probably reworked c.

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