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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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Gelächter. Mr. Dick hatte die Stimmung im Griff. Er schaltete den Laserpointer an. Und auf dem Schirm war eine große Anzahl senkrechter Streifen zu sehen, deren Intensität von innen nach außen abnahm. Wirklich zu überraschen schien das außer Peter niemanden.
    - „Sie sind Zeuge eines der wichtigsten Experimente der Quantenmechanik, dem Doppelspaltversuch, der erstmals 1802 von Thomas Young durchgeführt wurde und zweifelsfrei die Wellennatur des Lichtes beweist“, erklärte Mr. Dick. Dann überzog ein breites Grinsen sein Gesicht.
    - „Den Romantikern unter Ihnen sei gesagt, dass es mit einer Kerze nicht funktioniert. Nur für den Fall, dass Sie heute Abend ihre Mitbewohner beeindrucken wollen. Warum ist das so, Mr. Cram?“
    - „Nun, um ein Interferenzmuster zu erhalten, muss das Licht monochromatisch und kohärent sein … Wenn man aber zwischen die Kerze und den Doppelspalt eine Lochblende stellt, könnte man kohärentes Licht herstellen. Allerdings müsste die Öffnung der Lochblende im Mikrometerbereich liegen.“
    - „Korrekt!“ Mr. Dick mochte den Burschen, vielleicht weil er ihn an sich selbst als jungen Studenten erinnerte. Er wusste wie schwer es war, den anderen gedanklich weit voraus zu sein und wie einsam man sich fühlte, wenn man die ausgetretenen Wege verließ. Aber er wusste auch, wie lohnend es zuweilen sein konnte. Mr. Dick schmunzelte und fuhr fort.
    - „Das Ganze gilt natürlich nicht nur für kohärentes Licht, sondern für alle klassischen Teilchen, die unter bestimmten Bedingungen Welleneigenschaften zeigen, also Elektronen, Neutronen, Atome, Fulleren-Moleküle und so weiter. Mit dem Doppelspaltexperiment kann man so den Welle-Teilchen-Dualismus darlegen, der sich nur unter den Vorgaben der Quantenmechanik erklären lässt.“
    Eine Stimme aus der hinteren Reihe meldete sich etwas gequält zu Wort.
    - „Welle-Teilchen-Dualismus?“
    Es klang ein bisschen wie ein Gähnen, was erneut Anlass zu allgemeiner Erheiterung gab.
    - „Welle-Teilchen-Dualismus bedeutet lediglich, dass Objekte aus der Quantenwelt sich in manchen Fällen als Wellen, in anderen hingegen als Teilchen beschreiben lassen. Denken Sie an eine Strahlung, die sowohl Wellen- als auch Teilchencharakter hat. Es kommt aber auf die Art der Beobachtung oder Messung an, ob der eine oder der andere in Erscheinung tritt.“
    Peter verstand so gut wie gar nichts. Er beobachtete Arthur Dick und verglich ihn mit den Bildern seiner Vorstellung. Die äußeren Körpermaße waren in etwa dieselben, er war auffallend groß und beleibt, wenn auch nicht so stark, wie in Peters Erinnerung. Seine Haare waren etwas länger, leicht gewellt und weniger grau. Die Brille war moderner, sie hatte schwarz-rote Bügel und war im unteren Bereich rahmenlos. Neu war auch der kurz geschorene Oberlippen- und Kinnbart. Mr. Dick trug ein hellblaues Sommerhemd und eine helle, fast weiße Baumwollhose.
    Nach Ende der Vorlesung herrschte am Rednerpult großer Andrang. Peter, der sich dazu gesellt hatte, ließ allen anderen den Vortritt. Er hörte, dass es nicht ausschließlich um den Lehrstoff ging. Man sprach über eine Exkursion nach Genf, ein Basketballturnier und einen Studentenprotest gegen das Kuba-Embargo. Endlich war Peter an der Reihe. Der Hörsaal hatte sich weitestgehend geleert. Mr. Dick sah Peter freundlich an, doch die Frage, die er stellte, ernüchterte Peter.
    - „Kennen wir uns?“
    Mr. Dick lächelte. Aber es war nicht mehr das Lächeln eines vom Leben Enttäuschten, es war kein unsicheres Lächeln, das erst durch die passende Reaktion des Gegenübers vollkommen oder verhöhnt wurde. Es war vielmehr das warme Lächeln eines Mannes, der seinen Platz gefunden hat, den nicht vieles wirklich erschüttern kann. Es war ein selbstsicheres Lächeln, aber nicht selbstgefällig, keines, das entfremdete, sondern die anderen mitnehmen wollte, mitnehmen auf die Sonnenseite, auf der genug Platz für alle ist, egal wer sie auch sein mochten. Dieses Lächeln hatte nichts Trennendes, es war über alle Maßen verbindlich.
    - „Das ist die entscheidende Frage“, sagte Peter und sah ihn nachdenklich an. „Ich wollte Ihnen Ihre 100 Dollar zurückgeben.“
    Mr. Dick presste die Lippen zusammen, wobei sich die Unterlippe leicht nach vorne schob und seine Mundwinkel nach unten zeigten. Seine Brauen hoben sich und seine Augen blickten, während er nachdachte, schräg nach oben. Es waren lustige Augen. Er ähnelte einem Frosch, was ihn für Peter noch

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